EDGUY und THE UNITY - Erlangen
01.10.2017 | 21:3526.09.2017, E-Werk
Edguy trotzt dem Klima!
Die Vorband THE UNITY ist sicherlich eine gute Wahl, um das Publikum auf die Fuldaer einzustimmen. Die Schnittmenge aus energiegeladenem Rock und melodischem Metal kommt im bereits bestens gefüllten E-Werk insgesamt gut an. So richtig auf dem Schirm hatte ich die Band um die beiden Gammastrahlen Henjo Richter und Michael Ehré, die durch Mitglieder von LOVE.MIGHT.KILL ergänzt wurden, zuvor nicht. Daran hat der Auftritt allerdings definitiv etwas geändert. Ähnlich geht es wohl auch einem Großteil des Publikums, das im Verlauf der acht Stücke merklich auftaut und dem mit deutlicher Spielfreude agierenden Quintett (Wo war der Keyboarder?) den verdienten Respekt zollt. Da kann es die Band vermutlich auch verschmerzen, dass die frenetischsten Reaktionen beim GAMMA RAY-Cover 'Send Me A Sign' erfolgen, dessen Komponist ja aber bekanntermaßen der Herr Richter ist, welcher während des Auftritts fast durchgängig mit einem selig entrückten Grinsen sein Instrument bearbeitet. Man hat als Zuschauer das Gefühl, dass sich der Mann in genau diesem Moment nichts Schöneres vorstellen kann, als auf der Bühne zu stehen und zu spielen. Und diese positive Energie steckt an! Untermalt wird sie von Stücken, die sich eigentlich nicht vor ihren Blaupausen verstecken müssen. Vor allem 'Calm Before The Storm' und 'No More Lies' werden gerade in den vorderen Reihen durchaus mit einer - für fränkische Verhältnisse - gewissen Ekstase abgefeiert. Nach einer kleinen METALLICA-Huldigung und dem abschließenden 'Never Forget' verlässt die Band inklusive ihres charismatischen Frontmanns nach fast 45 Minuten die Bühne und hinterlässt das Gefühl, dass man hier gerne noch eine Weile zugehört hätte.
Mit leichter Verspätung und unter den Klängen des allseits bekannten Intros von "Hellfire Club" erstürmt die Happy Metal-Institution EDGUY aus Fulda die Bretter und legt mit 'Love Tyger' vom letzten Album einen gelungenen Einstieg hin. Man mag von der Entwicklung dieser Band halten was man will, live funktionieren diese Gute-Laune-Rocker bestens. Dreh- und Angelpunkt eines jeden EDGUY-Auftritts ist natürlich der Thomas Gottschalk des Metal, Meister Tobias Sammet. Kaum die Bühne betreten, äußert dieser sogleich seinen Unmut über die Klimaanlage und fordert deren Abschaltung. Dann stimmt er 'Vain Glory Opera' an und stillt damit den Hunger des überwiegend älteren Publikums nach, nun ja, überwiegend älteren Stücken, aus einer Zeit, als es im Hause EDGUY noch blitzschnell zuging. Lautstarkes Jubeln wird vom ruppigen 'Mysteria' überdeckt und wieder einmal fällt mir auf, mit welcher Härte diese Band doch auch heute noch agieren kann, wenn sie denn will.
Das ganz zweifellos von Schlagzeuger Felix Bohnke gespielte Midikeyboard verrät, dass nun 'Land Of The Miracle' auf der Speisekarte steht: Das Publikum erweist sich hier als erstaunlich textsicher. Das folgende 'Lavatory Love Machine' ist natürlich ein Stimmungsgarant und darf für das Mitsingspielchen herhalten. Dann folgt eine knappe Viertelstunde Epik, die Ronnie James Dio gewidmet ist: 'The Piper Never Dies' sorgt überall für große Freude und erntet dementsprechend freudige Zustimmung. 'Tears Of A Mandrake' reist schließlich offene Türen ein, gilt doch dieses Album Vielen als der kreative Zenit der Südhessen. Das obligatorische Drumsolo leitet den zweiten Teil des Abends ein: Das modern klingende 'Ministry Of Saints' kann nicht alle Anwesenden überzeugen [mich zum Beispiel nicht - Jonathan Walzer], doch bei 'Out Of Conrol', das nicht auf der Setlist steht, ist die Stimmung wieder am Siedepunkt. Auch EDGUY ist wohl klar, dass man mit alten Hits mehr Stimmung machen kann. Ach ja, auch wenn hier ein anderer Eindruck entsteht: Herr Sammet erfreut das Publikum natürlich wieder durch minutenlange Ansprachen, die bis auf eine Ausnahme auch vom Auditorium goutiert werden. Doch auch der – nicht minder obligatorische – "Halt die Fresse und sing noch 'n Lied"-Nörgler wird am Ende versöhnt. Begleitet von tausenden (nun ja, sagen wir hunderten) Handybildschirmen wird 'Save Me' zelebriert, 'Babylon' bildet den Abschluss des regulären Programms. Die Zugabe besteht, wenig überraschend aus dem Doppelschlag 'Superheroes' und 'King Of Fools', womit ein fast perfekter Konzertabend endet. Und irgendwann, sehr viel später, hatte sicher auch die Klimaanlage des E-Werks Feierabend.
Setliste: Intro; Love Tyger; Vain Glory Opera; Mysteria; Land Of The Miracle; Lavatory Love Machine; The Piper Never Dies; Tears Of A Mandrake; Schlagzeug Solo; Ministry Of Saints; Out Of Control; Save Me; Babylon; Superheroes; King Of Fools.
Fotos: Jonathan Walzer
- Redakteur:
- Jakob Schnapp