ENSIFERUM - Jena
02.11.2009 | 22:3823.10.2009, F-Haus
Die finnischen Krieger festigen mit einer furiosen Deutschlandtour ihre Spitzenposition im Pagan-Sektor. Da bleibt keine Kehle trocken und kein Nacken schadenfrei.
Mit "From Afar" gelang den Finnen von ENSIFERUM erneut ein großartiges Pagan-Metal-Album, auch wenn sich die Jungs längst nicht mehr auf das Genre einengen lassen. Triumphal, orchestral, kolossal. Also ab nach Jena, wo sich neben den landesweiten Supportbands METSATÖLL und TRACEDAWN noch die Lokalmatadoren MORTJURI und die Alt-Paganer von XIV DARK CENTURIES angemeldet haben. Als wir kurz vor 20 Uhr vor dem F-Haus ankommen, sollten MOTJURI eigentlich gleich loslegen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Die Tür zu den heiligen Hallen ist noch zu und eine gewaltige Menschentraube steht sich die Füße wund. Bereits jetzt ist aber zu sehen, dass hier und heute im Inneren keiner frieren wird. Scheiße – das wird richtig voll.
Nachdem die Tore geöffnet wurden, dauert es keine 20 Minuten bis die Jenaer Combo MOTJURI das Startsignal bekommt. Frontsau Tobi nimmt noch einen Schluck Milch und gibt Gitarrist Latte einen Klapps auf den Hintern, bevor es "Eben noch an der Bar, jetzt schon auf der Showbühne" heißt. Zunächst ist die Stimmung noch etwas verhalten, was aber ausschließlich daran liegt, dass die Leute erst noch in die Halle strömen. Nach wenigen Minuten ist das F-Haus aber ready to rock: Jede der wuchtigen Black-Metal-Granaten wird übel abgefeiert, was Sänger Tobi zu einigen witzigen Aussagen hinreißen lässt: "Ich seh' hier viele ENISFERUM-Shirts in den ersten Reihen. Wartet nur ab, bis wir selber Shirts haben." Doch manchen Fans wird es bereits jetzt zu warm und sie entledigen sich im jugendlichen Leichtsinn ihrer Shirts. Jungs – wir haben noch vier Bands vor uns. Wollt ihr am Ende nackt hier rum stehen? Jena gibt Vollgas – ohne wenn und aber!
Auf den Heimvorteil müssen die jungen Finnen von TRACEDAWN leider verzichten – dafür gibt es ja den Skandinavierbonus. Nur leider hat sich Jena bei MOTJURI so verausgabt, dass man die Zeit nun nutzt, um sich ein wenig zu akklimatisieren und die Barmädels anzuchecken. Glücklicherweise haben sich die Betreiber des Clubs dafür entschieden, die großflächigen Balkons zu öffnen, was das Geschehen vor der Bühne etwas entzerrt und somit allen Fans die Möglichkeit gibt, den Abend ohne Sauerstoffmangel zu überstehen. Außerdem bekommen wir die Chance, über den Bands zu thronen – hat man ja auch nicht immer. TRACEDWAN rocken sich in der Zwischenzeit den Arsch ab, lassen mit 'Scum' und 'In Your Name' ein paar richtig starke Teile aus den Boxen entsteigen. Doch als nach 30 Minuten alles vorbei ist, stört es auch niemanden so richtig. Aber die Zeit der Jungs wird kommen. Garantiert.
Old School Pagan Metal steht nun auf dem Plan. Nachdem wir uns schicke Balkon-Plätze sichern konnten und einer ewig langen Umbaupause beiwohnen durften, legen XIV DARK CENTURIES munter los. Die Fans sind nun wieder in Höchstform und verausgaben sich total. Mega Mosh Pits, Circle Pits, kreischende Mädels – doch ich frag mich warum? Gab es Freibier? An der Musik selber kann es kaum gelegen haben, denn was hier XIV DARK CENTURIES abliefern, ist bestenfalls Durchschnitt. Der Sound scheppert, die Gitarren klingen eher flüssig als hart. Songs wie 'Falsche Propheten' oder 'Ahnenland' schießen ohne Wirkung am Ziel vorbei, während die krampfhaft wirkenden Kostümchen eher zum Totlachen animieren. Jena kauft es ihnen aber ab und veranstaltet ein spontanes Pagan Fest. Bier, Felle, Schilder und auch ab und an eine Flöte – doch zeichnet sich bereits nach wenigen Minuten ab, dass der Herr der Flöte eher der Herr des Bierholens ist. Prost!
Uff – Band Nummer 4 entert die Bühne: METSATÖLL. Bereits beim belanglosen Intro flippt ein Mädel neben mir völlig aus (und bangt danach das ganze Konzert durch). Aldaaa... was nehmen die Kids heut nur für Drogen? Als ich dann einen Dudelsack auf der Bühne entdecke, ist für mich leider der Auftritt schon gegessen. Ich kann dieses Ding einfach nicht mehr hören. Vor allem dann, wenn man jegliche Kreativität (welche man in vielen Stellen an den Tag legt), mit einem Schlag abstellt – nämlich dann, wenn der Dudelsack zum Einsatz kommt. Dann erklingt der gleiche Brei, der einem schon vor zehn Jahren die Milch sauer gemacht hat. Zum Glück wird im Laufe der Show der Dudelsack mit einer Gitarre getauscht – besser wird es jedoch nicht, denn irgendwie hör ich den Dudelsack immer noch. Magie? Suff? Beides? Egal - METSATÖLL sind bislang die schwächste Band des Abends. Das liegt an der fehlenden Spannung, den wenigen guten Momenten und den immer wieder kehrenden Songstrukturen. Einfach belanglos. Da hilft auch keine Flöte mehr.
Der kleine Zeiger ist bereits an der 12 vorbei, als endlich ENSIFERUM die Bühne betreten. Nach einem schicken Intro kommen die wackeren Krieger einzeln auf die Bühne und werden frenetisch empfangen. Jetzt sollte auch mein Abend richtig beginnen. Mit dem Titelsong des aktuellen Albums "From Afar" rotzen die Finnen gleich den ersten Kracher aus den Röcken. Die Stimmung ist Bombe, die Haare fliegen in Rekordgeschwindigkeit durch das F-Haus – herrlich, endlich normale Leute. Nur frag ich mich, warum Samis Bass leuchten muss? So richtig nach Wikinger sieht das Teil nun wirklich nicht aus. Bei 'Twilight Tavern' und den einsetzenden Damenstimmen gröhlt der ganze Club lauthals mit und auch ich schrei mir die Lunge aus dem Leib, bevor es mit 'Little Dreamer' sehr zur Freude der alten Fans eine erste Begegnung mit der Vergangenheit gibt. Das reißt nicht nur die Stimmung erneut nach oben, sondern auch gleich den "From Afar"-Aufsteller um – Sami hat wohl zu tief ins Horn geschaut und reißt aus versehen das nette Gimmick um. Weg damit! Mit 'Elusive Reaches' geht es wieder in die Gegenwart – und die heißt Mosh Pit! Hier flippt grad wirklich alles aus – selbst der Merchmann fistet ohne Ende und scheißt auf seinen Job. Doch es geht noch mehr. Als die ersten Töne von 'The Wanderer' erklingen, reißt es fast ein Loch in das Dach. Verdammt, ist das laut hier. Die Fans singen den Song sogar lauter als die Band, die sich ein fettes Grinsen nicht verkneifen kann und sichtlich Spaß an ihrem Job heut hat.
Ohne Pause geht es weiter – 'Stone Cold Metal' und eine riesige Polonaise folgen, bevor mit 'Guardians Of Fate' wieder härtere Geschütze aufgefahren werden. ENSIFERUM glänzen nicht nur bei 'Tale Of Revenge' im goldenen Lichte, sondern während der mehr als 90 Minuten in allen Bereichen. Klasse Songauswahl, wunderbarer Sound (so wünscht man sich das) und eine wunderbar aufgelegte Band, welche mit dem fanatischen Publikum sichtlich Freude hat. Mit 'One More Magic Potion' (und einem starken Regentanz von Gitarrist Markus) beenden die Finnen das reguläre Set, nur um im Anschluss mit dem epischen 'The Longest Journey' sowie den Klassikern 'Lai Lai Hei' und 'Iron' dieses fantastische Konzert abzuschließen.
Hoch die Tassen – das war göttlich!
Liebe Grüße an die tapfere Tine für die schicken Bilder!
Setlist ENSIFERUM:
01. Intro
02. From Afar
03. Twilight Tavern
04. Little Dreamer
05. Elusive Reaches
06. The Wanderer
07. Stone Cold Metal
08. Guardians Of Fate
09. Tale Of Revenge
10. Smoking Ruins
11. Slayer Of Light
12. One More Magic Potion
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13. Tumman Virran Taa
14. The Longest Journey
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15. Lai Lai Hei
16. Iron
- Redakteur:
- Enrico Ahlig