Edguy - Kaufbeuren
18.02.2009 | 17:5624.01.2009, All-Kart-Halle
In schöner Regelmäßigkeit touren EDGUY durch die Lande, um mal wieder ein aktuelles Album auch livehaftig vorzustellen - so auch zurzeit. Und dieses Mal haben sie sich schwedische Unterstützung mitgebracht - in Gestalt von H.E.A.T und ALL ENDS.
EDGUY haben es geschafft: Wie viele andere Bands im Melodic/Power-Metal-Bereich wurden sie zunächst in die HELLOWEEN-Klon-Schublade einsortiert. Doch im Laufe der Jahre sowie mit konstant guten Leistungen im Studio und auch auf der Bühne konnten sie sich in der Szene etablieren. Und möglicherweise haben sie in Bezug auf Beliebtheit sogar ihre Vorbilder aus Hamburg überholt.
Die sympathischen Buben aus Fulda haben zum Ende des letzten Jahres mit "Tinnitus Sanctus" ihr inzwischen achtes Studioalbum veröffentlicht, das nun zu Beginn des neuen Jahres auf einer ausgiebigen Tour präsentiert wird. Unterstützt werden EDGUY hierbei von den beiden schwedischen Bands H.E.A.T und ALL ENDS.
Dass ich mir dieses Package nicht entgehen lassen wollte, war eigentlich recht schnell klar. Die Frage war lediglich, wo ich mir diese drei Bands anschauen sollte. Schließlich habe ich mich für Kaufbeuren entschieden - zum einen, weil dort das Konzert an einem Samstag stattfinden sollte, und zum anderen, weil ich die All-Kart-Halle noch nicht kannte.
Es gibt sicherlich deutlich schlechtere Konzerthallen als diese All-Kart-Halle, aber ebenso auch deutlich bessere. Insbesondere deswegen, weil die Bühne an einer der Längsseiten aufgebaut ist und die Halle dementsprechend viel Breite, aber wenig Tiefe bietet. Außerdem wirkt sich ein solcher Bühnenaufbau meist auch eher negativ auf die Sound-Qualität aus, und das ist auch dieses Mal so. Auf der Habenseite kann man aber das Drumherum verbuchen - neben den verschiedensten Getränken (zu vernünftigen Preisen) gibt es nämlich auch Gegrilltes, so dass man sich während der Pausen (oder während der Support-Acts) noch stärken kann.
Wo wir nun schon bei den Vorgruppen sind: Den Anfang machen an diesem Abend H.E.A.T aus Schweden, die sich erst 2007 gegründet und dementsprechend auch erst ein Album veröffentlicht haben. Sämtliche Songs, die an diesem Abend gespielt werden, stammen auch von diesem selbstbetitelten Debüt - wie beispielsweise 'There For You' oder 'Late Night Lady', mit denen H.E.A.T starten.
Geboten wird traditioneller Hardrock, der in den Achtzigern verwurzelt ist, und dementspechend dürfte die Band am ehesten mit EUROPE, GIANT und ähnlichen Konsorten zu vergleichen sein. Doch nicht nur musikalisch haben sich H.E.A.T davon inspirieren lassen, nein, die Schweden posen auch, als wenn sie gerade in einem ausverkauften Stadion spielten. Das soll jedoch nicht negativ klingen - H.E.A.T machen ihre Sache ausgezeichnet, und das kommt bei zumindest einem Teil des Publikums hervorragend an. Dass es nicht alle anspricht, dürfte weniger an der Darbietung der Schweden liegen, sondern vielmehr daran, dass Songs wie 'Straight From Your Heart', 'Feel It Again' oder 'Never Let Go' mindestens zwanzig Jahre zu spät geschrieben wurden. Da es aber auch heutzutage immer noch genügend Freunde solcher Klänge gibt, haben H.E.A.T. durchaus ihren Daseinsberechtigung - zumal es in diesem Bereich sicherlich sehr viel schlechtere Bands gibt. Und deshalb muss man den Schweden auch einen guten Auftritt attestieren, der nach etwa dreißig Minuten mit 'Keep On Dreaming' sein Ende findet.
Auch die zweite Band des Abends, ALL ENDS, kommt aus Schweden - genau genommen sogar aus dem Dunstkreis von IN FLAMES. Nicht nur, dass bei ALL ENDS mit Emma die kleine Schwester von IN FLAMES-Gitarrist Björn Gelotte singt. Er hat die Band zusammen mit seinem IN FLAMES-Kollegen Jesper Strömblad auch mitbegründet, und die ersten Songs stammen auch von diesen beiden. Inzwischen haben sich Björn und Jesper aber wieder zurückgezogen, und ALL ENDS gehen ihren eigenen Weg.
Die Band um die beiden Sängerinnen Emma und Tinna hat 2007 ein Album veröffentlicht, von dem an diesem Abend einige Stücke vorgestellt werden. So gibt es Songs wie 'Still Believe', 'Walk Away' oder 'Alone' zu hören, die beim Publikum jedoch auf eher verhaltene Reaktionen stoßen. Die musikalische Ausrichtung von ALL ENDS ist deutlich moderner als zuvor bei H.E.A.T, wobei hier metallische Gitarrenriffs auf eingängige, teilweise sogar recht poppig anmutende Melodien treffen. Im Vordergrund stehen aber die beiden nett anzuguckenden Frontfrauen, die mit ihrem Gesang die Songs wesentlich prägen. Und das dürfte wohl auch ein Grund sein, weshalb ALL ENDS beim Publikum nicht uneingeschränkt punkten können - relativ hoher Frauengesang ist im Metalbereich eben nicht jedermanns Sache.
Die Band gibt sich zwar größte Mühe, aber eine richtig gute Stimmung können sie leider nicht erzeugen. Das Publikum geht eigentlich erst richtig mit, als ALL ENDS ihre Coverversion von 'Apologize' spielen, da diese Nummer eben bei einer Vielzahl der Leute bekannt ist. Mit ihren eigenen Stücken wie 'Close My Eyes', 'What Do You Want' und 'Pretty Words' können sie daran aber nicht ganz anknüpfen, und so ernten sie nach etwa einer Dreiviertelstunde zwar durchaus mehr als nur Höflichkeitsapplaus, aber wirkliche Begeisterung ist doch etwas anderes.
Wie so etwas aussehen kann, machen EDGUY dann anschließend auch relativ schnell deutlich: Sie haben - wie bereits angesprochen - ihr aktuelles Album "Tinnitus Sanctus" im Gepäck, und sie starten auch gleich mit 'Dead Or Rock' von eben dieser Scheibe. Das Publikum scheint mit dem neuen Material schon recht gut vertraut zu sein, und so wird auch gleich lautstark mitgesungen. Das ist an diesem Tag aber auch ganz gut, da Tobi aufgrund einer Bronchitis recht angeschlagen ist: "Ich habe meine Stimme verloren und nicht wiedergefunden." [Anm. d. Verf.: Das Konzert in Kaufbeuren haben EDGUY zwar durchgezogen, aber ein paar spätere Termine mussten dann doch abgesagt werden.]
EDGUY lassen sich durch dieses "Handicap" aber nicht irritieren und geben wie gewohnt alles, um dem Publikum eine gute Show zu bieten. Es folgt mit 'Speedhoven' gleich noch ein weiteres Stück von "Tinnitus Sanctus", bevor sich die Jungs auch ein wenig um ihren Backkatalog kümmern. Mit 'Tears Of A Mandrake' haben sie hierbei zunächst einen Song am Start, mit dem man durchaus noch rechnen konnte. Doch 'Babylon' und insbesondere das ziemlich längliche 'The Pharaoh' überraschen dann doch ein wenig, machen aber gerade deswegen auch sehr viel Spaß. Danach gibt es mit 'Ministry Of Saints' und 'Pride Of Creation' zwei weitere neue Stücke und dazwischen ein längeres Schlagzeug-Solo von Felix. (Über solche Soli kann man ja geteilter Meinung sein, und deswegen kommentiere ich es auch nicht weiter, und Tobi hat diese Pause sicherlich auch gut getan.)
Weiter geht es anschließend mit "einem Stück von einer Scheibe, die in den ersten Reihen eh niemand kennt", nämlich 'The Headless Game' von "Theater Of Salvation". Hier bauen EDGUY ein kleines HAMMERFALL-Zitat ('Let The Hammer Fall') ein - wohl eher aus Spaß an der Freude und weniger als subtile Werbebotschauft, auch wenn die Schweden in ein paar Wochen ebenfalls in der All-Kart-Halle Station machen.
Nach diesem ganzen "Metalkrempel" gibt es anschließend mit 'Save Me' eine Ballade ("Für die Mädels!"), ehe danach mit 'Superheroes' auch schon der Endspurt angezogen wird. Zuvor kann es sich Tobi in seiner ganz eigenen Art nicht verkneifen, sich selbst zu loben - zum einen dafür, dass er trotz stimmlicher Probleme ganz gut gesungen habe, und zum anderen dafür, dass er ja auch ganz toll aussehe. Die zweite Aussage lasse ich einfach unkommentiert stehen, aber bezüglich seiner gesanglichen Leistung muss ich ihm tatsächlich Recht geben: Zu Beginn des Konzerts hat man es schon immer wieder gemerkt, dass Tobi nicht ganz fit ist, aber im weiteren Verlauf wurde sein Gesang immer besser.
Nach 'Superhoeroes' ist dann auch erst mal Schluss, aber EDGUY kommen (natürlich) noch mal zurück auf die Bühne, um noch drei weitere Songs zu präsentieren. Zunächst gibt es 'Out Of Control' von "Vain Glory Opera" zu hören, bevor - nach den obligatorischen Laut-Brüll-Spielchen - endlich auch das "Hellfire Club"-Album zum Zug kommt. Es folgen nämlich zum Abschluss zunächst 'Lavatory Love Machine', gefolgt von 'King Of Fools', das noch einmal richtig lautstark abgefeiert wird.
Mehr gibt es an diesem Abend dann auch nicht mehr zu hören, also kein 'Avantasia' und auch kein 'The Piper Never Dies' und erst recht kein 'Vain Glory Opera'. Das ist einerseits natürlich schade, andererseits sind das auch die einzigen wirklichen Kritikpunkte an diesem Konzert. Ansonsten haben die EDGUY-Jungs nämlich wieder eine gewohnt gute Leistung abgeliefert und wohl allen Besuchern einen zumindest mehr als unterhaltsamen Auftritt beschert.
Setlist:
Dead Or Rock
Speedhoven
Tears Of A Mandrake
Babylon
The Pharaoh
Ministry Of Saints
Drum Solo
Pride Of Creation
The Headless Game
Save Me
Superheroes
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Out Of Control
Lavatory Love Machine
King Of Fools
- Redakteur:
- Martin Schaich