Eläkeläiset - Jena
10.06.2012 | 23:4226.04.2012, F-Haus
Ein finnischer Abend in Thüringen
Der erste laue Frühlingsabend des Jahres ist eine hervorragende Voraussetzung für einen ausgelassenen Abend mit Tanzmusik. Also auf nach Jena um ein bisschen abzufeiern.
Nach dem Parken geht's dann erstmal zum Eingang und ich stelle verwundert fest, was für eine lustige Sprache vor der Tür gesprochen wird. Es ist weder sächsisch noch thüringisch, nein, tatsächlich finnisch wird hier zu Gehör gebracht. Circa 25 Fans stehen hier mit einem Hopfenkaltgetränk und stimmen sich schon einmal auf den Abend ein. Ob diese allerdings zur Band gehören oder nur eine Art Fanclub sind, kann ich so nicht feststellen. Für mich heisst es erstmal die Location betreten und verwundert bemerken, dass hier gar kein Konzertsaal aufzufinden ist. Treppe hoch, Treppe runter, nichts. Dann halt wieder raus und versuchen mit einem der lustigen Gesellen Kontakt aufzunehmen und nach dem richtigen Eingang zu fragen. In gebrochenem Englisch funktioniert das dann auch irgendwie und er schickt mich zum Hintereingang des Hauses. Tatsächlich, hier sind auch einige Leute, es gibt eine Kasse und Security, das ist die richtige Adresse.
Das Innere ist recht schön anzusehen, ein schicker Saal mit Empore (die allerdings geschlossen bleibt) und im Moment noch recht wenig Besuchern. Da kann man auch nochmal gemütlich an die Bar gehen und sich stärken.
Nach nicht allzulanger Wartezeit kommt dann mit KUERSCHE eine Ein-Mann-Vorband auf die Bühne. Etwas ungewöhnlich, aber durchaus witzig spielt der Hannoveraner einige Songs, bevor dann erstmal eine Gitarrensaite reisst. Auch das nimmt er mit einem Schmunzeln zur Kenntnis und bastelt mal schnell alles wieder zurecht, bevor es beschwingt weitergeht. Und so ganz nebenbei füllen sich nun auch die Reihen mit Zuschauern. Die One-Man-Band spielt noch einige Songs und promoted so das neue Album "You Can Use A Man With These Nerves", bevor beim abschließenden 'More And More' auch schon das Publikum mitsingt. Eine nette Sache, sehr lustig und ironisch vorgetragen.
Eine Umbaupause entfällt nahezu, da das Equipment für den Hauptact schon seit Anfang an auf der Bühne steht. Sichtlich gut gelaunt springen nun die "Rentner" (so die Übersetzung für ELÄKELÄISET) aus Finnland auf die Bühne und nehmen um einen Tisch herum Platz. Mit Erklingen der ersten Töne beginnt dann die wilde Polkaparty. Das Publikum fühlt sich natürlich auch sofort animiert, und nahezu der gesamte Raum ist irgendwie in Bewegung. Jeder vorgetragene Song geht sofort ins Ohr, weil man ihn natürlich schon kennt. Zwar in einer anderen Version, aber egal. So wird nach und nach jegliches Liedgut der Pop- und Rockgeschichte in einer teilweisen sehr kuriosen Art und Weise vorgetragen. Vor kurzem erschien das Album "Humppasheikkilu" und das soll heute nebenbei kräftig beworben werden. Es enthält auch großartige Perlen finnischer Cover-Kunst, so zum Beispiel 'Humppaboheemi' dessen Vorbild 'Bohemian Like You' von THE DANDY WARHOLS ist oder die 'Hirsipuuhumppa', welches das unsägliche 'Lemon Tree' von FOOLS GARDEN um einiges erträglicher macht. Beides wird mit kräftigem Applaus bedacht. Zwischendurch werden immer wieder kleine Anekdoten erzählt, unglücklicherweise auch in finnisch. Aber das klingt ja per se schon lustig, und einiges kann man sich dann mit den wenigen englischen Brocken zusammenreimen. Das Publikum ist durchaus aus dem Metal-Bereich zu finden, was auch in der Setlist Ausdruck findet. So kommt zum Beispiel die 'Ranttalihumppa', im Original 'Run To The Hills' von IRON MAIDEN, oder die 'Jukolan Humppa', für das 'Nemo' von NIGHTWISH die Vorlage gab, aus den Boxen, was dann auch dankend angenommen wird. Mit der Stimmung steigt auch die Raumtemperatur, was daran liegt, dass mit zunehmender Konzertdauer immer weniger Leute still stehen. Glücklicherweise gibt es zwischendurch auch immer mal etwas Ruhigeres zu hören, zum Beispiel 'Humppasonni', dessen Original 'Join Me In Death' von HIM war. Sehr beeindruckend ist ebenfalls die 'Seinäkukkahumppa', bei der 'Wonderwall' von OASIS die Inspiration gab. Die optische Darbietung der fünf Herren ist ebenfalls eine Augenweide. Da stellt man sich schon mal auf den Tisch und spielt das Keyboard mit den Schuhen, marschiert mit einer Geige quer durch das Publikum, oder der Ententanz wird aufgeführt. Alles sehr schöne Einlagen, die dem ganzen Treiben endgültig die Krone aufsetzen. Nach knapp 70 Minuten findet das reguläre Set dann erstmal ein Ende mit der 'Elän Humpalla', was auch bekannt ist als 'Living On A Prayer' von BON JOVI.
Doch noch hat die Menge nicht genug von aberwitzigen Humppa-Versionen bekannter Songs. Sehr lange muss man dann auch nicht betteln, bis sich die Mannen wieder um den Tisch setzen und Orgelsounds erklingen lassen. Das Zugabe-Set beginnt mit der 'Humppaa Tai Kuole', vormals bekannt als der 2 UNLIMITED-Eurodance-Klassiker 'No Limits'. Noch einmal werden die Massen zum Tanze aufgefordert, und dem kommt man gerne nach. Es dürfen auch wieder die Melodien mitgesungen werden, was natürlich leicht fällt. Schließlich kennt nahezu jeder KRAFTWERKs 'Roboter', heute heisst das Ganze aber schlicht 'Poro'. Zum letzten Mal wird dann auf dem Tisch getanzt, bevor die wilde Show ein Ende nimmt. Dieses wird gebührend begangen mit 'Humppalaki'- welches wir traditionell auch unter 'Breaking The Law' von JUDAS PRIEST kennen.
Ein großartiger Abend findet ein würdiges Ende, diese Band ist ein absolutes Ereignis auf der Bühne.
- Redakteur:
- Matthias Köppe