Euroblast-Festival 2017 - Köln

08.10.2017 | 23:06

29.09.2017, Essigfabrik

Das Euroblast-Festival 2017 öffnet mit den Headlinern TEXTURES, TWELVE FOOT NINJA und DEVIN TOWNSEND PROJECT zum 13. Mal seine Pforten in der Kölner Essigfabrik. Hier wird an drei Tagen, vom 29.9.-1.10.2017, der Progressive Metal gelebt, wie kaum woanders!

Die erste Band der Hauptbühne am letzten Tag sind die Kölner METASPHERE, die heute (zumindest lokal gesehen) ein Heimspiel haben – doch auch ansonsten mehr als zufrieden mit ihrem Auftritt sein können. Denn für mich als jemand, der trotz aller technischer Progressivität hier auf dem Euroblast im Kern doch immer noch Metal atmet, sind die drei Herren die perfekte Schnittstelle zwischen eben diesen Welten. Leider bin ich erst für die letzte Viertelstunde in der Halle, wo ich sowohl Instrumentales als auch mit Gesang Veredeltes um die Ohren bekomme. Da ein Bass dieser Tage überbewertet scheint, wird hier einfach doppelt auf der Gitarre gefrickelt, was das Zeug hält. METASPHERE ist dabei spielerisch einwandfrei und lässt immer mal wieder den Geist von Bands wie DEATH, ATHEIST oder auch diversen Brutal-Death-Kapellen aufleben, ohne sich wirklich durch ein solches Label definieren zu können. Lange Rede, wenig Sinn: Ein schicker, metallisch-frickeliger Sonntagseinstieg!
[Oliver Paßgang]

 

2016 unten im Keller, ein Jahr später oben auf der großen Bühne: GHOST IRIS (Foto) hat "den Sprung" wortwörtlich geschafft. Und das völlig zurecht, denn wie mir der Vierer aus Dänemark hier den wohl typischen Euroblast-Djent um die Ohren haut, komme ich mit jedem weiteren Song nicht umhin festzustellen, dass keine andere Band genau dies 2017 besser hinbekommt. Denn was einen hier förmlich anspringt, dass sind nicht die überkrassen Rhythmen, die trotzdem groovy sind, die dudeligsten Passagen, die es hier und da dennoch gibt, und auch nicht der abartigste Gesang, der aber keineswegs schwachbrüstig daherkommt, nein – die Band benutzt alle Elemente, um verdammt nochmal Songs zu schreiben. Gute, wiedererkennenswerte Songs. Daran hat der Sänger großen Anteil, der immer wieder schicke, klare Hooks in die Essigfabrik hinausschickt, und überhaupt weiß die Truppe die große Bühne auch wirklich zu nutzen, gar auszfüllen. Daher kann das Fazit an dieser Stelle nur lauten: Beste Djent-Band auf dem Euroblast 2017 – und einen Daumen nach oben für die Entscheidung, die Band hier oben auf die zahlreich feiernden Leute loszulassen.
[Oliver Paßgang]

 

Acoustic Prog? So in der Art könnte man die Musik von A KEW’S TAG bezeichnen, denn nebst Bass und Drums spielen die Norddeutschen mit einer Akustikgitarre bewaffnet auf, was nach zwei Festivaltagen vor allem erstmal sehr entspannt für die Ohren ist. Hinzu kommt, dass Sänger Julian eine schöne Klarstimme hat, mit der er den Songs einen Menge Tiefe verleiht. Mal verträumt, mal knackig, mal verspielt, hier geht einiges und zwar alles auf hohem Niveau! Und nebenbei werden sogar richtig gute Songs geschrieben. Eine weitere tolle Entdeckung und ganz klar mein Highlight der Nebenbühne 2017!
[Jakob Ehmke]



VOICES FROM THE FUSELAGE (Foto) ist eine aufstrebende Band aus England, die nicht nur heute laut Ansage ihre erste internationale Show spielt, sondern mit Ashe O' Hara den zwischenzeitlichen TESSERACT-Sänger an Bord hat, was mitunter bestimmt auch den Andrang erklärt. Aber ganz unabhängig davon wird schöner, entspannter Alternative-Prog gespielt, der mit viel Melodie und Harmonie überzeugt. "It's a stupid name", bestätigt Ashe auch meinen Eindruck des Bandnamens, was bei dem Gegenwert an dermaßen guter Musik aber zweitrangig ist. Goldkehlchen Ashe ist gut bei Stimme, man merkt, dass die Songs, teilweise im Gegensatz zu TESSERACTs, perfekt auf ihn zugeschnitten sind. Die beiden neuen Songs vom nächsten Album, das Anfang 2018 erscheinen soll, sind schon mal verheißungsvoll.
[Jakob Ehmke]

 


SECOND HORIZON kommt aus Köln und hat entsprechend eine kleine Fangemeinde mitgebracht. Weitere Fans dürften die Jungs heute problemlos erspielt haben, denn ihr instrumentaler Metal ist professionell gemacht, tight gespielt und vor allem mit viel Spielfreude vorgetragen. "Fuck 4/4" steht passender Weise auf der Rückseite des Basses, was ja auch quasi die Devise des ganzen Festivals ist.
[Jakob Ehmke]

 


Mit KADINJA (Foto) steht eine reinrassige Djent-Band aus dem Programm. Die Franzosen haben vor ein paar Monaten ihr Album "Ascendancy" veröffentlicht, was mir auf Konserve auf Dauer zu monoton war, entsprechend ist meine Vorfreude auf den Auftritt eher gedämpft. Doch nicht nur knallt die Musik KADINJAs live mit entsprechend dickem Sound  ordentlich, hier sitzt alles wie angegossen: Ratternde Riffs (D-Djent-D-Djent), flinke Soli, selbst der Klargesang passt. Da sich die Band schon von der Neben- auf die Hauptbühne hochgearbeitet hat, gehe ich stark davon aus, dass es nicht der letzte Auftritt KADINJAs auf dem Euroblast ist, wird das Zielpublikum hier doch genau getroffen. Auch ich bin nun zumindest live von der Truppe überzeugt, très bien!
[Jakob Ehmke]

 

Ich hatte ja vieles vom Auftritt von THE HIRSCH EFFEKT (Foto) erwartet, aber dass die Hannoveraner mein Festival-Highlight werden, kam dann doch etwas überraschend. Der Auftritt vor zwei Jahren war bereits große Kunst, doch was sich hier heute abgespielt hat, ist wie von einer anderen Welt. Das Trio (!) spielt sich mit jedem Song mehr in den Wahn, das Publikum verfällt diesem ebenso. Während Kollege Oliver sich bei Songs wie 'Lifnej' oder 'Agnosie' gegen den Schädel haut, rudert ein Teil des Publikums um sein Leben (was ich sonst eher albern finde, passt hier herrlich zur Situation). Nils und Ilja rennen wie angestachelt über die Bühne, treffen aber dennoch jeden noch so dissonanten Akkord, jeden (w)irren Gitarrenlauf, aber auch jede Harmonie zielsicher. Drummer Moritz spielt die unmöglichsten Sachen auf seinem Set auf den Punkt – als habe er Extreme Metal und Jazz mit der Muttermilch aufgesogen. Großartig gelungen ist auch die Lichtshow, von einzelnen blitzen, bis hin zur kompletten Erleuchtung visualisiert sie gekonnt die Musik der Hirsche. Das dramatische 'Inukshuk' gibt den Abschluss eines viel zu kurzen Auftritts, der schon aufgrund der "Zugabe!"-Rufe (übrigens meines Erachtens nach als einzige Band des Festivals) nur eine Konsequenz zulässt: Nächstes Mal Headliner!
[Jakob Ehmke]

 

Post-Rock als vorletzte Band auf dem Euroblast? Ist das eine Ansage oder doch bloß eine stilistisch geschickt platzierte Gruppe zwischen den vollkommen gestört-genialen Hirschen und dem Großmeister danach, im Sinne einer atmenden Dynamik? Nun ja, Post-Rock geht für mich schlichtweg immer, auch wenn mich nur wenige Bands so richtig mitreißen können und anschließend den Weg in mein CD-Regal finden – und ja, ich nehme es gerne vorweg, SLEEPMAKESWAVES (Foto) gehört ab sofort zu diesem erlesenen Kreis. Ich habe wohl noch nie eine Genre-Band gehört, die sowohl in den ruhig-atmosphärischen als auch in den krachig-punchigen Momenten so gleichermaßen stark ist und es zudem auch noch versteht, diesen Pole derartig miteinander zu verweben, dass sich daraus eine eigene kleine Welt ergibt. Obwohl der Kopf nicht mehr aufnahmefähig und die Füße nicht mehr standwillig sind, ist Leben im Moment hier das allerkleinste Problem. Die steil gehende, dauergrinsende Band genießt den Auftritt sichtlich, das Publikum diesen stilistisch zumindest kleinen Ausreißer allerdings ebenso. Und ich bin vollkommen beseelt, als ich nach 60 Minuten feststelle, dass tatsächlich schon 60 Minuten um sind, und das hier gerade wohl die Nummer zwei des Festivals nach THE HIRSCH EFFEKT gespielt hat. Das Treppchen ist damit gesichert – und kann nur noch von einem strittig gemacht werden.
[Oliver Paßgang]

 

Die beiden Bands zuvor haben die Bühne bereitet, auf die Devin Townsend nun bloß noch den kleinen Zeh zu setzen braucht, um vollkommen abzuräumen. Der Sound ist großartig – wie schon die ganze Zeit! – aber während THE DEVIN TOWNSEND PROJECT (Foto) auch so laut wie bei keiner anderen Band. Dazu dann ein paar tolle Prog-Songs, Devins wahnsinniges und zugleich so sympathisches Grinsen; manchmal kann die Welt so einfach sein. Die Songauswahl ist (wie auf der Tour im Frühjahr und auch auf den Sommerfestivals) eher an den neueren Alben orientiert, aber da diese eine extrem hohe Qualität aufweisen, muckt hier niemand. Natürlich wird insbesondere "Transcendence" bedacht, doch meine Favoriten lauten heute 'Deadhead' ("Pick a Tempo!"), 'Hyperdrive' (auch ohne Anneke noch ein Genuss) sowie 'Kingdom'. Letzteres bringt den Running Gag, der sich im Laufe des Festivals etabliert hat, in voller Blüte zum Vorschein: ein leicht eiergekniffenes "Woooh!", unkontrolliert aus unterschiedlichen Ecken, immer und immer wieder. Devins Band – und auch er selbst – sind sichtlich amüsiert und irritiert ob dieser merkwüridgen Geste des Zuspruchs ("This is the least metal sound I have ever heard!"), freuen sich aber wie kleine Kinder, als das Publikum diesen Laut in 'Kingdom' zielsicher zum Rhythmus einsetzt. Normalerweise wird das Zwerchfell eher in der anderen Richtung provoziert, aber natürlich hat auch der Meister wieder genug Laberwasser getrunken, um bereits ein halbes Stand-up-Programm zu füllen. Seine Bühnenpräsenz unterscheidet sich auch nochmal enorm von allen anderen Bands, die an diesem Wochenende auf den gleichen Brettern gespielt haben. Hier ist jemand mit einem ganz großen Charakter am Werk und einer Präsenz, die man in der Form (nicht nur auf dem Euroblast) vergeblich sucht. Umso schöner, dass die 2017er-Ausgabe des Festivals mit 'Higher' so fantastisch endet, dass alle selig die Heimreise antreten können. Ganz, ganz großes Kino.
[Oliver Paßgang]

 

WOW! Das waren mal wieder drei intensive Tage voller Progressive Metal, die ich so schnell nicht vergessen werde! Ich würde fast soweit gehen und sagen, dass es eins der besten Euroblasts bisher war. Nicht nur stimmte die musikalische Vielfalt, auch wurde der Zeitplan diesmal konsequent eingehalten, es gab überhaupt keine Überschneidungen, man konnte ständig zwischen den Bühnen wechseln und hat nichts verpasst. Der Sound pendelte dabei auf beiden Bühnen zwischen großartig und überirdisch - mittlerweile habe ich auch die Sidestage lieb gewonnen, das hat echt einen besonderen Flair. Auf dem Gelände der Essigfabrik herrschte eine entspannte Stimmung, vermutlich ist es das einzige Festival, auf dem es mehr Merch- und Musikequipment-, als Essensstände gibt (Nein, ist es nicht. - PK). Den Crepe-Stand habe allerdings nicht nur ich schmerzlich vermisst. Ein Applaus geht an die Veranstalter John und Daniel (Foto), die dieses einzigartige Festival hoffentlich noch viele Editionen durchführen werden
[Jakob Ehmke]

 

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Redakteur:
Jakob Ehmke

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