FJØRT und SWAN SONGS - Karlsruhe
10.02.2024 | 14:2801.01.1970, Substage
FJØRT aus der Kaiserstadt Aachen hält Hof in Karlsruhe und das Volk strömt in Massen.
Das Karlsruher Substage fasst gut und gerne tausend Leute und ist am heutigen Abend zu zwei Dritteln gefüllt. Vom Metaller mit Kutte bis hin zum Dreadlocksträger, vom Mittfuffziger bis zum Erstsemestler, ist am heutigen Abend so allerlei Couleur vertreten.
Den Abend eröffnet SWAN SONGS aus Münster, der Studentenhochburg und einstigen Fahrradhauptstadt Deutschlands, ehe es von Karlsruhe abgelöst wurde. Nebenbei ist Münster natürlich auch die Heimat der H-BLOCKX und der DONOTS. Das Quartett ist eine von vier Bands, die für die Kaiserstädter FJØRT bei dem zwölf Stationen umfassenden zweiten Teil der "Nichts"-Tour den Abend eröffnen dürfen. Zuvor waren die Münsteraner bereits am Vortag in Marburg dabei und werden nach dem heutigen Abend noch bei der folgenden Show in Darmstadt den Vorturner machen. Mit im Reisegepäck führt SWAN SONGS das aktuelle Album "A Different Kind Of Light" mit sich, welches am 31. März 2023 erschienen ist.
Im Vorfeld war nicht allzu viel über die drei Jungs und dem Mädel am Bass in Erfahrung zu bringen. SWAN SONGS gibt es wohl schon seit 2018 und man hat bislang zwei Alben veröffentlicht. Die aktuelle Besetzung besteht aus Benny (Gesang/Gitarre), Stina (Bass/Background Gesang), Julian (Gitarre) und Laurenz (Schlagzeug).
SWAN SONGS legt mit dem Opener der aktuellen Scheibe 'In Caso Die Nebbia, Run' gleich locker flockig los. Erfrischend kommt auch das folgende 'Coal Mine Canaries' rüber. Im gut dreißigminütigen Programm finden lediglich Songs der aktuellen Scheibe Berücksichtigung.
Laut Biografie ist SWAN SONGS in der heimischen Punkszene zu Hause. Sowohl Hardcoreske Anleihen als auch Grunge- und Post-Punk-Parts fließen in die Songs ein. In den Stücken wandert man, eigenen Angaben nach, auf Graten jenseits von reinem Unmut oder purer Euphorie, ohne dabei etablierte Strukturen bedienen zu wollen. Neben dem Opener hat mir noch 'Let Sleeping Dogs Lie' und das ruhige Stück 'Sour Milk' am besten gefallen. Alles in allem eine sehr authentische Darbietung, auch wenn noch nicht alles ganz rund läuft und gerade noch an den Ansagen bzw. Stimmpausen gearbeitet werden sollte. Egal, mir hat es gefallen.
Setliste: In Caso Die Nebbia, Run; Coal Mine Canaries; Sour Milk; Quality Value Convenience; The Devil In Everything; Magnolia; Let Sleeping Dogs Lie
Ganz anders läuft die Geschichte bei FJØRT. Die Aachener haben sich längst etabliert und sich aufgrund ihrer energetischen Liveshows, wie zuletzt auf ihrer ersten größtenteils ausverkauften Tour zum aktuellen Album "nichts" im Frühjahr 2023, eine treue Fangemeinde erspielt.
Nach dem eingespielten Intro 'Surrounded By Spies' von PLACEBO, folgt mit 'nichts' der Titeltrack der letzten Veröffentlichung, der sehr effektvoll in Szene gesetzt wird. Zuerst erklimmt Schlagzeuger Frank Schnophaus sein Drumkit und gerbt erstmal einsam seine Felle, ehe Bassist David Frings und Gitarrist Chris Hell sich rechts und links hinter dem Drumriser positionieren und dicht gehüllt in Nebel in die Nummer einsteigen.
Stilistisch ist FJØRT in der Schublade Post-Hardcore mit deutschen Texten am ehesten einzuordnen, auch wenn eine Schublade wohl nicht ganz ausreicht und man sich schon fast ein eigenes Genre geschaffen hat. Den Gesang teilt sich David Frings mit Chris Hell, wobei David Frings die meisten Ansagen übernimmt und etwas redseliger ist.
Der Erfolg der letzten Monate hat wohl auch die drei Jungs etwas überrascht. Irgendwie kommt man sich vor wie in einem Traum, verkündet David Frings. Damals, als man 2012 in Aachen in einem kleinen Proberaum angefangen hat, hätte man nie gedacht, dass sich irgendwer für ihre Musik und ihre teils kranken Gedanken interessieren würde. Jetzt hat man die Chance, endlich alles herauszuschreien oder alles zu kritisieren, und kann trotzdem gemeinsam eine gute Zeit haben. Überhaupt regt das Trio dazu an, wieder mehr sein Gehirn einzuschalten und die Kraft der Worte anstelle von Gewalt zu nutzen. Nutzt die Gunst der Stunde tanzt und feiert miteinander, habt jedoch Respekt voreinander und nehmt Rücksicht aufeinander. Eins ist sicher, FJØRT hat eine Menge mitzuteilen. Man hat es mittlerweile sogar geschafft, in den USA ein paar Shows zu spielen.
Immer wieder wird das Publikum gekonnt eingebunden und das Substage gleicht an diesem Freitagabend einem Tollhaus. Rundum blickt man in glückliche Gesichter, die ausgelassen die Stücke mitintonieren oder einfach nur abtanzen. David Frings hat am Rande noch eine nette Touranekdote parat. Er hat heute Mittag schon gemerkt, dass die Menschen in Karlsruhe die Band lieben. In den Duschen war nicht nur ein Stuhl, auf dem man sich hinsetzen konnte beim Ausziehen, sogar noch zusätzlich ein Haken an der Wand, an dem man die Kleider aufhängen konnte. So einfach kann man mit 2,50 EUR eine Band mit Crew glücklich machen. Das sei nicht überall so, wo sie hinkommen. Hart ist halt das Musikerleben.
Musikalisch wird ein Querschnitt durch alle vier Alben geboten, wobei das Hauptaugenmerk natürlich auf das aktuelle Werk "nichts" gerichtet ist, welches mit acht Stücken in der Setliste vertreten ist. Mir persönlich als Späteinsteiger, macht das gar nichts aus und auch beim Publikum finden die neuen Stücke einen guten Anklang. Zu den Highlights der Show zählt für mich 'Anthrazit', 'kolt', 'Couleur' und 'schrot'. FJØRT ist in den Texten äußerst wortgewandt und versteht es perfekt, das Publikum mit in die Show einzubeziehen. Man merkt den Jungs an, dass sie Bock haben. Perfekt in Szene gesetzt wird das Spektakel durch eine äußerst durchdachte und effiziente Lichtshow.
Fazit: Für mich war es das erste, aber sicherlich nicht das letzte Konzert von FJØRT!
Setliste: Surrounded By Spies (PLACEBO/Intro); nichts; Anthrazit; feivel; Südwärts; kolt; Paroli; puls; lod; bonheur; fernost; Windschief; Couleur; Valhalla; schrot; sfspc; Lebewohl
- Redakteur:
- Frank Hameister