FLOTSAM & JETSAM und LORD VOLTURE - Hamburg
04.09.2025 | 13:2327.08.2025, Logo
Auch an der Waterkant gilt: Die "Flotz" wieder mal in Hochform!
Es ist ein schwüler Mittwochabend in Hamburg. Das Arizona-Speed-Geschwader FLOTSAM & JETSAM bittet zum Tanz im altehrwürdigen Logo. Wir (Holg und Lenze) sind zwar etwas erstaunt über die Wahl der Location (obwohl ich sie auch beim letzten Gastspiel genau hier gesehen habe, Anm. Lenze), freuen wir uns doch ganz arg doll auf die Band, die live bisher immer abliefern konnte.
Unsere Verwunderung gilt der Größe des Logos, denn eigentlich hätten wir hier eher die Markthalle erwartet, aber es ist wie es ist: Am Ende wird wieder der Schweiß von der Decke tropfen. "Rock'n'Roll to its fullest" halt. Genug der langen Vorrede: Auf ins Getümmel! Es ist erwartungsgemäß gut gefüllt, aber nicht ausverkauft. Schade für die Künstler, wir finden es aber gerade noch erträglich gefüllt.
[Holger Andrae]
Erst einmal betreten aber die niederländischen Schwermetaller LORD VOLTURE, von denen ich bis dato noch keinerlei Notiz genommen habe, die Bretter. Drei Alben hat der sympathische Fünfer bereits auf der Habenseite, das letzte Album "Will To Power" hat nun aber bereits auch schon stattiche elf Jahre auf dem Buckel.
Von daher wäre es also tatsächlich mal wieder an der Zeit für neuen musikalischen Output, laufen mir die Klänge der Kombo doch vom Start weg richtig gut und geschmeidig durch die Ohrmuscheln. Das könnte unter anderem auch der Tatsache geschuldet sein, dass mich das Timbre des agilen, gesanglich breit aufgestellten und sehr talentierten Sängers David Marcelis an einen gewissen Mr. Conklin erinnert. Wie ich während und nach dem Konzert erfahren soll, stehe ich mit dieser Einschätzung auch nicht gänzlich allein auf weiter Flur.
Rein instrumental bietet uns die Band ehrlichen und schnörkellosen Heavy Metal der guten, alten Schule. Die meisten Riffs sitzen an der richtigen Stelle und auch sonst muss man den Jungs ein gutes Händchen in Sachen Timing attestieren.
Klar, das berühmte Rad erfindet man hier nicht neu, aber wozu auch, wenn die Jungs hier mit wunderbar einprägsame Hooks um die Ecke kommen, die Fans von neuen PRIEST, ICED EARTH, SAXON und eben auch JAG PANZER durchaus Freude bereiten sollten.
Check'em out! Man darf und sollte die Band weiterhin auf dem Radar haben. Es dürfte nämlich auch kein Zufall sein, dass auf besagter letzter Scheibe kein Geringerer als Chris Poland (ex-MEGADETH) einen Song sechssaitentechnisch veredelt hat.
[Stephan Lenze]
Nach einer kurzen Sauerstoff- und Bierpause geht es dann auch schnurstracks wieder rein ins mittlerweile doch gut feuchtnasse Logo.
It's time for FLOTSAM & JETSAM! Der Einstieg könnte mit 'Hammerhead' vom Wunderdebüt kaum besser sein. Sofort merkt man, wie heiß das Publikum auf diese sympathische Truppe ist, denn überall fliegen Haare und wackeln Häupter. Aber auch auf der Bühne ist alles bestens. Die Band ist gut geölt und tight und auch der Sound geht völlig in Ordnung. Passenderweise sehr gitarrenlastig, aber mit genügend Raum für die tolle Rhythmustruppe.
Es folgt mit 'Iron Maiden' gleich mal etwas Neueres, was ich sehr begrüße. Sofort ein selbstbewusstes Zeichen setzen, dass man sich nicht nur auf den Klassikern ausruhen möchte und obendrein zielsicher ein Highlight der neueren Phase ausgewählt. Mit 'Dreams Of Death' folgt eine Nummer des Zweitlings "No Place For Disgrace". Dieser Song lief bei mir lange Zeit unter "ferner liefen", bis ich vor ein paar Jahren gemerkt habe, wie genial dieses rattenscharfe Riffing ist. So auch hier und heute. Vor allem Zwirbelbart Michael Gilbert, eines von zwei Originalmitgliedern, liefert hier rasante Abfahrten auf seinem Instrument ab und grinst dabei zufrieden in die rhythmisch wippende Menge.Weiter im Takt geht es mit zwei aktuellen Nummern. 'Brace For Impact' und 'Primal' beweisen auch durch die positiven Publikumsreaktionen, dass "Blood In The Water" und "I Am The Weapon" sehr gutes Material beinhalten. Habe ich auf den neueren Scheiben ein Problem mit der klangtechnischen Druckbetankung, entfällt dieses hier komplett und die Songs gewinnen für mich durch das organische Schlagzeug deutlich an Qualität.
Es folgt DAS Highlight vom 95er"Drift"-Album! 'Smoked Out' ist in meiner Anti-Groove-Thrash-Welt ein moderner Klassiker, obwohl er einen Groove hat, der wohl niemanden mit gut funktionierenden Ohren unwhippend zurücklässt. Dieser herrlich grantige Bass, in der aktuellen Besetzung von Bill Bodily hervorragend umgesetzt, ist einfach dermaßen großartig, da bleibt kein Ohrläppchen trocken. Obendrein singt Eric A.K. noch immer wie ein junger Gott. Mehr als beachtlich. Das neue 'A New Kind Of Hero' ist meine dringend benötigte Verschnaufpause, obwohl auch da die Glieder zucken. Als hätte ich es geahnt, folgt nun nämlich eine weitere Nummer vom zweiten Album, die damals sogar als Maxi veröffentlicht wurde. Zwar nur als B-Seite des instrumentalen Überfliegers 'Flotzilla', aber offenbar war man sich bandintern schon über den Klassikerstatus von 'I Live, You Die' bewusst. Schon bei den ersten Takten wirkt das Logo wie ein Tollhaus und so ziemlich alle Anwesenden mutieren zu willenlos zappelnden Geschöpfen, die aber zielsicher den kompletten Text mitsingen. Zumindest in meiner Ecke vernehme ich eine Art quadrophonisches Ensemble, meinen eigenen Schiefgesang nicht eingerechnet. Dies scheint Eric so gut zu gefallen, dass er in der Mitte des Songs – Eingeweihte kennen die kurz abgestoppte Pause im Song – das Publikum bittet, den knackigen Chorus zu schmettern bevor die Band dann bretthart erneut einsetzt. Interaktion Deluxe!
Nach dem neuen 'The Walls' animiert er dann bereits vor dem Song 'Demolition Man' alle den Chorus mitzusingen. Muss man uns natürlich nicht zwei Mal sagen. Nun folgt der erneute Beweis, dass "When The Storm Comes Down" nur mies produziert ist, denn ein Knaller wie 'Suffer The Masses' ist einfach unfassbar toll! Hier wäre eine Neuaufnahme mal sinnvoll - aber bitte nicht wie "No Place For Disgrace". Damit habe wir auch gleich die Überleitung zum nächsten Song. An manchen Tagen ist der Titelsong vom Zweitwerk mein Bandfavorit. Hier stimmt für mich alles! Steve Conley und Michael Gilbert riffeln sich allerbesten Speed-Metal aus den Handgelenken und beim ruhigen Mittelpart leuchtet Eric A.K. noch mal lichterloh!
Mit dem Song über Lizzy Borden, namentlich 'She Took An Axe', beschließen die fünf Herren ihr Set und vor allem Schlagzeuger Ken Mary verausgabt sich noch einmal komplett. Es ist eine Wonne, diesem Mann beim Spielen zuzuschauen. Nach frenetischen "Flotsam, Flotsam, Flotsam!"-Rufen kommt man noch einmal zurück und bietet mit 'Desecrator' den finalen Nackenschlag. Das andernorts gespielte Titelstück wird heute leider nicht aus dem Köcher gezogen, aber mich stört das nicht, denn dies hier war ein erstklassiger Auftritt einer Band, die sich wortwörtlich das Löchlein aufreißt und die augenscheinlich auch noch immer Spaß daran hat. Bombe!
Setliste: Hammerhead; Iron Maiden; Dreams Of Death; Brace For Impact; Primal; Smoked Out; A New Kind Of Hero; I Live You Die; The Walls; Demolition Man; Suffer The Masses; No Place For Disgrace; She Took An Axe; Zugabe: Desecrator
[Holger Andrae]
Photo Credit: J. Fenske (Spirit Of Metal)
- Redakteur:
- Stephan Lenze