Fair To Midland - Berlin

12.08.2007 | 08:20

05.08.2007, Magnet

Das Jahr 2007 hat schon viele gute Alben von vielen guten Bands hervor gebracht, aber der Newcomer, der dem Jahr die richtige Würze gibt, hat mir bislang gefehlt. Doch das ist jetzt vorbei, FAIR TO MIDLAND sei dank. Und obwohl das großartige Debütalbum erst nächsten Monat in Deutschland erscheint, durfte das Quintett schon bei Rock am Ring, Rock im Park und auf dem Wacken Open Air spielen. Doch liegt das nicht nur daran, dass das Management einen guten Job macht und man beim Label von Serj Tarkian (SYSTEM OF A DOWN) untergekommen ist, sondern vor allem an der Qualität, die hier geboten wird. Davon können sich an diesem Abend auch die etwas mehr als 100 Neugierigen im Berliner Magnet überzeugen. Viele dürften die Texaner bisher noch nicht wirklich kennen und maximal einen der oben genannten Festivalgigs miterlebt haben. Der große Rest dürfte in erster Linie von den fünf Euro Eintritt angezogen worden sein. Und ich bin sicher, dass nicht ein einziger Gast sein Kommen bereut hat.

Was man den Kompositionen schon beim ersten Hören anmerkt, ist die Tatsache, dass die Band nicht aus 20-jährigen Jungspunden besteht, die gerade drei fehlerlose Takte im Proberaum hinbekommt und deshalb gleich von einem hippen A&R Agenten einen dicken Plattenvertrag vor die Nase gehalten bekommt, sondern bereits seit acht Jahren im Untergrund unterwegs ist und entsprechend erwachsen klingt. Apropos Klang. So langsam muss ich auf den Sound der Band eingehen, der an diesem Abend die Anweseden begeistert.

FAIR TO MIDLAND spielen grundsätzlich eine Mischung aus Alternative und Progressive Rock, der zwar durchaus bekannte Zutaten von Bands wie SYSTEM OF A DOWN (stellenweise die Vocals), FAITH NO MORE (die Keyboards) und DREDG (Songstrukturen, Attitüde) nutzt, diese aber so eigenständig zusammen mixt, dass das Ergebnis absolut einzigartig klingt. Das liegt in erster Linie an den fantastischen Gesangsharmonien, die Nummern wie 'Vice/Versa', 'The Wife, The Kid & The White Picket Fence' oder 'A Wolf Descends Upon The Spanish Sahara' zu echten Ohrenschmankerl machen. Doch auch das Auge bekommt einiges geboten. Sänger Darroh singt nicht nur nahezu perfekt in allen Tonlagen zwischen Gavin Hayes (DREDG) und Serj Tarkian, sondern flippt in den harten, kurzen Instrumentalparts völlig aus und zappelt wie eine Mischung aus Epileptiker (ich darf das sagen. Ich weiß, wovon ich da rede...) und Tanzbär über die Bühne, nur um im nächsten Moment die nächste Gänsehautmelodie vom Stapel zu lassen. Auch Gitarrist Cliff Campbell & Bassist Jon Dicken turnen wie angestochene Taranteln über die Bühne, verpassen dabei aber nicht einen Einsatz und fahren die volle Soundwand. Grandios. Dazu kommen die hängenden (im wahrsten Sinne des Wortes) Keyboards von Matt Langley, der nebenbei hinter seinen Tasten die Rübe wild schüttelt. Ganz klar, die mickrige Bühne des Magnet ist heute deutlich zu klein für FAIR TO MIDLAND. So viel Engagement und Klasse wird natürlich vom Publikum gewürdigt. Schon während des Gigs laufen immer mal wieder Fans zum Merchandisestand, um die erst nächsten Monat offiziell in Deutschland erscheinende CD für zehn Euro schon vorsorglich einzutüten. Und spätestens bei den beiden völlig grandiosen Überhits 'Tall Tales Taste Like Sour Grapes' und 'Dance Of The Manatee' ist das anwesende Volk dann endgültig überzeugt und fordert nach dem letzten Ton laut mehr. Dieses mehr gibt es noch in Form von 'Say When', bevor nach knapp 50 Minuten dann wieder Schluss ist. Völlig vertretbar, da das kommende Album komplett durch die PA gejagt wurde. Und die alten Songs sind nach Aussage der Band einfach nicht gut genug. Dass das 'That's all we have' von Gitarrist Cliff dabei die erste Kommunikation mit dem Publikum ist, stört übrigens keine Menschenseele. Durch das Einspielen von Samples zwischen den Songs entstehen nämlich keine unangenehmen Pausen, sondern ist der Gig immer im Fluss. Und die hohe Aktivität auf der Bühne ist auch deutlich mehr Wert als die typischen Floskeln.

Am Ende dürften wirklich alle Zeugen des Gigs wissen, dass dieser Auftritt etwas ganz besonderes war, denn FAIR TO MIDLAND werden beim nächsten Mal auf deutschen Bühnen mit Sicherheit nicht mehr für einen Fünfer vor ein paar Nasen spielen. Dass die Texaner groß werden, ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Und das ist auch verdammt gut so.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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