Green Carnation - Münster/Breitefeld
27.11.2003 | 03:5208.11.2003, Live Arena
Es wurde auch endlich mal Zeit, die noch relativ neue Live Arena zu Münster/Breitefeld einmal livehaftig in Augenschein zu nehmen - nach dem Ende der Hafenbahn-Ära in Offenbach war doch ein recht großer, schwarzer Fleck auf der metallischen Landkarte im Rhein-Main-Gebiet entstanden, welchen die Frankfurter Batschkapp mangels Engagement und die Stadthalle in Langen mangels passender Atmosphäre nicht wirklich auszufüllen vermögen.
Leider hat die schnieke aufgemachte Live Arena noch ein paar Problemchen: Zum einen liegt das Teil wirklich am Allerwertesten der Welt (über die Bundesstraße noch mal ca. 20, 25km hinter Darmstadt), zum anderen wird m.E. einfach zu wenig Werbung in eigener Sache betrieben, so dass viele Leute den feinen Schuppen gar nicht wirklich kennen und somit auch eher nicht erscheinen. Somit ist eine Besucherzahl von, grob geschätzt, 100 bis ca. 150 Nasen echt enttäuschend.
Unter dem Banner "Darkness In Disguise" machte sich ein starkes deutsch-schwedisch-norwegisches Billing auf den Weg, bestehend aus den folkigen Black-Deathstern von SUIDAKRA, den avantgardistischen Blackies von MÖRK GRYNING und den atmosphärischen Prog-Rockern von GREEN CARNATION. Passt nicht all zu gut zusammen, möchte man meinen - doch es hat gar wunderbar funktioniert.
Der Reihe nach: Während sich Mitglieder von GREEN CARNATION noch um ihren Merch-Stand kümmerten, durfte die erste Truppe gut eine Stunde nach Einlass auf die Bühne. Meine Wenigkeit staunte dann nicht schlecht, als es sich bei dem Quartett um SUIDAKRA handelte - sind die Monsheimer doch immerhin die bekannteste und "größte" Band im Aufgebot der Tour. Aber, löbliche Idee, die Bands tauschten auf der gesamten Tour ihre Auftrittszeiten immer wieder untereinander aus, abgesehen davon waren für jede Truppe gute 45 Minuten als Spielzeit anvisiert. Faire Alternative.
SUIDAKRA legten vor einem fast noch leeren Innenraum ordentlich los, 'Revenant' vom neuen Album "Signs For The Fallen" räumte ebenso wie auf Platte sehr gut ab. Nachdem die leider nicht allzu zahlreich anwesenden Zuschauer nun auch geschnallt hatten, dass es sich beim Opener um niemand anderen als um Arkadius und seine Mannen handelte, füllte sich der Raum vor der Bühne zusehends, und auch wenn man während des gesamten Gigs in der ersten Reihe ohne Probleme ein kleines Camp hätte aufschlagen können, die Stimmung war, gemessen an der niedrigen Besucherzahl, wirklich grandios.
Dank einem ordentlich drückenden, ziemlich klaren und gut differenziertem Sound zündeten melodische Schwarzperlen wie 'Darkane Times', 'A Vision's Demise' oder das überragende 'Wartunes' geradezu bestens, wofür sich Arkadius auch immer wieder artig bedankte. Am Ende des Gigs kam einem die Dreiviertelstunde doch arg knapp vor, aber SUIDAKRA verzogen sich dann recht schnell ohne Zugabe. Schade. Bleibt aber die Erkenntnis, dass es sich hier nach wie vor um eine verdammt gute Live-Band handelt, auch wenn ein hauptamtlicher Sänger in Zukunft vielleicht nicht verkehrt wäre - der gute Arkadius sieht immer sehr aufgesetzt statisch hinter dem Mikro aus. Und die Keys fehlen verdammt noch mal nicht! ;-)
Setlist SUIDAKRA:
Revenant
Crown The Lost
Darkane Times
Gates Of Nevermore
Trails Of Gore
Pendragon's Fall
Havor
Wartunes
A Vision's Demise
Nach einer guten Viertelstunde Umbauspause ging's dann mit MÖRK GRYNING weiter, die einen für meinen Geschmack etwas zu statischen Eindruck hinterließen - bei fünf Leuten auf der eher kleinen Bühne wird's dann zwar schon ein wenig eng, bedenkt man jedoch, dass GREEN CARNATION mit sechs Leuten on stage um Welten mehr Schwung hatten, dann kann man das der Band schon ankreiden.
Sei's drum, let the music do the talking - und diese war klasse. Der progressive, teils recht sphärische Post-Black Metal vom neuen Album "Pieces Of Primal Expressionism" ist sicherlich nicht jedermanns Sache, ich für meinen Teil fühlte mich auf jeden Fall sehr gut unterhalten. Schön zu sehen, dass das durchaus beachtliche technische und musikalische Niveau nicht nur im Proberaum oder im Studio vorherrscht, auch auf der Bühne konnte das Quintett aus Sverige überzeugen. Unter anderem gaben die Jungs 'Templars', 'Perpetual Dissolution', das superbe 'The Cradle Of Civilization' und sogar 'Journey' vom Erstwerk zum Besten. Auch wenn das Hauptaugenmerk auf den neueren bis neuesten Kompositionen lag, hier kam weder ein überzeugter BM-ler noch ein eher wegen GREEN CARNATION und deren Atmosphäre anwesender Fan zu kurz - das nenne ich mal konsequente musikalische Weiterentwicklung wie sie im Buche steht.
Leider hat Sänger Kimera die Truppe direkt nach der Tour verlassen, denn wenn MÖRK GRYNING ihren bisherigen Weg weiterhin auf diese Art und Weise fortsetzen, dann dürfte uns aus Schweden noch etwas ganz Großartiges blühen.
Well done!
Um ganz ehrlich zu sein: Eigentlich wollte ich nur wegen GREEN CARNATION zu diesem Konzert. SUIDAKRA machen auffe Bühne eh immer wieder Spaß, also passte das nur allzu gut, und mit MÖRK GRYNING konnte ich noch eine positive Überraschung mit nach Hause nehmen.
Umso größer war dementsprechend die Freude bei mir, als klar wurde, dass die Norweger erst als letzte Band spielen würden. Viertelstunde Pause, Bierchen für die Freundin holen, freuen über die mittlerweile doch ganz ordentlich gefüllte Live-Arena. Die gefiel MÖRK GRYNING sogar so gut, dass sie die Bar dem Backstageraum als Saufgelage-Location vorzogen.
Dann geht's endlich los, die ersten sphärischen Klänge zum Song mit dem Über-Intro, 'Into Deep', erklingen, und als dann die komplette Band loslegt, gibt es zumindest für mich kein Halten mehr. Scheiße, sind die heavy live!
Was auf Platte noch als "Rock" durchgeht, das ist hier auf der Bühne lupenreiner Metal, gerade bei etwas schnelleren Songs wie 'Writings On The Wall' oder 'Crushed To Dust' kann man direkt vor der Bühne nicht anders und lässt entsprechend die Nackenwirbel kreisen.
Dabei sieht das, was da auf der Bühne steht und teilweise tobt, so gar nicht nach Metal aus. Die beiden Klampfer hätten auch bei OPETH ihr introvertiertes Werk verrichten können, der Flitzefinger-Basser würde gut in eine Boyband passen während mich der massiv gebaute Sänger immer wieder an DJ Ötzi erinnert. Egal, wegschauen, bangen, genießen, die Augen schließen und musikalisches Mana in der Form von 'As Life Flows By' oder 'The Boy In The Attic' konsumieren.
GREEN CARNATION sind an diesem Abend Weltklasse. Nicht nur die makellose Umsetzung fast des kompletten neuen Albums oder die geniale Darbietung eines Teils von 'Light Of Day, Day Of Darkness' veranlasst mich zu dieser Aussage, viel mehr die Tatsache, dass alle auf Platte enthaltenen Gefühlswelten auch hier entfaltet werden, dass man wirklich in die einzelnen Stücke eintauchen kann, selten war Musikgenuss vor der Bühne intensiver und schöner.
Aber auch solch ein Gig hat sein Ende, in diesem Fall nach etwas mehr als einer Stunde und zwei ungeplanten Zugaben - Mensch, 'Lullaby In Winter' hättet ihr ja nu auch noch spielen können.
Ansonsten: Grandios. Mehr gibt's dazu schlicht und einfach nicht zu sagen.
Setlist GREEN CARNATION:
Into Deep
Crushed To Dust
Writings On The Wall
Light Of Day, Day Of Darkness (Pt. IV)
The Boy In The Attic
Muron & Cole
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As Life Flows By
Rain
Noch ein paar allgemeine Worte: Meiner Meinung nach hat sich die Live Arena wirklich als sehr gute Alternative zur verblichenen Hafenbahn herausgestellt - die Atmosphäre, das Flair stimmt, die Preise sind absolut in Ordnung (13 oder 14 Ocken für die drei Bands, das ist echt Okay), der Sound ist klasse und es gibt in Zukunft auch schon größere Acts zu bestaunen - beispielswiese DYING FETUS oder FALCONER im Januar.
Also, ihr hessischen Hartwurstler, kommet in Scharen!
- Redakteur:
- Rouven Dorn