HARMFUL - Frankfurt
26.11.2025 | 15:5308.11.2025, Das Bett
Das Debüt wurde 30 Jahre alt und der Abend dazu famos.
Wikipedia sagt: HARMFUL war eine Band aus Frankfurt am Main bis in das Jahr 2014. Moment mal. Sie IST eine Band. Denn zum Jubiläum ihres gleichnamigen Ersten Albums von 2014 beim legendären Blu Noise-Label des inzwischen leider verstorbenen Guido Lucas, wird eben dieses Debüt als Vinyl wiederaufgelegt. Und es gíbt, beziehungsweise gab zwei Konzerte: in München und in der Heimatstadt Frankfurt. Genau deswegen stehe ich heute hier.
Rückblick. Cottbus. Club Zwischenbau. Das Jahr 2000. 12 zahlende Gäste. Vielleicht 20 Zuhörerinnen und Zuhörer, nimmt man die Besatzung dieses Studentenclubs mal dazu. Da wurde bisher Lokales konsumiert oder MISTER ED JUMPS THE GUN oder Hardcoreler aus dem Rhein-Main-Gebiet. Oder aus Schweden. Wir zelebrieren mit HARMFUL das aktuelle Album "Counterbalance". Für mich ein Meisterwerk des Noiserock. Wie er eben sein muss. Sperrig. Trio. Unvorhersehbar. Wut. Und Puritanismus. Überraschungen. Direktheit. Lächelnd auf die Zwölf.
Eines der Konzerte, die mich prägen werden. Wir vergessen die Zeit. Die Bandmitglieder absolute Sympathen. Selbst überrascht von diesem Zuspruch. Kotzen ab, weil sie nachts noch weiter müssen. Wir verabreden uns. Ich sehe die Band nachmals noch drei weitere Male, vor allem in Leipzig. Wir erkennen uns wieder, prosten uns zu. Gegenseitiges Lob. Tolle neue Songs. Toll, dass Ihr wieder da seid!
Aren Emirze zu folgen, ist sowieso spannend, ob als Akkustiker EMIRSIAN, als einer der Köpfe von TASKETE oder als Spannungsverbreiter des aktuellen Projektes MUSA DAGH. RINDERWAHNSINN gab es auch mal mit ihm an der Gitarre. Aber da war ich nicht so vorn dabei.
Jetzt. November 2025. Das Debüt demnach 30 Jahre alt. Damit beginnt auch der Abend. Drei der ersten Mitstreiter. Die Drei auf der Bühne mit großem Stolz und sichtlicher Spiellust daran, was sie mit Anfang 20 ersannen. Das Publikum, das die Band mit den späteren Alben einfangen kann, sichtlich etwas überrascht. Aber ich liebe diese Phase. Die frühe. Ganz besonders.
Später am Abend, in der Zugabe, gibt Emirze die Anekdote zum Besten, wie der Stampfer 'Culprit“ entstehen konnte, musste. Proberaum neben irgendeiner Dulliband. "Ey, Nico, Chris, spielt so laut Ihr könnt, auf dass die hören und wissen, mit wem sie es zu tun haben, hier im benachbarten Proberaum!" Ich muss laut lachen, so bildhaft ist das. Und bemerkenswert: in diesem Alter schon dieses Unangepasste, Bekloppte, 'Noxious', 'What?!', 'Forfeiture' zu erfinden. Irgendwie Metal, dickes, greifbares PRONG, aber keine richtige Lust auf Harmonieorientierung in der Fanbase. Spannende Struktur. Dickes Brett. Energie. Auch hier und heute im Konsum. Das Trio ist sichtbar immer noch freundschaftlich verbunden und hat die alten Ideen in Kopf und Hand. Wie nebenbei spielen sie das herunter, wobei die Stücke vielerlei Hintergrund behalten haben.
Jeder der drei ist ein Erlebnis für sich. So, wie Emirze erzählt, war die Entscheidung, sich mit seinem Kinderfreund Chris für diesen Drummer zu entscheiden, eine der besten seines Lebens. Und das merkt man. Der Sound im BETT formidabel, das Umfeld immer mehr infiziert, der Abend kocht auf. Emirze mit Botschaften, sich der Musikindustrie nicht gänzlich zu unterwerfen. Mit Konzertbesuchen zu unterstützen. Mit Merch-Käufen. Clubs stärken, indem man das Vorglühen verkürzt, in die Live-Räume verlegt. Klassikmusik sucks, sagt er.
Es mischen sich nun immer mehr Stücke der nachfolgenden Alben unter. Vor allem "Counterbalance"- mein persönlicher Ewiger der Band ist ebenso vertreten, wie die Nachfolger bis zum offiziellen Split im Jahre 2014. Genug zum Gutfinden. 'Art Of Rebellion', 'Good Day To Die' oder 'I Remember You' lassen mein Herz hüpfen.
Dazwischen hat die positive Aura des Trios das Publikums eingefangen, bewegt, erinnert, in Verzückung gebracht. Es ist ein Phasenpublikum, jeder hier hat so seine Lieblinge in den Schaffensphasen der Band gefunden – und nicht zu vergessen, ist das hier heute ein Heimspiel, vor allem Bassist Chris zeigt immer wieder lächelnd auf Menschen im Gemenge, die er schon länger kennt.
Emirze fragt ab: Wer ist hier heute? Bremen, Hannover, Karlsruhe, ich aus Leipzig melde mich zaghaft. Alles wird begrüßt, fremdgeherzt.
Sprecher und Energiedominator Emirze sagt, dass die Drei am folgenden Morgen ein Sauerstoffzelt brauchen werden, dass sie eigentlich schon in der Rente sind, dass das hier heute das längste je gespielte Konzert der Band ist. Sein wird. Bleiben wird. Warum eigentlich? Chancen gibt es noch genug.
So schön, dabei gewesen zu sein.
Und, als man sieht, wie verbunden diese drei Jugendfreunde sich sichtlich berührt und angefasst und glücklich letztlich verabschieden... nicht voneinander, sondern von diesem besonderen Abend... hört alle HARMFUL!
Text und Photo Credit: Mathias Freiesleben
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben





