HELLOWEEN und BEAST IN BLACK - Stuttgart
25.11.2025 | 00:3722.11.2025, Hans-Martin-Schleyer-Halle
Eine fantastische Zeitreise duch 40 Jahre Musiklegende.
HELLOWEEN ruft und die Massen kommen. Denn die Schleyerhalle in Stuttgart ist, im Gegensatz zum Auftritt vor zwei Jahren, seit Monaten restlos ausverkauft. Es lässt sich also feststellen, dass die Reunion mit Michael Kiske und Kai Hansen die Band nachhaltig auf ein neues Zuschauerlevel gehoben hat.
Denn bei der aktuellen Tour geht es nicht mehr um "Pumpkins United" oder das selbstbetitelte Album, sondern die Konzerte stehen im Zeichen des nächsten gemeinsamen Longplayers "Giants & Monsters" sowie des 40-jährigen Jubiläums der Hamburger.
Zunächst darf jedoch ein namhafter Support auf die Bretter, die die Welt bedeuten: BEAST IN BLACK. Immerhin können die Finnen wieder in vollständiger musikalischer Stärke performen. Nachdem Kasperi Heikkinen mitten in der Tour aus unbekannten Gründen ausgestiegen ist, bedient der ehemalige CHILDREN-OF-BODOM-Gitarrist Daniel Freyberg die Klampfe.
Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass die musikalische Ausrichtung von BEAST IN BLACK vor allem bei Studioaufnahmen nicht meins ist. Es ist eine moderne Form von Power Metal, die mir mit ihren Blubberblasen-Refrains und Synthesizer-Einsätzen in Studioform nicht behagt. Hinzu kommt, dass ich in den letzten Tagen auf zwei Punkrock-/Hardcore-Shows unterwegs war und vor allem noch unter dem wilden Eindruck von TURNSTILE stehe. Ich benötige einen kleinen Moment, um den Schalter ins Hier und Jetzt zu legen.
Doch dann merke ich relativ schnell den gleichen Effekt, den ich beim Auftritt der Gruppe auf dem Summer Breeze Open Air in diesem Jahr erlebt habe: Live ist es so catchy, dass automatisch die Muskeln zu zucken beginnen und ich unweigerlich mitwippe. Für 60 Minuten kann man sich schonmal mitreißen lassen. Denn natürlich werden vor allem Hits wie 'Power Of The Beast', 'Blind And Frozen' oder 'No Surrender' zum Besten gegeben.
Auch die obligatorische 'One Night In Tokyo' darf nicht fehlen. Es soll nicht die letzte Reise in die japanische Hauptstadt an diesem Abend werden. Dazu gesellt sich mit 'Enter The Behelit' die neue Single, die Vorfreude auf das kommende vierte Album der Band, sowie die im nächsten Jahr anstehende Tour machen soll. Dem Publikum scheint der Auftritt von BEAST IN BLACK zu gefallen. Es bricht zwar nicht die ganze große Euphorie aus, aber der Applaus ist laut und die Gesichter wirken sehr zufrieden.
Während der üblichen Umbaupause ertönt aus den Hallenboxen irgendwann 'Let Me Entertain You' von Robbie Williams und das Publikum grölt diesen Klassiker der Pop-Musik laut mit. Es ist der Beginn von HELLOWEEN, denn die Lichter gehen aus. Auf dem riesigen LED-Screen erscheint zum pathetischen Intro eine kleine Zeitreise mit den Albumcovern von der "Helloween"-EP als erste Bandveröffentlichung bis hin zum aktuellen Longplayer "Giants & Monsters".
In dem Moment wird mir bewusst, wie beeindruckend die Diskografie der Gruppe ist und welche musikhistorische Bedeutung sie tatsächlich besitzt. Eine leichte Gänsehaut überkommt mich, denn das Intro wandelt sich passenderweise in die Melodie von 'March Of Time'. Dann stürmen die Hamburger - wovon drei allerdings Schwaben sind, wie im Verlauf des Abend festgestellt wird - auf die Bühne und performen eben jenen Song. Es ist ein gewaltiger Opener. Relativ schnell erobern Kiske, Deris, Weikath und Hansen auch den Steg, der von der Bühne is Publikum reicht. Es wird sofort die Nähe zu den Fans gesucht.
HELLOWEEN lässt von Beginn an keine Fragen offen: Es folgen 'The King For A 1000 Years' und mit 'Future World' der nächste große Klassiker. Anschließend geht es, wie schon bei BEAST IN BLACK, nach Japan. Diesmal heißt es 'This Is Tokyo'. Bei dem Lied handelt es sich um einen von vier Tracks, die vom aktuellen Album "Giants & Monsters" präsentiert werden. Für meinen Geschmack sind es ausgerechnet die falschen Songs. Weder 'This Is Tokyo', noch 'Into The Sun' oder 'A Little Is A Little Too Much' gehören zu meinen Favoriten der Scheibe. Das ist wohl persönliches Pech, aber immerhin darf ich mich sehr über das unfassbar geniale 'Universe' freuen. Nicht zu Unrecht stellt Andi Deris nach dem Song gemeinsam mit dem Publikum fest, dass dieser auch aus den Achtziger Jahren stammen könnte.
Im Verlauf des Abends geht Michael Kiske auf das Thema KI ein und äußerst seine Bedenken. Er sei offen dafür, allerdings dürfe diese Technik nicht dazu führen, dass menschliche Kreativität zerstört würde. Wie recht er doch hat. Denn abrupt fällt mir wieder ein, dass Anfang der Woche bekannt wurde, dass drei der großen Major-Labels einen Vertrag mit einer KI-Firma für Musik unterschrieben haben. Eine Entwicklung, die bedenklich ist. Irgendwie thematisch passend folgt 'Twilight Of The Gods'.
Das tolle an der heutigen Songauswahl von HELLOWEEN ist, dass nicht nur die absoluten Klassiker gespielt werden, sondern standesgemäß zum Jubiläum ebenfalls in die Raritätenkiste gegriffen wird. 'Twilight Of The Gods' wurde seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr live gespielt und 'Hey Lord' gab es über 20 Jahre nicht mehr vor Publikum zu hören.
Gleiches gilt ebenfalls für 'In The Middle Of A Heartbeat'. Hierfür bieten Michael Kiske und Andi Deris eine schöne Duett-Akustik-Variante samt Gitarrenspiel, während das Publium vor allem den Refrain lauthals intoniert. Obwohl das Lied nicht zu den großen Hits der Band gehört, scheint er doch sehr bekannt zu sein.
Nach dem Song freuen sich die beiden Sänger sehr, dass Kai Hansen, im Vergleich zum Konzert zwei Tage vorher, sogar den letzten Akkord auf der Gitarre richtig gespielt hat. Obwohl HELLOWEEN jetzt 40 Jahre im Geschäft ist, nehmen sich die Bandmitglieder immer noch nicht all zu ernst. Das lockert die Atmosphäre auf und wirkt sehr bodenständig und sympathisch.
Beim folgenden zweiten Akusik-Lied erhöht sich die Lautstärke des Publikums deutlich: 'A Tale That Wasn't Right', bei dem am Ende die komplette Band einsteigt. Mit einem Ausflug zur "Walls Of Jericho" und 'Heavy Metal Is The Law', sowie dem langen und monströsen 'Halloween' endet schließlich der Hauptteil.
Die Zugabe beginnt explosiv: 'Eagle Fly Free' war schon immer ein Fanliebling und die Stimmung lässt die Halle fast abheben und wie einen Adler durch die Lüfte fliegen. Kurz darauf geht das Konzert dann jedoch wirklich zu Ende. Natürlich mit weiteren Hits: 'Power', 'Dr. Stein' sowie ein Snippet von 'Keeper Of The Seven Keys' lassen den Abend standesgemäß ausklingen.
HELLOWEEN hat es geschafft, wirklich alle glücklich zu machen. Neue Songs und alte Lieder sowie Raritäten und Klassiker werden gespielt. Kein Wunder, dass die Band die Hallen füllt. Denn bei diesem sympathischen Auftritt und dieser Abwechslung in der Setliste im Vergleich zu den vorherigen Touren, kommen sicher alle gerne wieder. Dass HELLOWEEN musikalisch sowieso über jegliche Kritik erhaben ist, ist eh klar!
Text: Dominik Feldmann
Photo Credit: André Schnittker
- Redakteur:
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