Hells Pleasure Metal Fest - Pößneck
24.07.2007 | 23:3320.07.2007, Motocross-Strecke
Ein junges Mädchen mit dunkler Hautfarbe - und einer Reichskriegsflagge, gehüllt um den schlanken Körper. Sie steht in der Nacht zum Samstag mit ein paar Freunden auf dem Zeltplatz des Hells-Pleasure-Festivals, erzählt etwas davon, dass ihr kalt sei und sie sich deshalb die Fahne um den Körper geschlungen habe. Ob das ungewöhnliche Kleidungsstück etwas mit ihrer Einstellung zu Rassismus oder Nazitum zu tun hat, ist ihr allerdings zu solch fortgeschrittener Stunde nicht mehr zu entlocken. Der Vorfall bleibt einer der wenigen, die darauf hindeuten, dass auch unsympathische Zeitgenossen das Extrem-Metal-Festival im thüringischen Pößneck besuchen. Die meiste Zeit über bleibt das Festival nämlich so in Erinnerung, wie es die Veranstalter am Eingang postulieren: "No political stuff!!!". Und so steht einer ausgelassenen Metal-Party nichts im Wege.
Für den POWERMETAL.de-Schreibertyp beginnt die Feier wegen der regulären Arbeit und wegen dem langen Anfahrtsweg erst gegen 22.30 Uhr - dank ausreichender Kumpelunterstützung klappt aber zumindest der direkte Weg zum Gelände, trotz der völlig dürftigen Beschilderung während der Hinfahrt. Zu dieser Zeit haben schon drei Bands gespielt, bei denen von Besuchern vor allem DEATHRONATION und SPEARHEAD gelobt werden, jeweils einmal für ihren Death- und einmal für ihren Thrash Metal. RAVEN BLACK NIGHT sollen dagegen eher durchwachsenen Power Metal geboten haben: Doch wie gesagt, dies ist nur ein Gerücht ... den ersten regulären Bericht bekommen von daher erst NEGURA BUNGET - und müssen einfach abgefeiert werden. Denn die Rumänen bieten Pagan Metal in einer Perfektion, wie er so selten zu erleben ist. Den Hauptaugenmerk legen die Osteuropäer auf ihr aktuelles Meisterwerk "Om". Umgesetzt werden dessen auch häufig sphärische Parts allerdings nicht nur von der niedlichen Keyboarderin, sondern vor allem von allerlei seltsam anmutenden Instrumenten. So bläst Sänger Hupogrammos Disciples in einen überlangen dicken Holzstock, der wohl eine Art Horn darstellen soll. Ebenso kommen Klanghölzer zum Einsatz, mehrere verschiedene Trommeln, und, und, und ... es ist die Masse an unterschiedlichen Instrumenten, die hier den Klassenunterschied ausmacht, jenseits von der sowieso überragenden musikalischen Qualität der Kompositionen aus dem Hause NEGURA BUNGET. Dazu kommt die bescheiden-sympathische Art des Frontmanns, der nur selten die Worte an sein begeistertes Publikum richtet - und deswegen und auf Grund seines zugewachsenen Gesichts ein wenig an Mikael Åkerfeldt von OPETH erinnert. Wahrhaft eine gute Referenz! Und noch Minuten nach dem Gig hallen die elegischen Melodien und traumhaften Riffs im Kopfe nach ...
Die folgenden beiden Bands können diesen Anspruch allerdings nicht mehr überbieten. Vor allem der Auftritt von NECROS CHRISTOS sorgt für Verwunderung ab Mitternacht. Denn was hat die Berliner dazu qualifiziert, zu einer solchen Zeit ins Billing zu rutschen? Richtig erschließen mag sich die Lösung dieser Frage während der gesamten Spielzeit nicht. Denn natürlich ist es auf den ersten Blick ganz witzig, wenn eine komplette Bands nachts mit Sonnenbrillen auf der Bühne steht. Auch mag das satanische Image der Band bewusst durchdacht sein. Allerdings schafft es die Musik - geläufiger Death Metal - nicht in der Art mitzureißen, wie es für Bands um diese späte Uhrzeit eigentlich üblich sein sollte: Der Sound ist einfach zu unspektakulär im Vergleich zu den wirklich großen satanischen Death-Metal-Bands wie VITAL REMAINS oder IMMOLATION. Im Publikum gibt es aber einige Fans, die solche Überlegungen nicht anstellen und kräftig feiern - allerdings hat sich die Zahl solcher Exemplare im Vergleich zu NEGURA BUNGET schon sichtlich vermindert.
Und die Zahl der treuen Fans nimmt noch weiter ab: Denn mit ANCIENT RITES folgt zwar eine der dienstältesten Old-School-Black-Metal-Bands dieser Tage, doch wirklich überzeugen können die 1989 gegründeten Belgier trotzdem nicht. Altbacken, so schallt ihr Sound von der kleinen Bühne aus herab ins Publikum. Das klingt zwar hart, doch wirklich viele Leute können die eigentlich sympathischen Jungs zu dieser späten Stunde einfach nicht mehr begeistern. So bleibt allein die Hoffnung, dass nur die Tagesform der Band keine gute war - und sie im Grunde doch noch zu den besseren Black-Metal-Bands unserer Zeit zählen. Ihre aktuelle CD "Rubicon" hat ja zumindest einige recht gute Kritiken eingefahren. Nur an diesem Abend ist von so viel gepriesener Herrlichkeit wenig zu spüren, bis auf ein cooles 'Fatherland' ganz am Ende. Doch ist die Nacht dadurch noch lange nicht ins Wasser gefallen, im Gegenteil: Das Partyzelt hat noch nach Sonnenaufgang geöffnet, Feierdurstige schwanken allenthalben. Dazu gibt es das Bild der Farbigen mit der Nazi-Flagge, das an manchem Intellekt zweifeln lässt. Wenigstens gibt es so genügend Lästerstoff während der Sauftour bis in die frühen Morgenstunden ...
- Redakteur:
- Henri Kramer