Herbstoffensive V - Weimar

15.10.2024 | 00:48

20.09.2024, Uhrenwerk

Beim Party.San-Ableger zerstört vor allem Headliner KANONENFIEBER das Weimarer Uhrenwerk.

Samstagmittag geht es für unsere Truppe erst einmal zum traditionellen Rouladenessen nach Arnstadt. Zurück in Weimar, eröffnen die Dresdner SCHAFOTT den zweiten Tag mit angeschwärztem Thrash Metal und keifendem Schlagzeuger. Danach legt sich bei den erst kurz vor Corona aktiv gewordenen Niedersachsen TEMPLE OF DREAD der massige Sänger Jens mit seinem ganzen Körpergewicht mächtig ins Zeug. Nur bei den im Gegensatz dazu recht zurückhaltenden Ansagen ist er in der Halle kaum zu verstehen. Doch die Ostfriesen haben sichtlich Spaß, der Basser marschiert grinsend durchs gesamte Publikum bis zur letzten Reihe, bangt mit den Fans und sammelt damit ordentlich Sympathiepunkte. Ansagen wie "das Party.San ist das beste Festival der Welt" tun ihr Übriges. Mit 'Enforcers Of The Vile' ist dann nach einer Dreiviertelstunde Schluss.

"You'll Never Walk Alone" schallt als Intro aus den Boxen, die nächste Band und das nächste Kraftpaket als Sänger. Bei den Italienern WHISKEY RITUAL marschiert der ebenfalls glatzköpfige Dorian Bones mit Sonnenbrille sowie Jeansweste auf die Bühne, legt eine selbstironische wie rotzige Attitüde an den Tag und "philosophiert" über typisch italienische Dinge: "Pizza, Pasta, Cocaina, Mafia." Musikalisch wechselt es zwischen rockig und schwarzmetallisch und pendelt sich schließlich bei Black'N'Roll ein. Dorian bezeichnet seine Band als die schlimmste Italiens, dabei hätten die Fünf aus Parma nur eine Regel: 'Eye For An Eye'. Immer wieder lässt er die Fans die Refrains mitsingen und vor der Bühne herrscht ordentlich Bewegung. "Black metal is for the working class", ruft Dorian und schiebt 'Blow With The Devil' hinterher. Überraschend partytauglicher Gig.

Dann kommt der heimliche Co-Headliner des heutigen Abends, schon den ganzen Tag ist GROZA in aller Munde. Die mit Baumsymbolen verzierte Bühne im dunklen Blau angestrahlt, das neue Intro 'Soul : Inert' erklingt, dann brettert das erst tags zuvor veröffentlichte 'Asbest' los. Denn wie schon bei KANONENFIEBER gibt's auch bei GROZA eine Live-Premiere. Aber natürlich lässt der Übersong 'Elegance Of Irony' ebenso nicht lange auf sich warten. Nebelfontänen schießen in die Luft, gefolgt von noch sehr viel mehr Nebel. Abwechselnd steigt die Saitenfraktion auf die Boxen, Sänger P.G. fordert schon früh Anfeuerung, reißt seinen Bass hoch – und hinterlässt auch einen Gruß an den vergangenes Jahr an Krebs verstorbenen Bandkollegen Mike. Die hinterbliebenen GROZA-Mitglieder gehen weiter ihren Weg, zwischen herzzerreißender Melancholie und wütender Raserei. Respekt!

Um halb neun ist dann nochmal Zeit für maskierten Black Metal, diesmal vom offiziellen Co-Headliner: Die Bühne anfangs wieder im düsteren Blau, dann zieht die Lautstärke ordentlich an, als THE COMMITTEE mit 'Lexi-Con – Radical' loslegt, um direkt im Anschluss ohne Umschweife schon recht früh im Set 'Man Of Steel' vom ersten Album nachzulegen. Die Strobos flackern, die Arme werden triumphierend hochgerissen. Erstmals fallen mir bei dem im Kern aus Belgien stammenden Abrisskommando bewusst die recht großen Becken am Schlagzeug auf, damit lässt sich's natürlich noch mehr scheppern. Es dauert eine gute halbe Stunde, bis zumindest mal kurz ruhigere Töne angeschlagen werden. Dann ein Stampfrhythmus, ein kurz angezähltes "eins, zwei, drei, vier" und 'Katherine's Chant'. Abriss!

Manchmal kann man einfach nicht aus seiner Haut. So muss ich beim abschließenden Headliner NAGLFAR noch immer an die guten, ganz alten Zeiten mit Frontwiesel Jens Rydén denken. Was der Band satte 20 Jahren später natürlich nicht gerecht wird. Mikro-Nachfolger Kristoffer Olivius hat längst seinen eigenen Stil gefunden und feuert die Fans nach dem Startschuss 'And The World Shall Be Your Grave' schon früh an. Auch wenn es rund eine halbe Stunde dauert, bis er sich mit einem lockeren "wie geht’s?" erstmals verbal an sie wendet. Das vorwärts rasende 'A Swarm Of Plagues' wird ausdrücklich den Party.San-Machern gewidmet – und wenn Chefveranstalter Mieze derweil am Halleneingang zum entspannten Schnack anzutreffen ist, trägt das zusätzlich zur familiären Atmosphäre der Herbstoffensive bei. Schade nur, dass die fünf Schweden keine Songs mehr von ihrem Durchbruchsalbum "Sheol" spielen (damals noch mit Jens am Mikro). Stattdessen bildet 'Harvest' den Abschluss eines gelungenen Wochenendes, das jetzt schon Vorfreude aufs nächste Party.San schürt.

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Redakteur:
Carsten Praeg

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