Hütte Rockt Festival 3 - Georgsmarienhütte

22.09.2009 | 18:43

28.08.2009,

"Hütte Rockt Festival 3" erfolgreich: Georgie rockt härter als der Headliner!

YOUR HANDS DIVINE @ Den zweiten Tag läuteten bereits zur Mittagszeit YOUR HANDS DIVINE ein, die einen scharf gewürzten Riffrock vorlegten, der sich durch recht überzeugende Melodien und eine leichte gesangliche Emocore-Schlagseite auszeichnete. Das Publikum hing zu dieser Stunde freilich noch in den zwischen Zelten und Heringen aufgespannten Seilen oder saß in zumeist kleineren Grüppchen vor der Bühne. Am besten passte in diese Stimmung denn auch ein ebenso spacig wie bluesig anmutendes Stück, dessen rhythmisches Wogen meine Ohren angenehmer umspülte als die vorangegangenen, auf Dauer mitunter doch etwas unspektakulären Töne.

LOCK @ Ebenfalls unspektakulär, wenn auch etwas härter waren die meisten der Klänge, die BLOCK im Angebot hatten - oder vielleicht einfach weniger für die Bühne gemacht? Wohl hypnotisch gedachte Riffs reihten sich zumeist ohne nennenswerte Auflockerungen und zum Großteil leider auch ohne meine Wenigkeit hypnotisieren zu können aneinander. Die gelungeneren Momente ließen aber immerhin die Vermutung zu, dass der Sänger sein TOOL-Shirt nicht nur nach modischen Gesichtspunkten ausgewählt hatte.

NEZZER @ Persönlich etwas enttäuschend, obschon versiert gespielt, fand ich die Darbietung von NEZZER, einer von mir in Sachen Erwartungen im Vorfeld deutlich höher gehängten Band, die das "Hütte Rockt" von Anfang an begleitet hat und somit ihr drittes Konzert auf diesem Festival spielte.

Fand ich die Stücke der Band aus der Konserve nicht nur ansprechend, sondern auch vielversprechend für eine ja oftmals noch energischer gespielte Livedarbietung, so blieb diese für meinen Geschmack dann doch etwas zu statisch. Fast schon zu routiniert agierte die Band, und erst mit dem vorletzten Stück kam - nicht nur rhythmisch, sondern auch motorisch - etwas mehr Bewegung auf die Bühne. So hätte ich mir von NEZZER mehr gewünscht, denn ihre Mischung aus Postpunk und Rock ist an und für sich keineswegs schlecht.

Keineswegs schlecht war - und das ist nun wirklich untertrieben! - vor allem aber der Auftritt von DA IMPACT. Mit klassischem Neunziger-Jahre-Stil-Crossover aus Rock und Rap spielte sich die Band mit Drive und Druck in der Gunst eurer POWERMETAL.de-Berichterstatter an Tastatur und Kamera bis ganz nach vorne und bestach nicht nur durch eine souveräne Bühnen-Performance, sondern auch durch die instrumentale Darbietung sowie die Stimmsicherheit ihres agilen Frontmanns.

DA IMPACT feat. Ragnar (RABENSCHREY) @

Hervorgegangen vor gut einem Dutzend Jahren aus einem zunächst reinen Hip-Hop-Act mit überwiegend elektronisch gelagerten Beats, welche nun eher zurückhaltend in den Gesamtsound integriert werden, bildete sich im Lauf der Jahre durch musikalische Öffnung, Erweiterung der Mitgliederzahl, Instrumentenwechsel etc. schließlich die heutige Besetzung der Band heraus. Da DA IMPACTs Stammgitarrist jedoch just bis zum Festival auf Urlaub war, hatte man bereits einen Monat zuvor Ragnar, den Bassisten von RABENSCHREY, mit dem sich DA IMPACT schon länger einen Münsteraner Proberaum teilen, für den "Hütte Rockt"-Gig gewinnen können.

Obwohl sie zu noch nachmittäglicher Stunde gegen die Vorabendmüdigkeit einiger Festivalgänger sowie den ersten etwas längeren Regenschauer des Tages anzuspielen hatten, lieferten die Jungs eine 1-A-Show ab, die wohl sämtliche Anwesenden begeistert haben dürfte.

Den DA IMPACT-Track 'My Life' vom aktuellen Album "Mindshake" kann man sich übrigens unter http://coolurl.de/?FreeMyLife kostenlos herunterladen.

REPLICA @ Als erster Publikumsmagnet des Vorabends erwies sich dann aber REPLICA, eine in jeder Hinsicht energetische Metalband mit professionellem Bühnengebaren und passablen Songs, die - zumindest vor Ort - allerdings von einer Coverversion des METALLICA-Hits 'Seek & Destroy' überschattet wurden.

In punkto Resonanz bei den Freunden der Hartwurstmusik zählte die Band, die nach ersten Anfängen im Jahr 1999 nun bereits seit fünf Jahren in konstanter Besetzung spielt, sicherlich zu den Größen des Festivals. Das Publikum bekundete seine Begeisterung mit Wall-Of-Death- und Circle-Pit-Aktionen.

Bereits 2007 erschien REPLICAs aktuelles zweites Album, dessen Stücke die Band hier erstmals live präsentierte. Für weitere Auftritte kann man die Band per E-Mail an flex_replica@arcor.de buchen.

BLACK TRAIN @ Metallisch ging's weiter mit BLACK TRAIN, deren Sänger sich akustisch leider überhaupt nicht durchsetzen konnte, und auch musikalisch fehlte der Band wohl noch das letzte Quentchen Routine. Des Weiteren wirkten die Drums gegenüber dem übrigen Instrumentarium im Gesamtklang für meinen Geschmack schon ein wenig zu laut. Dennoch kamen die Jungs von BLACK TRAIN sympathisch herüber und fanden trotz mittelprächtigen Sounds ein dankbares Publikum. Dieses war nun auch endgültig wieder wach, so dass einer weiteren Wall Of Death ebenso wenig im Wege stand wie einer nahezu BACKSTREET BOYS-verdächtigen Tanzchoreographie diverser vor der Bühne befindlicher Metalheads. Stumpf ist Trumpf, und am besten feiert es sich noch immer auf niedersächsischen Wiesen im Grünen. Einzig der Wettergott schien das an diesem Samstag nicht ganz so zu sehen, sondern ließ zwischendurch den einen oder anderen Schauer auf die Festivalbesucher hernieder, deren Altersspektrum am zweiten Tag übrigens etwas breiter ausfiel als noch am ersten.

XAJA @ Dass sich bei XAJA zahlreiche Besucher im Schüleralter vor der Bühne versammelten, könnte jedoch auch der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass nicht nur die FROG BOG DOSENBAND einen Lehrer zu den ihren zählte. Neben ihren Fans brachte die Band am "Familientag" jede Menge harten Rock mit - und eine Mordsgaudi vor und auf die Bühne.

Bereits seit 1990 sind die XAJAner mit ihrem Hardrock-'n'-Roll unterwegs und geben sich immer noch hungrig, auch auf Interaktion mit dem Publikum, in dessen Mitte man einige Ausflüge unternahm. Das Publikum dankte es, indem es sich selbst von einem während des XAJA-Gigs einsetzenden Regenguss nicht schrecken ließ, was wiederum mit einem Regenbogen vergolten wurde, an dessen Ende der Bierwagen stand.

Kurzum: Der XAJA-Gig machte wirklich Laune. Sämtliche Bandmitglieder erwiesen sich als echte Bühnenprofis, teils sogar waschechte Rampensäue, und ihre energetische Darbietung ließ glatt vergessen, dass die laut eigenem Bekunden von AC/DC und ROSE TATTOO beeinflusste Musik - an und für sich - gar so spektakulär dann doch nicht war. Doch wie sangen schon die STONES? "I know, it's only rock 'n' roll, but I like it, like it, yes I do!"

SERUM 114 @ Ebenso vom Publikum gemocht wurde die Punkrockband SERUM 114, die mit Mitgrölhymnen, sarkastischen Texten und Publikumsnähe mindestens ebenso glänzen konnte wie ihre Bühnenvorgänger. Die Band wusste Eingängigkeit mit einer starken Performance zu verbinden, und dass ihre Kantigkeit eher im Textgut als in dessen musikalischem Vehikel steckt, kam der Livedarbietung sicherlich zugute. Merke: Hinter einer glatten Oberfläche verbirgt sich mitunter eine bittere Pille, was freilich nicht immer die schlechteste Medizin sein muss.

Ob das Ganze auch aus der Konserve und auf Album-Länge funktioniert, ist eine andere Frage. Live ließ SERUM 114 jedenfalls nicht nur die Beine, sondern dank Frontmann Esches agilen Sprints über den Rasen zudem auch die Augen des Publikums tanzen. Böse Zungen behaupten, der Gute sei bald mehr vor der Bühne unterwegs gewesen als darauf.

Ebenfalls was fürs Auge bot die RAMMSTEIN-Coverband HERZLEID, HERZLEID @ die bei den Festivalgängern außerordentlich gut ankam, von mir persönlich, der ich schon kein Fan des Originals bin, jedoch eher als durchwachsen wahrgenommen wurde (durchaus eindrucksvoll: 'Mein Teil'; eher dröge: 'Du riechst so gut'). Auf jeden Fall wurde pyrotechnisch großzügig ausgeteilt (ein Novum auf dem "Hütte Rockt Festival"), und das tat - zumindest in den ersten Reihen - bei den zu vorgerückter Stunde dann doch schon etwas tieferen Temperaturen allemal gut.

Die vorgerückte Stunde stellte dann auch an das "Familientag"-Publikum etwas andere Ansprüche. So führten die Bühneneskapaden der HERZLEIDenden bei 'Bück dich' zur kindlichen Nachfrage: "Mama, was macht der Mann da?" Mit Bienen und Blumen hatte das jedenfalls wenig zu tun.

Der Gedanke an eine RAMMSTEIN-Coverband hatte mich im Vorfeld trotz absehbarer Pyroshow nicht gerade heißgemacht, im Nachhinein muss ich aber konstatieren, dass HERZLEID sich für die zahlreich vertretenen Fans sowohl des Originals als auch ihrer selbst wirklich ins Zeug gelegt haben und einen insgesamt recht soliden Gig ablieferten, dessen Sympathiepunkte freilich nicht zuletzt aus der zwischen Statik und Theatralik schwankenden Bühnenshow resultierten.

J.B.O. @ Als solide ließe sich mit viel gutem Willen zwar auch der Auftritt von J.B.O. bezeichnen, und zumindest an den zahlreichen positiven Reaktionen der Fans vor Ort gemessen war er das wohl tatsächlich. Tatsache ist indes aber auch, dass J.B.O.s Set ziemlich überraschungsarm, routiniert (um nicht zu sagen: durchexerziert) sowie weitaus weniger enthusiastisch über die Bühne ging, als das durchaus enthusiastische Geschehen vor selbiger hätte glauben machen können. Doch zu viel unmotiviertes Gelaber seitens J.B.O. ließ eher auf ein Zeitspiel schließen, als auf Begeisterung, "Georgie" - wie Georgsmarienhütte kurzerhand umgetauft wurde - an diesem Abend rocken zu dürfen. Auch ein schnell wieder vergessener, laut eigenem Bekunden von der Band selbst verfasster Song vom neuen Album, eingestreut zwischen all die zahlreichen Coverversionen des Abends von und mit expliziter Lyrik, machte mich nicht gerade neugierig auf die nächsten zwanzig Jahre in der Diskografie der feuchtfröhlichen Franken.

Professionalität hin, Spaßband her - von einer Institution wie J.B.O. sollte man im Jubiläumsjahr selbst nüchtern etwas mehr erwarten können als aufgeräumt heruntergespielten Dienst nach Vorschrift. Immerhin: Der mit einem gehörigen Schuss Pathos auf MANOWAR gemünzte Titel 'Verteidiger des Blödsinns' scheint im Jahre 2009 mit dem persiflierten Original mithalten zu können; einzuschätzen, ob das jedoch noch als Kompliment durchgeht, fühle ich mich freilich nicht berufen.

J.B.O. @ "Hütte Rockt Festival 3"Insgesamt aber kann das "Hütte Rockt Festival" in seiner dritten Runde auf jeden Fall als gelungen betrachtet werden. Und auch die nächste Ausgabe, welche aufgrund des Regendesasters vom Vorjahr anfangs noch auf wackligen Füßen stand, darf inzwischen - dank jeder Menge guter Laune, angemessener Besucherzahlen und rund 7.000 Litern Bierumsatz plus ungezählter Flaschen Softdrinks - als so gut wie gesichert gelten. Zur guten Stimmung trugen, neben den überwiegend soliden bis teils wirklich sehr guten Auftritten der Bands, auch ein ebenso begeisterungsfähiges wie friedliches Publikum, sowie die in jeder Hinsicht zu lobende Organisation des Festivals bei. Kleinere Pannen wie kurzzeitige Stromausfälle wurden im Handumdrehen behoben, die Versorgung der Festivalgänger, insgesamt wie auch im VIP-Bereich, mit Essen, Trinken und sanitären Einrichtungen war wirklich vorbildlich, und bis auf einen einzelnen, im Angesicht der Pyroshow von HERZLEID deutlich zu gestresst agierenden Securitymann, gab es wirklich nichts, was die Stimmung hätte trüben können.

Auch wenn den Organisatoren noch einige Besucher mehr zu wünschen wären, trägt gerade auch die noch immer familiär wirkende Größenordnung des "Hütte Rockt Festivals" einiges zu dessen Charme und Flair bei. Obwohl mein persönliches Highlight die wirklich durchweg begeisternde Show von DA IMPACT bleibt, konnten EAT THE GUN, REPLICA und XAJA ebenso ihren Stich sowohl bei mir als auch beim Publikum machen, schließlich auch die Gruppen BLACK TRAIN, SERUM 114, insbesondere aber HERZLEID sowie die Trias der Spaßacts MAMBO KURT, FROG BOG DOSENBAND und J.B.O. die Anwesenden in großer Schar zum Feiern bringen. Dass mit den SACKRATTEN zudem noch für eine weitere Abwechslung im stilistisch ohnehin schon breit gefächerten Bandlineup gesorgt wurde, machte das "Hütte Rockt 3" zu einer besonders bunten Angelegenheit. Wer ein kleineres Rockfestival im beschaulichen Rahmen, bei guter Stimmung in lockerem Ambiente und abseits des ganz großen Rockzirkus erleben möchte, ist bei "Georgie" also genau richtig.

Auf ein Wiedersehen in 2010!

Redakteur:
Eike Schmitz

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