IN EXTREMO, KORPIKLAANI und RAUHBEIN - München
29.12.2024 | 13:4027.12.2024, Zenith
Den Weihnachtsstress im Zeichen des Folk-Metals einfach mal wegtanzen.
Weihnachten um einen Tag zu verlängern, ist einfach eine fantastische Idee. Vor allem, wenn sie nicht mit zu viel Essen und Geschenken, sondern mit einem Konzert verbunden ist. Heraus aus der Völlerei, hinein in die Meute und das Tanzbein schwingen, um die Trägheit der Feiertage loszuwerden. Es scheint so, als haben viele ähnlich gedacht, denn am 27. Dezember 2204 ist das Zenith in München ausverkauft. IN EXTREMO steht auf dem Programm und präsentiert live das neue Album "Wolkenschieber".
Los geht es jedoch erstmal mit RAUHBEIN. Die gleichnamige Band um den Musiker Henry M. Rauhbein, hat an diesem Abend besonders große Freude. Denn mit "Adrenalin" veröffentlicht RAUHBEIN am selben Tag den dritten Longplayer, was natürlich gebührend gefeiert werden soll. Damit gehört die Truppe so langsam nicht mehr zu den Neulingen in der Folk-Rock-Szene und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Das wird sofort an den Publikumsreaktionen bemerkbar, bei den sehr melodisch gestalteten Songs und den eingängigen Texten fällt das Mitsingen leicht. Angeheizt wird die gute Laune durch etliche Mitmach-Parts in Sachen Singen und Klatschen. Für mich ist es etwas zu viel, aber die Menge steht drauf und so herrscht prächtige Stimmung. Die Band tritt äußerst sympathisch auf, vor allem der kurze Gastauftritt von Crew-Mitglied Max.
Dieser wirft die berechtigte Frage auf, wer in Bayern Bier aus grünen Flaschen trinkt. Allgemeines Gelächter ist die Folge. Passend dazu bringt er nun braune Flaschen des leckeren Gesöffs mit und kassiert die grüne Flasche von Henry ein. Logischerweise werden am Releasetag viele Songs des neuen Longplayers "Adrenalin" gespielt. Lapidar meint Henry Rauhbein, dass es das Wichtigste an neuen Songs sei, dass diese gemeinsam beendet werden. Das Ziel erfüllen die fünf Jungs problemlos! Nachdem sich Micha von IN EXTREMO zu einem kurze Gastauftritt bei 'Typen wie wir' hinreißen lässt, endet der Gig nach 35 Minuten. Das Publikum ist glücklich und fordert vehement eine Zugabe. Diese gibt es dann natürlich von der "schnellen Kapelle".
Deutlich länger im Geschäft als RAUHBEIN ist die finnische Kombo KORPIKLAANI, die als zweiter Support auftritt. Was einen bei dem Sextett erwartet, ist klar: eine metallische Folk-Party, bei der Lieder über Alkohol und Sauna präsent sind. Deswegen macht die Crew während der Umbaupause auch alles richtig. Es werden sofort braune Bierflaschen bereitgestellt, die stilecht mit dem Deckel von Wasserflaschen geöffnet werden. Der Versuch, eine große Folk-Party zu starten, gelingt KORPIKLAANI zumindest teilweise. Der eine Teil des Publikums ist begeistert, was besonders durch fröhliche Gesichter und Kopfnicken zum Ausdruck gebracht wird. Denn Mitsingen ist bei den finnischen Texten sehr schwierig - abgesehen beim witzigen BONEY M-Cover 'Gotta Go Home'. Der andere, jedoch kleinere Teil des Publikums, wirkt vom Auftritt von KORPIKLAANI sichtlich verstört. Einige stehen selbst in den vordersten Reihen mit verschränkten Armen da oder gucken gelangweilt und missmutig. Natürlich ist die Musik nicht jedermanns Sache und das IN EXTREMO-Publikum ist in den letzten Jahren durch Lieder wie 'Sternhagelvoll' deutlich mehr im Mainstream abseits der Metal-Szene angekommen. Verdient haben die Finnen diese Reaktionen aber nicht. Denn sie legen für einen Support einen wirklich guten Gig hin. Nur ein einziger kleiner Makel bleibt: Der Bandklassiker 'Beer Beer' - von dem es übrigens sogar mal eine Tour-CD mit 14 unterschiedlichen Versionen des Songs gab - wird nicht gespielt.
IN EXTREMO leitet den Auftritt mit einem ohrenbetäubenden Knall ein, mit dem das Intro beginnt. Es ist der Anfang des Songs 'Ólafur', die zweite Single des aktuellen Albums "Wolkenschieber". Währenddessen betritt das Sextett die Bühne und steigt zur Mitte des Liedes mit ihren Instrumenten voll ein.Als sehr Mittelalter-orientierter Track ist dies ein gelungener Einstieg. Anschließend feuert die Band ein paar Klassiker wie 'Spielmannsfluch', 'Nur ihr allein' oder 'Vollmond' heraus. Fans der älteren Alben kommen also voll auf ihre Kosten. Zum folgenden 'Weckt die Toten' entert Henry Rauhbein die Bühne und gibt dem Song, wie schon bei der Albumversion, eine schöne Nuance. Anschließend spielt sich IN EXTREMO quer durch die Diskographie. Mit Ausnahme von 'Ai Vis Lo Lop' und 'Küss mich' werden ausschließlich Songs der letzten 20 Jahre und somit ab dem Album "Mein rasend Herz" dargeboten. Es wird deutlich, dass diese Songs die Band in den vergangenen Jahren haben wachsen lassen, denn das Publikum will genau diese Hits, wie 'Wolkenschieber', 'Belladonna', 'Störtebeker' oder 'Rasend Herz' hören und feiert sie ab. Deswegen ist die Truppe aus Berlin im 30. Jahr ihres Bestehens so populär und erfolgreich wie noch nie. Dass dies auch live auf Kosten der ursprünglichen mittelalterlichen Einflüsse geht, ist hinlänglich bekannt.
Sänger Micha betont, dass sie nach wie vor großen Spaß an ihrer Musik haben und ansonsten wohl auch nicht mehr auf der Bühne stehen würden. So etwas lässt sich schnell sagen, aber man nimmt es IN EXREMO in jeder Sekunde des Konzertes ab. Es sind die kleinen, nicht durchchoreographierten Gesten, die kurzen Zeichen und das spontane Lächeln und Lachen auf der Bühne, die beim Zuschauen einfach Spaß machen. Und wie Dudelsackspieler Dr. Pymonte auch nach vielen Jahren das Weintrinken ganz nebenbei auf der Bühne zelebriert und Spaß mit seinem als Sommelier auftretenden Roadie hat, ist einfach herrlich.
Den Abschluss des Hauptsets bildet 'Frei zu sein', das frenetisch gefeiert wird. Anschließend beginnt die Zugabe mit 'Sternhagelvoll', auf die offenbar ein Großteil des Publikums gewartet hat. Es ist vielleicht der absolute Stimmungshöhepunkt des Abends. Nach 'Feuertaufe' schließt IN EXTREMO das Konzert mit 'Pikse Palve', bei dem auch noch einmal KORPIKLAANI und RAUHBEIN auf die Bühne dürfen, ab. Ein gelungener Abend im Zeichen des Folk-Metals geht damit zu Ende. IN EXTREMO hat gezeigt, dass die Band live eine Macht ist.
Mit viel Bewegung und ausgelassener Stimmung dürfen nun wieder die nächsten Feiertage kommen, Silvester steht ja bekanntlich schon vor der Tür. Allerdings spielt IN EXTREMO leider nicht nochmal am 02.01.2025 in München, um auch diese Feiertage wegzuschütteln. Dafür ruft die Band für 2025 schon die nächsten Festtage aus. Denn im September 2025 wird IN EXTREMO mit einem eigenen dreitägigen Festival samt vieler Freude und Gäste das 30-jährige Jubiläum auf der Freilichtbühne der Loreley feiern.
Fotocredit: Dominik Feldmann
- Redakteur:
- Dominik Feldmann