JADED HEART, DARKER HALF, FIRE ROSE - Augsburg
18.10.2023 | 22:2517.10.2023, Spectrum
Ein Wochentag im Herbst, zu dem man gepflegt gerockt werden könnte.
Ja, wir müssen morgen alle arbeiten, aber wenn uns drei Bands insgesamt beinahe drei Stunden lang musikalisch unterhalten wollen, könnte man ja mal den Hintern hochkriegen. Leider sind heute Abend nur etwa 40 Personen anwesend, ein offensichtlich erwarteter Umstand, den ich gleich bemerke, als ich ins Spectrum komme, denn es stehen ausgesprochen viele Tische und Stühle bereit. Wenn der Laden voll wird, gibt es zwei, drei Stehtische, wenn nicht, füllt man den Platz eben mit weiterem Mobiliar, dann sieht es nicht so leer aus. Schade, 29 Euro für das Paket empfinde ich eigentlich nicht als zu teuer, trotzdem ist es blöd, dass wir, Fotograf Noah und ich sowie meine Ehefrau, die ich mit melodischem Metal immer locken kann und die uns deshalb begleitet, recht weit vorne einen freien Tisch besetzen können.
Pünktlich zum angekündigten Beginn legt FIRE ROSE los. Ich kenne die Band nicht, erfahre aber gleich mehrere Dinge. Zum einen sind die Jungs Schweizer aus dem Gebiet Basel, wie ich später herausfinde, und zum anderen macht man kernigen Hardrock. Das ist zwar nichts komplett Neues für eidgenössische Bands, aber FIRE ROSE macht das ganze etwas flotter und mit schönen doppelten Gitarrenriffs. Die Band ist viel in Bewegung, manchmal müssen sie aufpassen, nicht zu kollidieren, wenn mal wieder ein Seitenwechsel angesagt ist. Und Sänger Philipp Meier hantiert gerne gefährlich hoch mit seinem Mikroständer, aber Unfälle bleiben aus. Leider empfinde ich Philipp als Schwachpunkt der Band, anfangs klingt er häufiger knapp neben der Melodie-Spur, und auch wenn es sich im Laufe der 40 Minuten legt, bin ich nicht ganz überzeugt. Das liegt aber vielleicht auch am Sound, denn so richtig klar wie die späteren Vokalisten kommt er nicht durch. Dafür aber die beiden Gitarristen, die wirklich schöne Melodien in einige der Lieder zaubern. Manchmal überstrahlen sie dabei auch die Gesangsmelodie. Das Tempo wird gut variiert, die Band, die überhaupt ziemlich viel Spaß zu haben scheint, ist sehr unterhaltsam und ein passender Einheizer, auch wenn sie am Ende nur die Bronze-Medaille des Abends bekommen wird. Aber immerhin ein guter Dritter, der nur eben anschließend noch getoppt werden wird.
Aber zuerst einmal ist Pause. Der Umbau jedoch geht so schnell, dass wir überrascht sind, als bereits zehn Minuten später die zweite Band an den Start geht. DARKER HALF ist mir ebenfalls unbekannt, aber ich habe zuvor recherchiert, dass man bereits seit eineinhalb Jahrzehnten durch die Musikgeschichte geistert. Das letzte Album ist allerdings schon ein paar Jahre her und die Band hat kein weiteres im Gepäck. Seltsam, aber wenn die Burschen die weite Reise auf sich nehmen, möchte ich nicht motzen. Denn DARKER HALF kommt aus Sydney, Australien, also nicht gerade um die Ecke, um mal eben eine Kurztour mit sieben Auftritten zu spielen. Aber es ist gut, dass sie es gemacht haben, denn gleich der Opener 'Falling' ist ein Kracher! Melodischer Metal, der mich nicht selten eher an die USA denken lässt als an Down Under. Dazu möchte ich empfehlen, mal die Fotos anzusehen, denn die Musiker machen totale Action auf der Bühne! Der kahlköpfige Gitarrist Danny Ritz ist durch die lange Reise wohl gar nicht müde und hüpft über die Bühne und macht ständig irgendwelche Aktionen. Im Folgenden erleben wir 45 Minuten wirklich tollen Metals, der mal völlig großartig wie 'Glass Coloured Rose' und 'From Desaster' über sehr gut wie 'Into The Shadows', 'Heaven's Falling' und 'The Bittersweet Caress' bis zum düsteren 'If Only You Knew' reicht. Nur 'Thousand Mile Stare' finde ich nicht so zwingend, aber vielleicht kommt das noch, wenn ich das aktuelle Album ein paarmal gehört haben werde, denn das musste ich gleich mal einsacken. DARKER HALF live ist wirklich zu empfehlen, eine Band bestehend aus einem variablen Drummer, einem ADHS-geplagten Gitarristen, dem Masterposer am Bass und einem sehr vielseitigen Sänger, die 45 Minuten lang mitreißenden Heavy Metal zelebrieren und dabei durchaus härter zu Werke geht als auf Konserve. Noch dazu wird gelacht und verschiedene Faxen veranstaltet, dass man als Zuschauer neben dem Rocken auch mitlachen muss. Coole Truppe.
Nun, da muss sich der Headliner natürlich anstrengen. Aber bei JADED HEART wissen wir ja alle, was uns erwartet, deretwegen sind wir schließlich hier. Ungewöhnlich ist das Outfit von Sänger Johan Fahlberg, der tatsächlich in schwarzem Anzug komplett mit schwarzem Hemd, Weste und Krawatte auftritt. Okay, ich weiß, wir tragen schwarz, bis jemand etwas dunkleres erfindet, aber das ist doch keine Beerdigung hier! Das macht Johan aber auch schnell klar und die Band beginnt mit dem fetzigen 'Stand Your Ground'. Eines ist sofort klar, JADED HEART ist die erfahrenste, abgeklärteste, professionellste Band auf dem Billing. Hier weiß jeder, was er tut, die Performance ist einfach gut. Dazu ist Fahlberg auch der beste Live-Sänger des Abends und die schwedisch-deutsche Truppe lässt heute auch eine starke Setliste vom Stapel. Dabei fällt mir auf, dass ich zwar ein halbes Dutzend Scheiben von der in Duisburg gegründeten Band im Regal stehen habe, aber mir mehrere der neuen Alben fehlen. Nach dem, was ich höre, sollte ich das mal ändern. JADED HEART scheint deutlich härter, metallischer geworden zu sein. Damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet. Bei 'Lady Spider' wird es sogar mal wirklich schnell!
"Alter Schwede 1", wie Johan im Laufe des Abends benannt wird, vermag das leider wenig zahlreiche Publikum zu animieren und verbreitet einfach Spaß, was auch für die ganze Band gilt, die sich immer wieder in Pose wirft, aber auch gegenseitig foppt. Wie er sagt, "es ist Dienstag mit großem Spektakel auf der Bühne". Ja, das kann man so stehen lassen. Fünfzehn Lieder bekommen wir zu hören, darunter auch ein paar alte Klassiker wie 'Love Is A Killer' und 'Freedom Call' von "Perfect Insanity" und sogar das ganz alte 'Paid My Dues'. Natürlich ist die Lautstärke, mit der die Band sich zu Zugaben zurückholen lässt, wegen des geringen Publikumsaufkommens eher mau, aber das hält die Jungs um Gründungsmitglied Michael Müller natürlich nicht ab, die beiden letztgenannten Lieder zum Abschluss zu spielen und nach 70 Minuten einen sehr guten Auftritt zu beenden.
Nicht nur JADED HEART war gut, auch die beiden Vorgruppen haben den Abend gelungen gestaltet, das Package ist das Eintrittsgeld wahrlich wert. Das einzige, was wieder auffällig war, ist das, was Julian vor kurzem bereits angesprochen hatte: Warum müssen die Keyboards vom Band kommen? Hey, das ist Metal. Bringt einen Tastenmann mit oder lasst die Keys einfach weg. Hat man meist eh nicht wirklich gehört.
Sonst gibt es nichts zu meckern. Leute, unterstützt die kleinen Tourneen, sonst wird es sie irgendwann nicht mehr geben. JADED HEART ist noch eine Woche lang auf Tour, schaut sie euch an!
- Redakteur:
- Frank Jaeger