KAMCHATKA - Kufstein

03.03.2014 | 19:16

26.02.2014, Kulturfabrik

Mitreißender Bluesrock-Abend in einem schönen Club!

Ich bin das erste Mal in der Kulturfabrik in Kufstein. Es ist ein sehr schöner Club mit einem abgetrennten Barbereich, es gibt sogar Kleinigkeiten zu essen und im Eck steht ein Kicker. Ich fühle mich sofort wohl. Ich denke mir, dass dieser Mittwoch-Abend mit KAMCHATKA von der Zuschauerzahl recht beschaulich werden wird, doch es finden sich am Ende erstaunlich viele Zuschauer aus diesem kleinen österreichischen Städtchen ein.

Als Einheizer fungiert MIDRIFF, eine vielversprechende Tiroler Band, die sich auf kraftvollen Heavy Rock spezialisiert. Energetisch und mit gutem Sound rifft es aus den Boxen und die raue Stimme von Drummer und Sänger Paul kann mich trotz seiner Krankheit voll und ganz überzeugen. Klar muss man als Vorband darum kämpfen, sich das Publikum vor die Bühne zu holen, und eine Handvoll Leute sagt zu einem kleinen Flascherl gesponsorten Jägermeister auch nicht nein. Sänger Paul stösst dabei mit Erkältungstee an. That's Rock 'n' Roll.

Dann aber KAMCHATKA. Die drei Schweden (Thomas Juneor Andersson, Tobias Strandvik und Neumitglied Per Wiberg) präsentieren ihr neues Album "The Search Goes On", welches auch der Grund für mein Hiersein ist. Sowohl Band als auch Publikum brauchen zwei, drei Songs zum Auftauen. Es scheint eine unsichtbare Energiebarriere zwischen Bühne und Publikum zu bestehen, bis beim Ohrwurm 'Thank You For Your Time' zwei zappelige Banger der Energie und dem Charisma der Band nicht mehr widerstehen können und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Der Bann bricht dann vollends beim schönen 'Cross The Distance', das am Ende zu einer bluesigen Improvisationsession ausgeweitet wird. Schnell wird klar, dass KAMCHATKA nicht irgendeine von unzähligen neuen Retro-Bands ist, sondern professionelle Vollblutmusiker mit jeder Menge Spaß in den Backen. Man merkt, dass sich die Band im Laufe der Tour aufeinander eingespielt hat und jeder auf jeden spontan reagieren kann. Das dezente DEEP PURPLE-Feeling, das auf den neuen Scheibe vorherrscht, fällt mir live weniger auf, dafür wird der bluesrockige Einschlag im Laufe des Konzerts immer prägnanter.

Die Band merkt, dass das Publikum sehr auf die langen, sich dymanisch aufbauenden Improvisations-Sessions abgeht. Einige Mädels tanzen sich in Extase und Thomas Andersson (Foto links; alle Fotos von Birgit Schwaighofer) zeigt, dass er seine Gitarre perfekt beherrscht. Was dieser bärig-bärtige Altrocker so an Soli und Licks raushaut, lässt immer wieder stauen und das Publikum reagiert mit heftigem Beifall. Was aber auch an der fantastischen Rhythmusarbeit von Per Wiberg am Bass und Tobias Strandvik an den Drums liegt. Ich höre jedenfalls kein einziges Mal Standard-08/15-Beats, nein, das ist alles versatil und gekonnt, aber auch keine Minute lang kompliziert. Es ist die hohe Kunst der Rockmusik! Endlich mal eine Band, die auf der Bühne zusammen spielt. Zusammen. Spielt.

Für die Zugabe fragt man das Publikum, ob es denn Blues mag und die Band schlägt vor, einen unveröffentlichten Song aus den "Search"-Sessions zu spielen, eine klassische Bluesnummer mit jeder Menge Freiraum für ellenlange Soli. Und kein einzige Zuschauer ist hiervon auch nur einzige Sekunde lang genervt, jeder Ton wird aufgesaugt und man geht nach Hause, als wäre man Zeuge einer der legendären CREAM- oder TEN YEARS AFTER-Shows Ende der Sechziger geworden. Mittwoch abends in Kufstein. Muss man gesehen haben. Toll!

Setlist: Coast to Coast, Tango Decadence, Thank You For Your Time, TV Blues, No, Perfect, Dragons, Son Of The Sea, Pressure, Broken Man, Out Of My Way. Zugabe: Improvisierter Blues

Mein Dank geht an Birgit Schwaighofer (Foto Schwaighofer), die uns ihre Fotos zur Verfügung gestellt hat.

Redakteur:
Thomas Becker

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