Kaltenbach Open Air - Spital am Semmering
12.08.2009 | 12:0317.07.2009,
Das metallische Ereignis in den österreichischen Bergen bietet auch im Jahr 2009 eine Menge Highlights und Extreme!
Es regnet und regnet und regnet immer mehr, als ich Samstagmorgen einen Blick aus dem Fenster wage und mir innerlich auf die Schulter klopfe für die weise Entscheidung, mir ein Hotelzimmer gebucht zu haben. Denn bei dem Regen ist die Schlammschlacht vorprogrammiert, und dass das neue Gelände ein Hochwasser-Auffangbecken ist, ist bei dem Wetter auch nicht von Vorteil. Zum Glück geht der Bach ganz knapp nicht über, trotzdem stehen zahlreiche Zelte unter Wasser, die Besucher sind durchnässt, und die Kälte macht es nicht wirklich besser. Das Wetter ist über Nacht von sommerlichem Hochgenuss zu trübem Herbstwetter übergegangen, und der heftige Regen hört erst am späten Nachmittag wieder auf. Da haben sich allerdings schon viele Besucher (inklusive meines Mitschreibers) aufgrund der schlechten Verhältnisse auf den Heimweg gemacht, und so stehen die ersten Bands des Tages vor einer Hand voll hartgesottener Besucher, die eingewickelt in Mülltüten und sonstiges wasserdichtes Material die lokalen Heroes abfeiern.
Gegen 16.00 Uhr hört es endlich auf zu pissen, und pünktlich zu LIVIDITY kommt sogar die Sonne raus. Die Porngrind-Partie aus Amiland macht ihrer Stilbezeichnung dann auch gleich mal alle Ehre und begrüßt die Kaltenbach-Meute mit so netten Ansagen wie "We bring the songs, now you bring us the pussy!". Na wer's mag ... Die mutigen Dagebliebenen scheinen die lustigen Amerikaner zu mögen, und langsam füllt sich das Gelände wieder, inklusive guter Laune und ein klein wenig Sonnenschein!
EVOCATION wärmen uns weiter auf und bieten eine energiegeladene Show mit coolem Schweden-Death und einer Menge Spielfreude. Vor allem der sympathische Frontmann Thomas Josefsson heizt die Menge immer wieder an, steigt auf die Monitorboxen und fuchtelt wie wild mit seinem mit Totenköpfen verzierten Mikroständer rum. Musikalisch haben sich EVOCATION stetig weiterentwickelt und bieten qualitativ hochwertigen Death Metal mit typisch schwedischen Gitarrenriffs und gutem Groove, der auch live einige Matten zum schwingen bringt!
Die Texaner ABSU geben sich das erste Mal seit zwölf Jahren wieder in Österreich die Ehre. Mit einem abwechslungsreichen Querschnitt des bisherigen Schaffens kann die sich mit dem Aufhören des Regens mehrende Zuhörerschar überzeugt werden. Soundtechnisch derb, erfrischend unmodern und ähnlich der Alben – und wer diese kennt, weiß, was ich meine: Knallend ohne Ende lassen die Vier nichts anbrennen.
Mit 'An Involution Of Thorns' vom Debütalbum geht es sechzehn Jahre in der Bandgeschichte zurück. Klassiker wie 'Thunder & Leather' und das überirdische 'Highland Tyrant Attack' verfehlen dann ihre Wirkung nicht. Selbst an das Zehn-Minuten-Opus 'Apzu' trauen sich die Herren rund um Bandurgestein Proscriptor ran. Wenn auch nicht mit demselben Hitpotenzial wie die alten Klassiker ausgestattet, fügen sich auch ein paar neue Songs ganz gut in die Songauswahl anno 2009 ein.
Erwähnung finden sollten zu guter Letzt auch die einmaligen, konsequent durchgeknallten und wohl für so manchen der zahlreich anwesenden hartgesottenen Neo- und Brutal-Death-Metaller peinlichen Ansagen – wobei hier "Ansagen" Hilfsausdruck ist. CRADLE OF FILTH-Frontquietscher Dani erschiene neben Drumtier und Oberkeifer Proskriptor wie ein Lehrbub.
[Gregor Marboe]
Lang ist's her, seitdem ich die Schweden THYRFING das letzte Mal gesehen habe (Summer Breeze 2006), und umso gespannter bin ich, wie sich die Band mit neuem Frontmann, Ex-NAGLFAR-Sänger Jens Rydén, präsentiert. Jens hat schon zu seinen NAGLFAR-Zeiten mehr als einmal bewiesen, was für ein charismatischer Frontmann er ist, und das ändert sich auch bei THYRFING nicht! Nicht nur, dass der Herr vorzüglich grölen kann, nein, er interagiert auch wunderbar mit dem Publikum (und zu meiner großen Freude auch mit den Fotografen) und zeigt seine Wikingerposen.
THYRFING spielen sich quer durch ihre musikalische Geschichte, präsentieren Neues und Altes in gewohnt routinierter, jedoch nie langweiliger Manier und stellen mit ihrem authentischen Ur-Wikinger-Sound sämtliche Newcomer des mittlerweile sehr gefragten Genres in den Schatten.
Setliste:
Voyager
Kaos Återkomst
En Sista Litania
Far Åt Helvete
Ur Askan Ett Rike
Griftefrid
Digerdöden
Nach dieser epischen Vorstellung bieten die Black-Metal-Proleten von BELPHEGOR einen kleinen Stimmungsstilbruch und verwöhnen ihre Fans nicht nur mit das Image pflegenden, wohl eher unfreiwillig komischen Ansagen und einer astreinen Performance. Man mag von der Band halten, was man will, aber spielen können die Burschen auf jeden Fall, und so prügelt sich der österreichische Exportschlager in Sachen Extrem-Metal durch ein beachtlich schnelles Set, welches vor allem neuere Songs beinhaltet.
Frontsau Hellmuth begeistert das Publikum immer wieder mit seinen Ansagen, die am Anfang seltsamerweise auf Englisch daherkommen (wie schon erwähnt: unfreiwillig komisch dank breitem Dialekt im diabolischen Sprachschatz). Die Fan-Animation à la BELPHEGOR wechselt aber schnell ins Deutsche (vielleicht liegt's am "Red Deitsch"-Plakat im Publikum?), und Hellmuth intoniert sogar noch einen "Fuck, ihr Ficker"-Chor. Niveau, ich suche dich! Aber egal, bei Songs wie 'Lucifer Incestus' und Co. freuen sich die "Ficker" auf jeden Fall. So lustig kann Black Metal sein!
EINHERJER sind nach dem Inferno von BELPHEGOR eher auf der ruhigen Seite. Genauso wie bei THYRFING kommen Fans von epischen Pagan-Wikinger-Klängen mit Kult-Faktor wieder voll auf ihre Kosten. Hier genießt man die elegischen Stücke, das besondere Flair der Musik, das perfekt zur Wald-und-Berge-Umgebung passt und einen von innen aufwärmt (sehr gut bei der Kälte!). Leider versagt zu Beginn der Show eine Gitarre, weshalb die Band die ersten paar Songs mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, bevor sie erst richtig zeigen kann, was sie draufhat. Ein Auftritt der zum Träumen verleitet!
Nach einer ewig lang erscheinenden Umbaupause, in der nicht nur mir einfach viel zu kalt ist (zum Glück schenkt man im Pressezelt Glühwein aus), erscheinen die Headliner des Tages auf der Bühne. Mal wieder AMON AMARTH. So beliebt die Schweden rund um Oberwikinger Johann Hegg auch sind, mittlerweile haben sie sich echt zu Dauergästen auf heimischen Bühnen entwickelt und können kaum noch etwas Neues bringen. Klar, AMON AMARTH bieten eine solide Show, immer und immer wieder. Hier wird vor dem mächtigen Drachenbackdrop und auf den extra angekarrten Bühnenstiegen (mit Lichtstrahlern) gepost, was das Zeug hält, und Mister Hegg prostet dem Publikum immer wieder freudig und in gewohnter Manier mit seinem Riesentrinkhorn zu, doch neu ist das alles nicht. Auch die Setliste bietet keine großen Überraschungen, und zum finalen 'Death In Fire' irgendwann zwischen zwei und drei Uhr morgens werden dann noch die letzten Kraftreserven aus dem übermüdeten Publikum herausgelockt.
Das KALTENBACH OPEN AIR ist auch 2009 ein gelungenes Fest, bei dem zwar nicht alles hundertprozentig perfekt läuft, aber wer braucht das schon, wenn man Spaß haben kann, gute Bands zu sehen bekommt und eine einzigartig schöne Landschaft genießen kann! Nächstes Jahr wird das Festival allerdings wieder übersiedeln müssen, wir freuen uns trotzdem auf ein Wiedersehen am Semmering!
- Redakteur:
- Caroline Traitler