Keep It True XXV - Lauda Königshofen
14.05.2025 | 21:4024.04.2025, Tauberfrankenhalle
25 Auflagen und kein bisschen leise!
Samstag, 26.04.2025
Mein zweiter Tag auf dem KEEP IT TRUE-Festival beginnt um 6:30 Uhr. Als Frühaufsteher genieße ich die ersten Sonnenstrahlen vor dem Wohnmobil, heute soll es deutlich freundlicher und wärmer werden als gestern. Da es bis zum Auftritt der ersten Band noch ein paar Stunden dauert, mache ich mich auf den Weg Richtung einer nahen gelegenen Tankstelle. Ich brauche meinen morgendlichen Cappuccino, den ich mangels Stroms im fahrenden Wohnklo nicht selbst zubereiten kann. Auf dem Weg dorthin erreicht mich eine Nachricht von POWERMETAL-Redakteur Björn, welcher seit einigen Tagen die Band HYENA auf ihrem ersten europäischen Trip betreut.
"Hallo und guten Morgen. Sag mal Du hast nicht zufällig etwas in Deiner Reiseapotheke gegen Magenschmerzen? Alfonso, der Gitarrist, ist ziemlich nervös... und das ist auf den Magen geschlagen."Ich erreiche Koffein-gestärkt meine temporäre Heimat und durchsuche die von meiner Frau verwaltete Reiseapotheke. Chatgpt sagt, dass ich ein passendes Medikament dabei habe. Wir treffen uns an der Halle und ich übergebe wie ein Dealer die Medis. An mir soll es nicht liegen, dass HYENA heute nicht spielen kann.
Dann ist es auch schon so weit, HYENA spielt, und wie!!!! Für Festivals ungewöhnlich, ist die Halle für den ersten Slot an diesem Samstag schon extrem gut gefüllt. Bereits zu 'Nightriders', dem ersten Song auf dem Liederzettel, kreisen die Matten und die Pommesgabeln werden in die Luft gereckt. Von Aufregung ist weder bei Alfonso, noch dem Rest der Band nichts zu spüren. Sänger Diego ist die perfekte Rampensau, unglaublich, wie der Kerl auf der Bühne agiert. Doch auch der Rest der peruanischen Band hat sichtlich Spaß, vor so vielen Leuten ihre Songs zum Besten zu geben. 10.484,27 km Kilometer liegen zwischen dem Heimatort von HYENA und dem KIT, doch die Band wird bereits mit 'Hyena' von den Metalheads aufgenommen, wie eine Band von nebenan. Es herrscht eine grandiose Stimmung zu dieser frühen Uhrzeit. Gitarrist Christopher hat noch ungefähr 6.000 Kilometer mehr hinter sich. Es stammt aus Australien und konnte sich bereits bei der Band LIVEWIRE einen Namen machen.Die Zeit rennt und es geht für mich viel zu schnell durch die zehn Stücke umfassende Setliste. Mit 'Keep It True' hat die Band noch eine Hymne für das gleichnamige Festival mit nach Lauda-Königshofen gebracht. Unter tosendem Applaus verabschiedet sich MEINE Neuentdeckung von der Bühne, ich muss schnell zum Merch und die Band unterstützen. Hier hat sich bereits eine sehr lange Schlange gebildet. Während ich das Debütalbum "About Rock And Roll" noch bekommen, scheitert es an der passenden Größe für das Shirt. Doch Björn kümmert sich um Nachschub und legt mir eins zurück. Auch bei der anschließenden Signing-Session von HYENA warten die neu hinzugewonnenen Fans geduldig auf ihre Autogramme. Das war ein echt geiles Brett und ich bin gespannt, ob das heute noch zu toppen ist.
Setliste: Nightriders; Hyena; Metal Machine; The Eternal Zero; Hail The Fire; Echoes Of The Underworld; Ready To Explode; About Rock And Roll; The Beast (RANDY Cover); Keep It True
[Andre Schnittker]Die Dänen ALIEN FORCE erfahren heute nach 2018 ein zweites Gastspiel in der Tauberfrankenhalle. Auf dem Plan stehen ausschließlich Stücke des Debütalbum "Hell And High Water" aus dem Jahr 1985. Das Quintett präsentiert sich gut eingespielt und hat ganz offensichtlich Spaß auf der Bühne. Mit starken Songs wie 'Get It Out', dem schnelleren 'To You' und dem stampfigen 'Stranger' verbreitet ALIEN FORCE gute Laune und bringt die versammelte Bangerschaft schnell zum Schwenken des Haupthaars. Besonders Original-Sänger Peter Svale Andersen weiß mit seinem kraftvollen Gesang zu überzeugen. Die Resonanz des Publikums ist überaus positiv. Mit 'Hell And High Water' beendet die Band einen überzeugenden Gig. Alles in allem sorgt ALIEN FORCE für eine unterhaltsame Dreiviertelstunde. Völlig zurecht werden die Herrschaften mit viel Applaus verabschiedet.
Setliste: The Ripper; Get It Out; To You; Nervous; Fly Away; Stranger; Night Of Glory; Hell And High Water
[Martin Loga]Die Italiener DOMINE hatte ich vor einigen Jahr auf dem "Trveheim"-Festival kennengelernt. Einige Leute kamen davor zu mir her und meinten "Die musst du sehen!" Bei dieser "Keep-it-True-"Festival-Ausgabe muss mir das davor keiner sagen. Ich habe richtig Bock auf DOMINE! Und die Jungs sind in der gleichen Besetzung wie zur Jahrtausendwende unterwegs. Das möchte ich hier mal hervorheben, denn an diesem Festival sieht man ja auch immer wieder Bands, die mit den Inkarnationen aus der Hochphase nur noch ein oder zwei Mitglieder gemeinsam haben. Nach einem unnötigen Intro vom Band (wer braucht das, wenn man so herausragende Musiker auf der Bühne hat?) geht für fünf Songs die Post ab.
Wobei man zwei sehr lange Titel (die Suiten) dabei hat, die jeweils die Zehn-Minuten-Marke knacken. Die Halle ist am Anfang eher spärlich gefüllt. DOMINE ist einfach nicht bekannt genug! Oder vielleicht haben manche auch eine pauschale Abneigung gegen italienischen Metal der späten Neunziger. Ja, das ist natürlich ziemlich fröhlich, was hier geboten wird. Aber bei HELLOWEEN wäre die Halle auch voll. Von den Melodien fühle ich mich an die glückseligen ersten beiden AVANTASIA-Alben zurückerinnert. Was für schöne Harmonien! Hier sind absolute Weltklasse-Musiker am Werk, das gilt insbesondere für den älter gewordenen, aber immer noch gesanglich topfitten Morby, der mit fast 60 Jahren immer noch hohe Töne setzen kann, von denen die meisten jungen Sänger nur träumen können. Seine Vocals allein wären das Eintrittsgeld für das gesamte Festival schon wert. Zusätzlich ist er auch noch ein herausragender Animator, der das ganze Traditionalisten-Volk in der Halle mitnimmt. Sehr cool übrigens, dass die Halle mit der Zeit auch immer voller wird. Hab nur ich die Conan-Gedächtnis-Linie in der Gitarre gehört? Jedenfalls ist trotz der beiden Longtracks eine unfassbare Hitdichte zu vernehmen, und nicht nur ich sehe in DOMINE einen der Tagessieger.
Setliste: Thunderstorm; The Aquilonia Suite - Part I; The Eternal Champion (A Suite In VII Parts); Dragonlord (The Grand Master Of The Mighties Beasts); The Hurricane Master
[Jonathan Walzer]Nach unter anderen LOUDNESS, ANTHEM, GENOCIDE und FASTKILL hat Oliver Weinsheimer noch ein weiteres japanisches Heavy Metal-Urgestein zum KIT geholt: Die SABBRABELLS! Leider ereilt mich zur Auftrittszeit gegen Viertel nach drei am Nachmittag eine leichte Müdigkeit (Ich bin eben so alt, wie meine Oma auch in hohem Alter immer noch von sich sagte: "20 vorbei!"), weshalb ich im hinteren Teil der Sitzplatztribüne Platz nehme und leicht ermattet, aber dennoch ausreichend aufmerksam Notiz vom in europäischen Gefilden durchaus seltenen Auftritt der japanischen Band nehme. Dieser hat es gottlob in sich und kann mir gleich zu Beginn die Glubscher aufreißen: Ein ukrainische Fahne wird von einem Gitarristen kurz geschwenkt während die durchgängig in schwarze Metal Shirts gewandeten, ebenfalls nicht mehr so ganz jungen Musiker der 1982 gegründeten Band die Bühne entern und mit 'Metal Saber' knackig in ihr Set starten.
Zahlreiche Fans in der sich nun zügig füllenden Halle scheinen sich sehr auf die SABBRABELLS gefreut zu haben, die Reaktionen sind jedenfalls überaus enthusiastisch. Obwohl die Band deutlich dem klassischen, technisch versierten und musikalisch detailverliebten Heavy Metal der 80er Jahre zuzuordnen ist, fällt dennoch die Bandbreite der Stilistik auf. Von Hardrock-Klängen über die erwähnte Heavy Metal-Kernkompetenz bis hin zu Thrash Metal-Anleihen hört man hier auf die Schnelle sehr vieles heraus. Die anfänglich etwas aufgeregt wirkenden Musiker versprühen für mich einige SHOK PARIS Vibes, was nicht zuletzt an den Klangfarben in der Stimme ihres Frontmanns Kiichi Takahashi liegt, der schon ähnliches "Stimmschmalz" wie Vic Hix sein eigen nennt, was man bei bei Liedern wie 'Sailing On The Revenge' oder 'Dog Fight' gut vernehmen kann.
Die Gitarristen der SABBRABELLS geben sich in ihrem Stageacting viel Mühe und zeigen ab und an einfache, aber schick aussehende und vor allem funktionierende Synchron-Bewegungen. Kiichi animiert die Metalheads währenddessen zu lustigen Flugzeugspielen mit ausgebreiteten Armen. Damit trifft er offensichtlich voll den Geschmack eines wahrscheinlich mitgereisten japanischen Fans, der am Geländer der Tribüne stehend von nun an bis zum Ende des Gigs immer Mal wieder die Arme ausbreitet. Unterdessen sitzt Kollege Schnittker, der unseren beim KIT anwesenden achtköpfigen Powermetal.de-Haufen stets durch Whattsapp-Kommentare aus allererster Reihe, sprich aus dem Fotograben, informiert und motiviert, der Schalk im Nacken, will er doch hundertjährige Schildkröten in Bühnennähe gesichtet haben. Was er damit nur meint? Seine Fotos der Japaner sind jedoch wie gewohnt prächtig! Geistesgegenwärtig fotografiert er an der Bühnenkante übrigens auch die aus japanischen Schriftzeichen bestehende Original-Setliste der Band, die wir euch hier nicht vorenthalten möchten.
Setliste: Metal Saber; Shinigami No Namida; Hakai; Sailing On The Revenge; Water Night; Dog Fight; Devil's Rondo; Black Hill
Kein Mensch kann jede vergessene Metalperle der Achtziger kennen, und so muss ich reumütig zugeben, dass mir "Tied To The Trax", das 1986 erschienene, einzige Album der Cleveland-Metaller PURGATORY bisher entgangen ist. Dafür gibt es einige Gründe, wie beispielsweise den durchaus häufig vergebenen Bandnamen, der gerne für Wirrnis sorgt, oder eben auch die Probleme mit der Verfügbarkeit des Albums auf dem europäischen Markt. Da gab und gibt es bei Auburn Records ja leider gerne mal gewisse Schwierigkeiten. Womit es aber bei diesem wunderbaren Label keine Probleme gibt, das ist die Qualität der Bands im Roster der Ohio-Metal-Institution, denn mir fällt spontan tatsächlich keine ein, die nicht toll wäre.
Also hat natürlich auch PURGATORY eine Chance verdient, kennengelernt zu werden. Der Auftritt beim KIT hat der Truppe um Frontmann Jeff Hatrix, Basser Mark Alexander, Drummer Kenny Easterly (alle Gründungsmitglieder) und Gitarrist Tony Ross (kam 1987 dazu) sicherlich eine ganze Menge neuer Fans beschert. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Truppe hat Charisma und Charme. Dazu passt, dass Drummer Kenny gleich zum Auftakt ein Solo spielt, mit dem er die langsam Fahrt aufnehmende Atmung einer Dampflok imitiert, die - natürlich - auf ein argloses, an die Schienen gekettetes Opfer zurast. Man startet standesgemäß mit dem Titelsong 'Tied To The Trax'. Sänger Jeff Hatrix (in den Neunzigern mit seiner eigenen Band HATRIX auf Massacre Records unterwegs) stürmt als Tod verkleidet und entsprechend geschminkt auf die Bühne, und so wird bis auf einen einzigen Song schlicht das komplette gleichnamige Album gezockt. Verspielt, wuchtig, mit starkem Fokus auf der Rhythmusgruppe. Nicht immer komplett tight, mal auch wild rumpelnd, aber immer packend und gut gelaunt.Leute - bekannt oder unbekannt, ultratight oder eben sympathisch unbekümmert - ganz egal, dieser Cleveland-Metal der 1980er hat bei mir einfach einen Stein im Brett und macht immer richtig Laune. Daher ist PURGATORY auch echt ein dicker Pluspunkt des heurigen Billings. Bleibt ein Problem: Wo bleibt die CD-Neuauflage dieses tollen Albums? Ich will die nämlich jetzt ziemlich dringend haben, und die alten Auflagen auf Vinyl und CD sind leider rar und sauteuer. Fluch und Segen des KIT für den Sammler: Man lernt wirklich tolle Bands und Alben kennen, aber die Bedürfnisweckung kann ob der mangelnden Verfügbarkeit des Objekts der neu entfachten Begierde gar grausame Urstände zeitigen.
Setliste: Tied To The Trax; Deep Into The Red; Blood's The Price; Night Crawler Bitch; Fear Of The Night; Purgatory; Lost Angels; Valley Of The Shadow Of Death; Crush The Black Cross
[Rüdiger Stehle]Kaum eine Band wird so dermaßen zu Unrecht als One-Hit-Wonder abgetan wie MEDIEVAL STEEL. Schon auf der EP gab es weitere sehr starke Songs, und auch die drei neuen Studioalben sind mindestens gut ("Gods Of Steel") oder sogar sehr gut ("Blood Moon", "Dark Castle"). Völlig zurecht bieten uns die Amerikaner also ein Set, das uns durch alle Veröffentlichungen führt. Als Bobby Franklin die Bühne betritt, mache ich mir erst Mal sorgen. Der Sänger, der als einziger noch aus den Achtzigern dabei ist, wirkt nicht ganz fit. Aber bei den ersten Tönen am Mikro sind die Ängste verflogen, er singt immer noch Weltklasse! Trotz nur einer Gitarre ist der Sound sehr stimmig, man vermisst die zweite Klampfe nicht.
Trotz nur einer Gitarre fühle ich mich erstaunlich oft an die eisernen Jungfrauen erinnert, die doch eigentlich gerade von der Doppel-Axt-Attacke leben! An mehreren Momenten merke ich, dass die Band etwas am Tempo feilt, und ich finde es unfassbar sympathisch. Da spielen echte Musiker, ohne Klick, einfach nach Feeling und anhand einer funktionierenden Rhythmus-Fraktion! Das ist für mich Metal! Die Songs des letzten Albums fügen sich nahtlos in die Setliste ein, und dass "Dark Castle" immer noch mit drei Songs berücksichtigt wird, ist völlig angemessen - ebenso, dass nur ein Titel des etwas schwächeren "Gods Of Steel"-Albums inkludiert ist. Am Schluss wartet aber doch die ganze Halle auf diesen einen magischen Moment. 'Medieval Steel' ist vielleicht die Hymne schlechthin für dieses Festival, und wenn hier die ganze Halle steil geht, dann könnte man auch Pipi in den Augen bekommen. Gänsehaut jedenfalls ist garantiert.
Dass ich das jetzt schon das dritte Mal erleben darf, raubt der Sache kein bisschen Magie. Ich weiß bei jedem meiner MEDIEVAL STEEL-Gigs genau, wo ich in der Halle stand, und wie es mir dabei ging. Und ich glaube anhand der Reaktionen des Publikums: Das geht hier vielen so! In solchen Momenten hat der Metal eine quasi-religiöse Funktion und vereinigt die Anwesenden zu einer Kultusgemeinschaft. Gehuldigt wird dem wahren Stahl in seiner besten Form. US Metal geht momentan nicht so viel besser wie bei MEDIEVAL STEEL. Danke für dieses Fest!
Setliste: American War Machine; Battle Beyond The Stars; Warlords; Thou Sall Not Kill; Viking Wishing Well; Lost In The City; War Cry; To Kill A King; The Man Who Saw Tomorrow; Gods Of Steel; Medieval Steel
[Jonathan Walzer]Die Band, auf ich am meisten gespannt bin in diesem Jahr, ist natürlich SACRED BLADE. Seit Jahren köchelt es hinter den Kulissen, denn Gitarrist Randy Robertson ist seither dabei, das Erbe des viel zu früh verstorbenen Kopfes der Band, Jeff Ulmer, gebührend fortzusetzen. Dass es dabei erstmal gar nicht um neue Musik gehen würde, war klar, denn zuerst gilt es, den Songs des einzigen Albums "Of The Sun & Moon" ihre Jungfräulichkeit in Bezug auf europäische Bühnen zu nehmen. Da jedem, der sich ein kleines bisschen mit SACRED BLADE beschäftig hat, klar sein muss, dass es in diesem besonderen Fall auf gar keinen Fall einen halbgaren Schnellschuss geben darf, haben sich nun ausschließlich Musiker zusammengefunden, die bereits einmal Bestandteil einer Besetzung dieser Band waren.
Allein dies zeigt bereits im Vorfeld, mit wieviel Liebe und Feinfühligkeit die Herrschaften dieses Erbe antreten, denn es gibt nicht umsonst so wenig Songmaterial von Jeff. Der gute Mann war so perfektionistisch veranlagt, dass er niemals mit seinen Aufnahmen zufrieden war. Schenkt man der Legende Glauben, dann schlummert Material für mehrere Alben in seinem Keller. Aber zurück ins Hier und Jetzt. Als das Quartett mit dem Doppeldecker 'The Enlightment'/'Master Of The Sun' furios in das Set einsteigt, bin ich innerlich sofort unter Flammen. Niemals hätte ich es für möglich gehalten dieses Song-Monument einmal von Original-Musikern live dargeboten zu sehen. Auch wenn es ein kleines bisschen holpert, merkt man den Beteiligten an, mit wieviel Herzblut sie unterwegs sind. Sänger/Gitarrist Randy Robertson macht eine gute Figur in seiner Doppelfunktion und sein Sidekick Will "Nascar" Rascan gniedelt sich hier bereits fröhlich einen ab.
'In Light Of Moon' und 'Fieldz Of Sunshrine' setzen die Reise in Ulmers' musikalische Astralwelten fort und auch wenn mir die hohen Schreie des Meisters fehlen, bin ich glückselig mit dem gebotenen Material. James 'Zed' Chamming am Bass sorgt für die notwendigen Backing Vocals und Schlagzeuger Paul 'Pol' Davis sorgt für den nötigen Takt. Natürlich merkt man den Herrschaften an, dass sie teilweise seit Ewigkeiten nicht mehr in einem Bandgefüge auf einer Bühne vorgespielt haben, aber irgendwie macht genau diese leichte Unbeholfenheit auch den Charme aus. Nun gibt Randy den Posten als singenden Gitarrist an seinen Drummer ab, der diese Aufgabe für 'The Pressing' gut meistert. Weiter dreht sich das Sänger-Karussell, den von nun an übernimmt James das Mikrophon, während der Ur-Bassist Tony Moser die tiefen Töne massiert.
In Schale geschmissen agiert Mister Chamming natürlich ohne bewegungsbehindertes Instrumentarium deutlich agiler und geht gleich in die Kommunikation mit dem Publikum. Manche mögen es überambitioniert nennen, ich finde es knuffig und in seiner Gesamtheit an eine Familienfeier erinnernd. Es folgt der monumentale Titelsong des Albums, bevor die Herrschaften mit 'The Transient' nicht nur mächtig tief aufs Gaspedal treten, sondern hier auch eine Überraschung anbieten. Steht dieser Song doch nur auf dem 90er Demo. Sensationell! Zur notwendigen Beruhigung folgt das instrumentale 'To Lunar Windz'. 'Legacy' erhöht dann wieder meinen Puls bevor man die eben von mir aufgestellte These mit der Hinzunahme von Jeffs Schwester Jennifer nochmals unterstreicht. Sie sorgt zuerst mit Ausdruckstanz, dann mit Gesang für die Einleitung von 'Salem', einem weiteren Kracher des Albums.
Als dann zum Abschluss der Metal-Massacre-Kracher 'The Alien' gespielt wird, fliegen noch ein paar mehr Fäuste gen Hallendecke. Bombe! Zusammenfassend bin ich sehr zufrieden mit diesem emotionalen Auftritt, dessen Line Up allein beweist, dass sich die Herrschaften ein paar Gedanken zur Umsetzung gemacht haben. Dass die Stimmung in der Halle nicht siedend heiß wird, mag am schrulligen Songmaterial liegen oder auch daran, dass die Band nicht wirklich heavy ist. Aber das habe ich auch nicht erwartet. Von mir gibt es Daumen, die steil nach oben zeigen. Also auch die an den Füßen. Beim nächsten Mal aber bitte 'I.C. Eyez' und 'Ethereal Skyline' einpacken. Danke!
Setliste: The Enlightenment; Master Of The Sun; In Light Of The Moon; Fieldz The Sunshrine; The Pressing; Of The Sun + Moon; The Transient; To Lunar Winds; Legacy; Salem; The Alien
[Holger Andrae]Nach der Überraschung für meinereiner in Form von SACRED BLADE höre ich kurz in mich hinein: Die Formkurve zeigt nach oben, der Körper sagt "Ja! Go! Timo, gib alles!" Also wackle ich mit einem Becher Spezi bewaffnet nach vorne in Richtung Bühne. Dort stehe ich in der dritten Reihe hinter der "Reling", wie ich das Absperrgitter gerne nenne. Hier vorne spricht man in der Zwischenzeit fast ausschließlich französich! Ja, in den letzten beiden Tagen vernahm man hier und da in der Tauberfrankenhalle den wohltönenden, lässigen Klang der französischen Sprache. Scheinbar sind just in diesem Moment die Urheber dieser Klänge alle zusammen vor der Bühne versammelt, auf welcher der Tross von SORTILÈGE gerade letzte Hand anlegt und die Backline zusammenstöpselt. Die Musiker der neuesten Inkarnation der Band um Christian "Zouille" Augustin wuseln auch schon munter dazwischen herum.
Die Stimmung ist bereits großartig, die französischen Menschen neben mir sind alle nett und mächtig gut gelaunt. Ein graubärtiger Mann mit Kutte trägt sogar stilecht ein Franzosen-Käppi, stelle ich amüsiert fest. Irgendwann schwappt die Stimmung schon gute 10 Minuten vor der Auftrittszeit über, und die frankophile Fanschar intoniert unisono im Chor ein Lied. Ich weiß nicht, was es ist, es klingt aber laut und fröhlich. Als nach einigem Hin und Her und ein paar ratlosen Blicken der Musiker auf der Bühne endlich alles zu passen scheint, kommt "Zouille" dazu, wird lautstark von seinen mitgereisten Fans begrüßt und intoniert mit der Band locker flockig mal schnell zum Einstellen des Sounds 'D'Ailleurs', inklusive lässigen Posings. Sofort herrscht Wallung vor der Bühne. Geil, Popup-Gänsehaut, ein Vorgeschmack auf das, was da kommen soll!
Das Bühnenlicht wird gedämpft, die Musiker ziehen sich zurück. "SortiLège"-Sprechchöre starten im Publikum, und ein paar Minuten später geht es endlich los. Die Jungs kommen winkend zurück auf die Bühne, legen sich die Gitarren an, und ... brettern uns 'Amazone' vor den Latz! Um mich herum schmettern die Franzosen jede Silbe unter inbrünstigstem Gestikulieren mit, und ich habe schon wieder 'Entenpelle' wie der deutsche Küstenbewohner zu sagen pflegt. Hammer!!! Um hier meinen Text etwas abzukürzen, es geht gerade so weiter. 'D'Ailleurs' wird schon anschließend rausgehauen, 'Chasse le Dragon', 'Progeniture', und 'Marchand d'hommes' folgen. Die Franzosen singen sich von Lied zu Lied schier ins Delirium, irgendwann schiebt mich eine junge Frau quasi weg, um ihrem Idol "Zouille" die dramatisch verkrampfte Faust entgegenzurecken.
Menschen aus aller Welt liegen sich singend und mit feuchten Äuglein in den Armen, es ist einfach großartig, wie hier der französiche Heavy Metal gefeiert wird! Vor 'Messager' stellt Zouille den blonden, feingliedrigen Ersatz-Leadgitarristen vor, weil der offizielle Musiker wohl aus privaten Gründen nicht dabei sein kann, genau habe ich die Ansage leider nicht verstanden. Jedenfalls stimmen der Geddy-Lee-Lookalike in blond an der Sechssaitigen und seine Kollegen im Anschluss an den flotten Gassenhauer sogleich den stampfenden 'Gladiateur' an. Passend zu den hochsprühenden Funkensäulen kommt mir die Floskel "Was für ein Hitfeuerwerk!" in den Sinn. Gleich danach drehen die französischen Fischerchöre völlig am Rad: 'Délire D'un Fou' wird geschmettert, als wäre Gesang ab morgen verboten!
Dass Zouille bei der 12-Punkte-Halbballade nicht mehr die hohen Gesangspassagen gegen Ende des Liedes singen kann, ist eben so. Der ansonsten turnschuh-topfitte Sänger ist schließlich nun 67 Jahre alt und keine 27 mehr, wie im Jahr der Originalaufnahme. 'Majesté' lässt die Tauberfrankenhalle wieder Fahrt aufnehmen. 'Cyclop De l'Etang' kann wiederum die Drama-Acting-Talente aus France neben mir aufleben lassen, während 'Mourir Pour Une Princesse' scheinbar die letzten Gesangsreserven der Franzosen und der restlichen Belegschaft der Tauberfrankenhalle weckt. Nur "scheinbar", da erst beim letzten Song "Sortilège" die Wahnsinns-Endlautstärke, sozusagen der stimmliche "Endgegner", in den mitgereisten französischen Fanscharen geweckt wird. Was für ein toller Gig!
Setliste: Amazone; D'Ailleurs; Chasse Le Dragon; Progeniture; Marhand D'hommes; Messager; Gladiateur; Délire D'un Fou; Civilisation Perdue; Majesté; Le Cyclope De L'étang; Mourir Pour Une Princesse; Sortilège
[Timo Reiser]Eine Band, die mich bisher (fast) immer komplett begeistern konnte, ist der Seattle-Vierer HEIR APPARENT um Gitarren-Genie Terry Gorle. Dieses Mal als Show mit Original-Sänger Paul angekündigt, ist man erstmal erstaunt als es bereits im Vorfeld zu hören gibt, Paul würde nicht die ganze Show singen und Harry Conklin würde das restliche Material darbieten. Nichts gegen den Tyrant als Sänger, aber nach seinem mehr als merkwürdigen Auftreten am gestrigen Abend als Gast von RIOT, bin ich heute etwas ängstlich, wie die Kombination funktionieren wird. Obendrein habe ich etwas Angst vor einem fehlenden Derek Peace am Bass, denn sein Spiel ist für mich der optimale Gegenpol zu Terrys einzigartigem Gitarrenspiel. Dieses Problem entpuppt sich aber schon beim eröffnenden 'A.N.D. Dogro Lived On' als völlig haltlos, denn der neue Mann zwirbelt die Peace'schen Tieftonfiguren mit einer lässigen Selbstverständlichkeit aufs Parkett als wäre dies das Einfachste von der Welt. Mit Harrys Gesang habe ich zu Beginn meine Anlaufschwierigkeiten, denn er schreit mir zu viel, was den emotionalen Nummern etwas Charisma nimmt.
Nach 'Hands Of Destiny' und dem für HEIR APPARENT sehr hartem 'The Cloak', haben sich meine Ohren aber offensichtlich an diese Kombination gewöhnt ... oder Harry singt plötzlich weniger aggressiv. So richtig benennen kann ich das unterschiedliche Hörerlebnis nicht. Auf jeden Fall erfreue ich mich an Granaten wie 'Dragon's Lair' und dem sensationellen 'Keeper Of The Reign'. Erstaunlich verhalten ist allerdings die Publikumsresonanz, die bei vergangenen Auftritten dieser Band an genau dieser Stelle, deutlich euphorischer war. Liegt es an der Klasse der Band, an meinen verklärten Erinnerungen oder doch am ziemlich lahmen Volk in der Halle? Oder vielleicht doch daran, dass nicht wenige gierig auf den angekündigten Original-Sänger Paul Davidson warten? Schwer zu sagen. Mit 'Questions' folgt die ersten Nummer, die im Original nicht auf "Graceful Inheritance" steht, qualitativ aber natürlich dem restlichen Programm in Nichts nachsteht. Weiter im Takt geht es mit 'Nightmare' und der Hymne 'Masters Of Invasion', bevor die Band mit 'Another Candle' die wohl schönste Ballade des Wochenendes auspackt.
Leider zeigen sich hier dann doch die Unterschiede im Gesang recht klar. Selbstverständlich singt Mister Conklin die Nummer einwandfrei, aber es fehlt mir das letzte Quäntchen Gefühl, um komplett in Begeisterung zu verfallen. Diese tritt allerdings beim instrumentalen Überflieger 'R.I.P.' ein, denn hier zaubert das Trio eine Runde Magie auf die Bretter. Das scheint die Menge ähnlich zu sehen, denn nicht wenige summen die Melodie lauthals mit. Wie ich in der Zwischenzeit herausgefunden habe, ist das Basswunder Duane Bakke, der Ende der 80er bereits kurz in der Band war. Gespannt warten alle, welcher Sänger nun auf die Bühne kommen wird: Es ist wieder der Tyrant, der uns mit 'Running From The Thunder' und abschließend 'Tear Down The Walls' nochmal so richtig Dampf macht. Erst hiernach wird Paul Davidson auf die Bühne geholt, damit er 'The Servant' singen kann. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Da fragt man sich, wieso Terry Gorle ihn nur diesen einen Song hat singen lassen. Das ist nämlich absolut erstklassig und man sieht Paul auch die Freude an, sich vor diesem Publikum einmal präsentieren zu können. Leider ist danach bereits Schluss, was sicherlich nicht nur ich sehr bedauerlich finde. Natürlich ist das Nörgeln auf hohem Niveau, aber ich habe schon gehofft, Paul würde ein paar mehr Songs singen und zwei, drei Songs von anderen Alben hätte ich ebenfalls super gefunden. So ist es nur ein sehr guter Auftritt.
Setliste: A.N.D.... Dogro Lived On; Hands Of Destiny; The Cloak; Dragon's Lair; Keeper Of The Reign; Questions; Nightmare; Masters Of Invasion; Another Candle; R.I.P.; Running From The Thunder; Tear Down The Walls; The Servant
[Holger Andrae]Auf die Doomgötter SOLITUDE AETURNUNS aus Texas bin ich natürlich heiß wie Frittenfett. Letztmalig im Jahr 2010 bei HOA gesehen, auf welchem sich die Herren Perez und Lowe auf der Bühne etwas uneinig waren, ob und wieviel inhaltsvolle Flüssigkeiten vor einem Auftritt wohl sinnvoll sein könnten. Den letztjährigen Gig beim Hells Heroes Festival habe ich mehrfach online angeschaut und erfreut festgestellt, dass Rob wohl wieder besser unterwegs zu sein scheint. Da steht einem Siegeszug ja nichts im Wege, denn auf den sechs Alben gibt es ja bekanntlich keinen schlechten Song. Dumm nur, dass kurz vor dem Auftritt Schlagzeuger John Covington ausfällt. Gut, wenn Basser Count Lyle dann den Drummer seiner anderen Band GHOULTOWN aus dem Hut (pun intended!) zieht und somit alles seinen gewohnten Marsch antreten kann. 'Opaque Divinity' ist dann ein perfekter Start in einen Auftritt, der für mich wenig Wünsche offenlässt.
Der glasklare Sound, der mir allerdings dann doch etwas zu laut ist, sorgt für die notwendige Durchschlagkraft und alle Musiker scheinen mit drei Tuben Motivation und Spaß angetreten zu sein. Besagter Lyle ist dann neben Bandleader und Gitarrist John Perez auch der Aktivposten der Band. Weiter im Takt geht es mit 'Dream Of Immortality' und 'Haunting The Obscure', bei welchem die Halle ein bisschen mitsingen kann. Auch wenn wir das am heutigen Tag bei MEDIEVAL STEEL und den Franzosen noch lauter erlebt haben, merkt man schon, dass die noch anwesenden Besucher, die Band ziemlich abfeiern. Nicht so euphorisch, wie sie es verdient hätte, aber das mag an der späten Stunde und am Doom liegen. Andere Erklärungen wollen mir bei dieser Darbietung einfach nicht einfallen. Mit dem treibenden 'Days Of Prayer' werden dann begeisterte Köpfe abgeschraubt und 'Destiny Falls To Ruin' ist einfach auch live DIE Hymne, die man schon im heimischen Wohnzimmer spürt.
Ich bin jedenfalls komplett begeistert und stoße mich auch nicht daran, dass Robert Lowe nicht mehr ganz so magisch singt wie früher. Immerhin klappt er noch immer so wundervoll insane seine Augen nach oben weg. Jedes Mal ein Hingucker! Wobei der eigentliche visuelle Sahnetupfer das Gitarrenspiel von Meister Perez ist. Er ist der Jeff Waters des Doom, spielt er doch mit jeder Faser seines Körpers diese Monster-Riffs, die jeden Freund unsere Musik eigentlich intuitiv in Ekstase versetzen müsste. Mal agiert er dabei wie ein Schlangenbeschwörer, mal wie die Axt im Walde. Das Ergebnis sind jedes Mal Notenfolgen der Extraklasse. Wie zum Beispiel im Hit 'The Hourglass', welcher sofort wieder seinen Ohrwurm-Charakter in mir hinterlässt.
'The 9th Day:Awakening' steht dem dann in nichts nach und die beste Nummer vom gern mal übersehenen "Downfall"-Album, namens 'Phantoms' lässt livehaftig auch nichts anbrennen. Lyle stampft dazu energisch, aber mit dem ihm angeborenen schelmischen Grinsen über die Bühne und stachelt immer wieder die ersten Reihen an. 'Falling' und 'Eternal' läuten dann das viel zu frühe Ende ein, welches mit dem wunderschönen 'Black Candles' und natürlich 'Seeds Of The Desolate' kommt. Edgar Rivera spielt dabei die ganze Zeit den sympathisch-zurückhaltenden Nerd an der anderen Gitarre und Aushilfstaktgeber Logan Coughran darf als ausgezeichneter Drummer notiert werden. Müsste ich etwas kritisieren, wäre es mal wieder das Fehlen meines Lieblingssongs 'White Ship'. Man kann nicht alles haben. Das hier ist aber ganz viel!
Setliste: Dawn Of Antiquity (A Return To Despair); Opaque Divinity; Dream Of Immortality; Haunting The Obscure; Days Of Prayer; Destiny Falls To Ruin; The Hourglass; The 9th Day; Awakening; Phantoms; Falling; Eternal (Dreams Part II); Black Castle; Seeds Of The Desolate
[Holger Andrae]Und schon ist es rum, mein erstes mehrtägiges Ereignis in diesem Jahr. Für mich als Konzert- und Festivaljunkie war das diesjährige Keep It True schon jetzt ein Highlight in 2025. Auch nach vielen Jahren Pause habe ich mich extrem wohl gefühlt in Lauda Königshofen. Das liegt zum einen daran, dass es mir wahnsinnig Spaß gemacht hat, die vielen Kollegen vor Ort mal zu treffen, schliesslich sind unsere Redakteure im ganzen Land verteilt. Zum anderen darf ich feststellen, dass sich das Festival auch nach vielen Jahren treu geblieben ist. Geht es bei anderen Events mittlerweile nur noch um höher, schneller, weiter, zieht Veranstalter Oli Weinsheimer seinen Stiefel auf dem KIT kompromislos durch und bleibt sich seiner Linie TRUE. Dadurch behält es seinen Charme und ist vollkommen zurecht immer sehr schnell ausverkauft. Es hat seinen Grund, dass die Fans aus der ganzen Welt Jahr für Jahr auf das Keept It True pilgern. Wir sehen uns 2026!
[Andre Schnittker]
Photo Credit: Andre SchnittkerDas Keep It True XXVI findet am 24. und 25. April 2026 statt. Bereits jetzt stehen die ersten Bands fest. Tickets bekommt Ihr beim Veranstalter. Wir werden Euch auf dem Laufenden halten.
- Redakteur:
- Andre Schnittker