Kreator/Celtic Frost - Berlin

02.04.2007 | 13:14

29.03.2007, Columbia Club

Wenn wieder einmal die Zeit gekommen ist, die gar grandiose Flagge des Hasses zu hissen, dann sind KREATOR da. Mehr muss eigentlich nicht gesagt werden zu dem Konzert in Berlin, das sie an diesem Donnerstag ausleben, dem 29. März. Und Kompliment: Sie haben sich solche Vorbenads wie WATAIN, LEGION OF THE DAMNED und - am wichtigsten - CELTIC FROST mit in den Reisebus gepackt. Was allerdings einen kleinen Nachteil birgt, zumindest in Berlin: Die Schweden von WATAIN müssen vor noch recht kleiner Kulisse spielen, da gegen 19 Uhr noch nicht alle Zuschauer eingetroffen sind. Doch das Urteil der schon Anwesenden ist nach dem Gig einhellig: klasse, dunkel, böse, WATAIN. Die Skandinavier aus dem Umfeld von DISSECTION (R.I.P.) müssen wohl einen recht brachial-infernalischen Auftritt geboten haben. Mit LEGION OF THE DAMNED entern daraufhin die nächsten Senkrechtstarter die Bühne in Berlin. Die früheren OCCULT haben inzwischen mit Alben wie "Sons Of The Jackal" extreme Nagelsalven in Richtung "Dräsch"-Metal-Thron abgefeuert - und können im Club wesentlich mehr überzeugen als noch vor rund einem dreiviertel Jahr beim Wacken Open Air, als sie in der Mittagssonne nicht wirklich einen Blumenstrauß oder vergleichbare Klischee-Requisiten gewinnen konnten. Doch in der "sexy" (O-Ton Wowi) Hauptstadt lassen sie ihre zahlreich angereisten Fans kollektiv durchdrehen. Und bieten ein beeindruckendes Bild, vor allem das Saiten-Instrumenten-Trio um Sänger Maurice am Rand der Bühne: Extrem langhaarig und sehr bewegungsfreudig sind ihre Gesichter unter ihren dichten, wirbelnden Haarmatten kaum zu sehen - was müssen die für einen Shampoo-Verbrauch haben ...
Doch bald sind sie auch Geschichte. Allerdings lassen es sich LEGION OF THE DAMNED nicht nehmen, ihre inoffizielle Bandhymne 'Legion Of The Damned' noch KREATOR und CELTIC FROST zu widmen und ein letztes Mal das Publikum in den vorderen Reihen zum Ausrasten zu bewegen. Fein.

CELTIC FROST kündigen sich im Anschluss schon während des Umbaus an: Ein Horror-Intro läuft in der Endlosschleife, trübe Töne künden vom baldigen Auftritt. Den dominiert, zumindest von den Ansagen her, aber nicht Sänger Tom G. "Warrior" Fischer sondern sein Kollege am Bass: Martin Eric Ain lässt schon ziemlich am Beginn wissen, dass er tags zuvor "Zeuge der völligen Vernichtung Stuttgarts" war - und er das in Berlin ebenfalls erwartet. Das ist nicht schwer: Denn die Schweizer Kultband spielt ihre Songs allesamt noch einen Tick mehr auf Doom bedacht, so dass alle Stücke noch ein wenig an finsterer Schwärze gewinnen. Tonnenschwere Bosheit ergießt sich so bei Klassikern der Marke 'Morbid Tales' oder 'Detroned Emperor'. Zwischendrin versucht Bassist Martin die Menge mit Geschichten aus dem Nähkästchen weiter anzuheizen. Er hätte sein Mutter vor ein paar Monaten beerdigt, dies sei auch sein bis dato letzter Besuch in einer katholischen Kirche gewesen. "Ich hoffe sie ist in dem Paradies, an welches sie glaubte", meint er. Um plötzlich für sich klarzustellen, mit lauter Stimme verkündend: "Es gibt keinen Gott!" Später dann will er die Fan-Reaktionen testen: "Wir wollen die zukünftigen Toten schreien hören, denn die richtigen Toten schreien nicht." Es sind solche fast an einen manischen Wanderprediger erinnernder Einwürfe, die aus dem Gig von CELTIC FROST neben der musikalischen Klasse etwas Besonderes machen - wenn auch durchaus an dem geistigen Zustand ihres Bassisten nach all seinen Ausführungen - etwa über das Leid - getrost gezweifelt werden darf. Dennoch, die Fans feiern ihre alten Idole, egal ob diese neue oder alte Songs verbraten. Mit einem furiosen 'Synagoge Satanae' verabschieden sich die reunierten Düsterlinge, in deren Reihen Aushilfsgitarrist V. Santura von DARK FORTRESS eine zwar extrem geschminkte, aber dennoch recht gute Figur macht.

Doch nun ist die Zeit reif für KREATOR, die im Gegensatz zu CELTIC FROST - die wohl einigen Thrashern in der Halle dann doch einen Tick zu langsam klangen -, als letzte Band des Abends das gesamte Publikum auf ihrer Seite haben. Es wird ein denkwürdiger Gig, von Anfang an: Mit Hits wie 'Eeeeextreme Aggression'. Und mit Mille ein Frontmann, der Charisma atmet. Mit wilden Gesten feuert er die Menge immer wieder an, seine Arm zittern dabei regelrecht vor explosiver Spannung, wenn er sie in Richtung Publikum hebt. Dazu laufen über den gesamten Gig lang im Hintergrund unzählige Videos der Band, aber auch Live-Mitschnitte und coole Bild-Collagen. Als weiteres Bühnen-Accessoire haben KREATOR links und rechts große Papp-Tafeln hingestellt, auf denen die bekannten Monstermotive ihrer Alben bedrohlich in die Massen starren. Gegrüßt werden unter anderem die Vorbands, aber auch Angela 'fucking' Merkel - sie allerdings im negativen Sinne als Buh-Frau. Und die Song-Auswahl? Formidabel. 'Suicide Terrorist', 'Violent Revolution', 'Phobia': Es gibt kaum einen Song, den sie vergessen. Und am Ende kommt sie natürlich noch, die lang erwartete Flagge des Hasses: Zusammen mit dem 'Tormentor' bildet sie ein unglaublich fetziges 'Flag Of Tormentor', das in einem Stück runtergerotzt wird. Welch' Energie, welch' Aggression - in dieser Form können sich KREATOR eigentlich nicht mehr steigern. Die Macher des thüringischen Party.Sans, die KREATOR bei sich als Hauptband spielen lassen, können sich schon jetzt auf die Schultern klopfen: Alles richtig gemacht!

Redakteur:
Henri Kramer

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