Legacy-Fest - Dessau

29.05.2009 | 13:17

21.05.2009, Flugplatz

Zehn Jahre Legacy, zehn Jahre Tod und Verderben! Das wird gefeiert – mit einem Festival der Extraklasse. Vorhang auf für die Premiere des Legacy-Fest!

Samstag 23. Mai 2009

Zum großen Finale zeigt sich die Sonne erneut in ihrer schönsten Form. Die Regenwand ist Vergangenheit – heute wir gebrutzelt. Als gegen zwölf Uhr die Tore geöffnet werden, bewegt sich nur ein kleiner Tross in Richtung der Hauptbühne. HIGH RISE FALL haben die ehrenvolle Aufgabe den dritten Tag zu eröffnen. Jedoch begleiten sie dabei nur rund siebzig Besucher, die vorwiegend die Kaffeebude ansteuern. Die ersten Reihen brauchen kein Koffein, denn die Jungs machen richtig munter. Mit giftigem Melodic Death Metal zerwühlen sie die eine oder andere Frisur. Sänger Daniel wütet über die Bühne und fühlt sich sichtlich wohl – und das mit gerade einmal neunzehn Lenzen. Respekt! Ein Song wie 'No Way Out' hätte sicherlich auch später im Billing seine Berechtigung gehabt. So ist es, wie es ist: HIGH RISE FALL spielen sich den Wolf, und kaum einer bemerkt es. Aber so ist das Leben eines Openers.

Etwas mehr Fans versammeln dich da schon bei PURGATORY. Ist die Frage berechtigt, wie es eine Band schaffen kann, nach sechzehn Jahren Bandgeschichte nur den zweiten Slot eines solchen Festivals zu ergattern? Aber gut, zur Verteidigung muss man sagen, dass sich die Band immerwährender Line-up-Wechsel zu unterwerfen hatte und daher nie dauerhaft zusammenspielen konnte. Ihr traditioneller Death Metal kann aber nur bedingt überzeugen. Wer aus dem Knüppeleinheitsbrei herausschwimmen möchte, muss sich doch schon etwas mehr anstrengen. Das Einzige, was hängen bleibt, ist wohl das Shirt von Frontmann Mirco. Das sagt eigentlich alles.

Während man am ersten Tag um Abwechslung im Line-up bemühte, folgt nun mit LAY DOWN ROTTEN die nächste Death-Metal-Band. Erst vor wenigen Wochen erschien mit "Gospel Of The Wretched" das aktuelle Album der Hartwurst-Fanatiker. Da dürfen natürlich hier und heute keine Leckerlis vom frisch geschlachteten Hassbrocken fehlen.

Mit 'Hours Of Infinity' und 'He Who Sows Hate' (welches dem Legacy-Magazin gewidmet wird) seien zwei Brecher erwähnt. Auch wenn ich langsam keinen Death Metal mehr hören möchte, muss ich den Jungs doch attestieren, dass ihre Musik mächtig groovt und die letzten Schlafmützen aufwecken sollte. Schnell noch 'Reconquering The Pit' aus den Boxen gejagt, und dann will ich erst mal eine musikalische Abwechslung. LAY DOWN ROTTEN haben jedoch ohne Zweifel mächtig Arsch getreten und konnten durch ihr sympathisches Auftreten ordentlich punkten.

Mit DESASTER geht es nun wieder etwas thrashiger zu. Seit nunmehr zwanzig Jahren zelebrieren sie dreckigen Thrash Metal à la VENOM oder HELLHAMMER, auch wenn das erste Album erst acht Jahre nach der Gründung das Licht der Welt erblickte. Heute blicken die Koblenzer direkt in die Sonne. Doch keine Angst: Zu Staub zerfällt niemand. "Das hat meine Mutter früher schon gesagt: Ein bisschen Blasphemie schadet nie", meint Sänger Guido und stimmt zusammen mit den zahlreich versammelten Fans 'Divine Blasphemies' an. Aber nicht nur neuer Stoff wird verabreicht. Mit dem kultigen 'Sataniac' geht es zurück ins letzte Jahrtausend. Und was fällt Guido zum prima abgehenden Publikum ein: "Astrein!" Mit diesem Wort ist bereits alles gesagt. Gute Show, die das Publikum nun endgültig aufgetaut hat.

Nach Death und Thrash fehlt jetzt natürlich noch der Black Metal. ENDSTILLE schicken sich an, uns das Fürchten zu lehren. Mit ihrem aktuellen Album "Verführer" konnten sie so manchen Zweifler endgültig überzeugen. Ob es auch für mich reicht, muss sich aber noch zeigen. Was gehört zu einer guten Black-Metal-Band? Genau, eine große Fresse. Und daher grüßt Sänger Iblis zunächst alle Veganer und lädt zum Spanferkelessen ein. Das große Fressen muss aber noch warten, denn zunächst heißt es anzupacken. Der Wind hat vor der Bühne aufgefrischt, was den Anwesenden sichtlich entgegenkommt, dem Sound aber keinen Gefallen tut. Selbst auf Höhe der FOH kommt kaum mehr als Brei an. 




Leider treten im Verlauf der Show noch weitere technische Probleme auf, die das Vergnügen doch leicht mindern. Vielleicht hätte man sich doch nicht mit den Veganern anlegen sollen. Oder es war die glühende Sonne, die eher Karibikfeeling verströmt? All die, die ein schattiges Plätzchen ergattern konnten, dürfen aber Gefallen an der Abrissbirne ENDSTILLE finden.
Das schwerste Los an diesem Samstag entfällt auf die Österreicher von BELPHEGOR fallen. Denn wer an diesem Tag um 16.30 Uhr die Bühne entert, konkurriert mit allen Autoradios. Die zweite Halbzeit der 1. Bundesliga hat begonnen, und so ist der Zeltplatz voller als zu gleicher Zeit an den Vortagen. Und während Wolfsburg sich zur ersten Meisterschaft schießt, platzen Songs Marke 'Seyn Todt In Schwartz', 'Justine: Soaked In Blood' oder 'Sepulture Of Hypocrisy' aus den Boxen. Sänger Helmuth rotzt und grinst sich eins. Dafür gibt es auch ein schickes Shirt, welches den Weg Richtung Bühne eingeschlagen hat. Wie meint ein Kerl hinter mir: "DAS ist ein Schlagzeuger!" Torturer quält seine Schießbude aber mal so richtig. Es kracht an allen Enden, und das Publikum hat hörbar Spaß an der Sache. Eine runde Sache. Apropos: Der Ball ist rund.
Und so ist auch vor EQUILIBRIUM König Fußball das Thema Nummer eins. Als endgültig klar ist, dass die Wölfe aus Wolfsburg Deutscher Meister sind, tauchen auch die ersten Meisterschaftsschals in den ersten Reihen auf. Na dann feiert schön. Wie kann man eine Meisterschaft besser feiern als mit den Pagan-Krachern von EQUILIBRIUM?

Zunächst stellen sich die lustigen Musikanten für eine Minute starr auf die Bühne. Nur blöd, wenn man die Augen nicht öffnen kann. Der Sonne sei Dank. Als dann endlich Sänger Helge die Bühne betritt, kann der wilde Ritt beginnen. Mit 'Wurzelbert' geht es sofort in die Vollen. Die Stimmung ist vom Start weg ausgezeichnet. 'Unter der Eiche' und 'Blut im Auge' folgen und können das Niveau problemlos halten. Auch wenn der Sound heute und hier endlich mal ordentlich ist: Das Highlight ist eindeutig Drummer Manuel, der uns ein schickes Kunststück mit seinen Sticks vorführen möchte. 


Nur doof, dass er dabei einen Stick verliert und seinen Mitstreitern lautstark mitteilen muss, dass sie ihm doch bitte sein Arbeitsgerät wiedergeben sollen. Unterdessen feiert die Meute bei Partyhauern wie 'Met' oder dem Tropical-Warhammer 'Unbesiegt'. Da fliegt auch schon mal ein Schuh durch die Luft. Aber nicht nur Schuhe, sondern auch die Crowdsurfer ackern wie Wilde. Wenn man sich die Auftritte von ALESTORM und EQUILIBRIUM ansieht, wird klar, was die Leute wollen: feiern! Da kann man noch so ins Mikro brüllen oder noch so evil rüberkommen wollen. Die Fans wollen Spaß haben und zu netten Mitgrölmelodien ihr Bier genießen. Ein feiner Auftritt, der in punkto Stimmung nur schwer zu toppen ist.

Die undankbare Aufgabe, es wenigstens zu versuchen, haben die Thüringer von EISREGEN. Da es heute kein FSK-18-Auftritt ist, müssen einige Songs draußen bleiben, was aber der guten Stimmung keinen Abbruch tut. Mit "Hier ist der Tod aus Thüringen" begrüßt uns Sänger Michael und startet mit 'Eisenkreuzkrieger' das Set. Was folgt ist ein typisch kranker EISREGEN-Gig, bei dem man leider oft weniger auf die Musik, sondern eher auf die morbiden Texte achtet. "Geht euch die Sonne auch auf den Sack?", fragt Michael. Na logo! Weg mit ihr! 'Zeit zu spielen' ertönt, und die Sonne wird ganz verlegen. "Manche sagen, wir wären eine frauenfeindliche Band, und das stimmt auch. In diesem Sinne: '1000 tote Nutten'" Ja, was soll man zu EISREGEN noch sagen. Immer für eine Kontroverse gut, sind sie heute erstaunlich zahm und beschränken sich auf ihre unterhaltsamen Songs. Dennoch mag die eher lahme Bühnenpräsenz auf so einer großen Bühne nicht richtig überzeugen. Da passt eine kuschelige Location einfach besser. Mit ihrem Kracher 'Elektrohexe' beschließen sie ein ordentliches Set.

Nun ist es aber wieder Zeit für ein wenig Pagan-Party. Während im Hintergrund FRANK SINATRAs Best-of läuft, sieht man Petri schon auf der Bühne seine Instrumente checken. Die ersten Finnland-Fahnen schmücken die erste Reihe. Spätestens jetzt weiß jeder, was ansteht: ENSIFERUM. Auf der heimischen Anlage immer ein Genuss, live ein echter Partymacher, doch leider zu oft mit schlechtem Sound. Mit dem Intro 'Ferrum Aeternum' begrüßen die Finnen ihre Fans, die anschließend mit 'Into The Battle' ordentlich zum Beben gebracht werden. Der Sound scheint noch zu stimmen, zumindest im vorderen Bereich. Es folgen Songs der Marke 'Tale Of Revenge' und 'The New Dawn'. Auch bei ENSIFERUM will sich der Drummer in den Vordergrund spielen. Als er seinen Stick während eines Stücks in die Masse werfen möchte, knallt dieser jedoch gegen die Lichter und trifft beim Herunterkommen fast den guten Petri am Kopf. Bissel üben mein Guter. Die Crowdsurfer juckt das alles nicht. Sie ziehen in Massen über die Köpfe der Fans hinweg. Kein Wunder, bis auf den immer schlechter werdenden Sound stimmt hier mal wieder alles. Die Songauswahl ist bunt gemischt ('Guardians Of Fate', 'LAI LAI HEI', 'One More Magic Potion') und sollte alte und neue Fans zufrieden stellen. Mit dem epischen 'Victory Song', dem Kultsong 'Tolken Of Time' und dem Mitsinger 'Iron' beenden ENSIFERUM eine wunderbare Show.

Unmittelbar nach dem letzten Takt setzt sich die Meute der Fans in Bewegung. Will den keiner BIOHAZARD sehen? Offensichtlich nicht, denn selbst als die Show der Hardcore-Legende beginnt, ist der Platz vor der Bühne halbleer. So recht mögen die New Yorker einfach nicht ins Programm passen. Warum sich die Organisatoren für diesen großen Namen entschieden haben, bleibt fraglich. Niemand hat sich wegen BIOHAZARD eine Karte gekauft. Nun gut, all diejenigen, die sich dennoch die Show reinziehen, werden auf jeden Fall gut unterhalten. Dennoch ist die Aussage, dass man hier und heute nur die ersten drei Alben spielt, eigentlich ein Armutszeugnis. Es gleicht einem Geständnis, dass alles danach für die Tonne ist. Songs wie 'Shades Of Grey' oder 'Survival Of The Fittest' sind dennoch eine wunderbare Abwechslung zum restlichen Programm. Die Jungs grüßen dann auch gleich mal KREATOR und versuchen, dadurch ein wenig Stimmung aufkommen zu lassen. Das klappt schon besser, als man die Fans zu einem riesigen Circle Pit auffordert. Durch die Übersichtlichkeit vor der Bühne klappt dieser auch ohne Probleme. Guter Auftritt, der aber unter dem offensichtlichen Desinteresse von 95 Prozent der Festivalbesucher zu leiden hat.

Als die letzten Klänge verstummen, kommen sie wieder: die Horden des Chaos. KREATOR stehen als letzte Band auf dem Programm der Hauptbühne. Und sie gehen nicht eher, bis sie gemeinsam mit den Fans alles abgerissen haben. Mit ihrem aktuellen Album "Hordes Of Chaos" erreichten sie den höchsten Charteinstieg in ihrer langen Geschichte. Ganz klar: Auch die nachwachsende Generation will sich von KREATOR die Birne wegblasen lassen. Mit dem Titeltrack 'Hordes Of Chaos' beginnt es mächtig giftig. So muss es sein. Mille ist aufgrund des sehr reduzierten Lichts fast gar nicht zu erkennen. Schlecht für die frustrierte Fotografenschar. Allen anderen ist es egal – hier werden noch einmal die letzten Reserven aus dem Tank geholt. "Hallo Dessau, habt ihr Bock auf 75 Minuten Terror?" Mille will einen fetten Mosh-Pit sehen ("Dessau-Style") und bekommt ihn natürlich auch. Alte und neue Granaten werden durch die Boxen gemetzelt. So kommen wir in den Genuss von Songs der Marke 'Enemy Of God', 'Destroy What Destroys You' oder auch des genialen 'Pleasure To Kill' (inklusive der Frage "Seid ihr bereit, euch gegenseitig umzubringen? Und das ist völlig ernst gemeint!").

Nach einer Stunde kommt ein unspektakuläres "Tschüss!", und KREATOR verziehen sich. Doch sofort hallen die "Zugabe!"-Rufe über das Gelände. Mit 'Warcurse' kehren die Essener zurück. Mille grüßt das Legacy-Magazin, den Hellraiser-Leipzig und die Jungs von BIOHAZARD. Und natürlich alle Fans, die jetzt die letzte Gelegenheit haben, so richtig Krach zu machen. "Seid ihr bereit, ihr Penner!", stachelt Mille die Fans an, die beim abschließenden 'Flag Of Hate' komplett aus sich herausgehen. Wahnsinn! Geiler Abschluss eines tollen Festivals.

Fazit: Auch wenn es kleinere Probleme gab, für ein erstes Mal war die Organisation einfach klasse. Für das Wetter am Freitagabend konnte niemand etwas. Und auch wenn einige Bands dadurch gestrichen werden mussten, konnte die Organisation auch da überzeugen. Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten. Nächstes Jahr sehen wir uns wieder!

Redakteur:
Enrico Ahlig

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