MOGWAI - Leipzig

08.03.2025 | 09:55

12.02.2024, Täubchenthal

Die Schotten stellen das neue Album "The Bad Fire" vor.

MOGWAI vor der Brust. An der Brust. Seit Wochen ploppt die Vorfreude auf. Was erwartet mich? Wird es laut? Ambient-Set? Wer kommt mit?

Alles Fragen, die sich schon mal wundervoll im Vorfeld aufdrängen. Zunächst trifft sich vor kaltem Ort im Leipziger Westen eine Schar von Begeisterten, die eine angefreudete Post-Rock-Reisegruppe bilden und in der entspannten Schlange vor dem Täubchenthal erst mal herzen und scherzen. Wir sind mit dem rutschigen Rad und auf kalten Sätteln angereist und haben dem einsetzenden Schnee mit Wodka und Handschuhen getrotzt.

Das Täubchenthal ist ein Club im ehemaligen Leipziger Industriestadtteil Plagwitz, vor gut 100 Jahren sponnen hier Mitarbeiterinnen in der Kammgarnspinnerei innerhalb der hochgeschichteten roten Ziegelbaus noch Wollgarn, heute bietet das Gelände mit einer Kombination aus Ballsaal, großzügiger Galerie, Clubzimmer und weitläufigem Außengelände ziemlich viele kulturelle Möglichkeiten. Hier nun sind heute die fünf Glasgower angekommen, die sich vorbehalten haben, über dreißig Jahre hinweg die Musikszene, die Filmszene geprägt zu haben.

Es ist davon auszugehen, dass das neue, elfte Album "The Bad Fire" hier präsent und prominent vorgestellt wird – aber die Band, die aus den vier festen Mitgliedern Stuart Braithwaite, Barry Burns, Dominic Aitchison und Martin Bulloch und einem zusätzlichen Live-Gitarristen besteht, versteht es wiederholt, einen Ritt durch die Bandgeschichte und damit einen Überblick über die Weite des eigenen Schaffens zu geben. Ich habe mir das genauso auch gewünscht. Ähem, zwar warte ich und auch die informierten Angebundenen auf 'Ratts Of The Capital' vom Album "Happy Songs For Happy People" von 2003, der in echt gespielt eine Kracherin vor der Herrin ist – aber das ist luxuriöses Wunschdenken. In den fast 20 Stücken heute Abend gibt es mindestens für jeden fünf oder sechs, in denen ein jeder hier seine Lieblinge wiederfindet.

Was passiert: Die Band spielt ein sehr rockiges Set mit gut gesetzten Akzenten und durchwebt es mit den langsam-leisen Stücken, die die außergewöhnliche Herangehensweise der Schotten an die Musik sehr eindrücklich zur Geltung bringt. Hier geht es um Stimmung, um Atmosphäre, und damit muss auch der Ort gut gewählt sein. Heute passt das hier gut. Es ist gut ausgesteuert, die Anlage überfordert den vollen Innenraum nicht und auch hinten rechts ist die Faszination der Band auch akustisch gut zu vernehmen. Die Anwesenden sind für einen Mittenwochenabend sehr typisch: es steht der nachdenkliche Fünfziger neben der Gruppe lächelnder Konzertfreundinnen, neben dem Mittzwanzigerpaar, das das gemeinsame MOGWAI-Hören gegen langweilige Netflix-Abende beim Portwein eingetauscht hat.

Ich hatte eine Black Box erwartet, nicht zu wissen, was die Stimmung so hergibt, in welcher Spiellaune sich die Schotten befinden – aber das stellt sich als ein Trugschluss heraus. Die Band nimmt jede Minute ernst und versteht es, mit ihrer Soundpräsenz das ganz eigene MOGWAI-Gefühl, weswegen hier 98 % der Leute gekommen sind, zu transportieren. Es ist recht schwer, das zu beschreiben, aber auf ihre ganz eigene Art und Weise fesselt es, was da im Dunkeln, im violett-dunkelblauen Halbdunkeln, durchzuckt von grellweißen Blitzen in den Ausbrüchen passiert. Es gibt keine bewegliche Bühnenshow – es gibt Spots, unter denen die Hände und Griffe der Gitarristen zu sehen sind, die Drumsticks hüpfen durch das hintere Bühnendrittel und wenn der Gesang einsetzt, legt dieser sich wie ein eigenes Instrument mit hinein in das Fließen und Flirren. Ich bemerke, es ist ein tolles Konzert, weil es zu schnell zu Ende und zu schnell vorbeigezogen ist. Und doch habe ich die volle Dröhnung schmecken dürfen.

Ich steige auf den kalten Sattel und trotz des winterkalten Nachtwinds lächle ich durchweg und versuche die Bilder und Eindrücke des Abends so lange wie möglich zu behalten. Sie wirken nach, genau wie die Musik der Band es seit langem schafft – dieses MOGWAI-GEFÜHL. Das gibt es wirklich.

Redakteur:
Mathias Freiesleben

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