MOTHER'S FINEST - Augsburg

24.04.2024 | 22:09

23.04.2024, Spectrum

Funk 'n' Roll, yeah, Moon Doll, Baby!

Ich muss mal überlegen, ich glaube, zuletzt habe ich MOTHER'S FINEST in den frühen Neunzigern live erlebt. Und jetzt kommt die Band direkt bei mir um die Ecke ins Spectrum in Augsburg? Das muss ich mir ansehen. Gesagt, Kollege Noah zum Fotografieren eingepackt, und getan. Kurz nach halb Acht kommen wir zwei in den gut besuchten Club, dessen Altersdurchschnitt durch Noah rapide gesenkt wird. Okay, so ganz taufrisch ist die Band auch nicht mehr, der größte Hit 'Baby Love' stammt immerhin aus dem Jahr 1977.

Aber nach dieser ganzen, langen Zeit, von der Gründung 1970 über die mehrjährige Ruhepause während der Achtziger bis heute, stehen noch vier Gründungsmitglieder der Band im Line-Up, nämlich Bassist Jerry "Wyzard" Seay, Gitarrist Gary "Moses Mo" Moore und das Gesangsduo Joyce "Baby Jean" Kennedy und Glenn "Doc" Murdock. Das können nicht allzu viele Bands von sich behaupten, zumal der zweite Gitarrist, John "Red Devil" Hayes, schon 1993 mit von der Partie war und Drummer Dion Derek Murdock sogar 1990 zur Band stieß. Genau, rund 280 Jahre Bandmitgliedschaft, wenn auch mit ein paar Unebenheiten während der langen, musikalischen Reise, unterstützt durch zwei Backgroundsängerinnen. Wow.

Fast pünktlich auf die Minute beginnt die Show. Keine Vorband, kein Getue, ein Intro erklingt, die Musiker kommen auf die Bühne, werden bejubelt, doch als Sängerin Joyce erscheint, steht sie sofort im Rampenlicht. Die große Zeit der Band waren die ausgehenden Siebziger und seit einigen Jahren tourt man mit einem Best-Of-Set, in dem diese Phase den Großteil der Spielzeit einnimmt. So ist es wenig verwunderlich, dass es mit 'Burning Love' und damit gleich mit dem erfolgreichsten Album der Bandgeschichte, "Another Mother Further", aus dem Jahr 1977 losgeht. Sofort übernimmt Joyce das Kommando und meine Güte, die Dame ist 75 Jahre alt? Hier wird gerockt und gefunkt, die Stimme ist weiterhin stark und stabil, man hört ihr das durchaus fortgeschrittene Alter kaum an.

An der Bühnenseite rechts spielt derweil Gitarrist Gary Moore, übrigens der einzige Weiße in der Band, auf einer alten, schrammelig aussehenden Gitarre und grinst, genauso die beiden anderen Saitendehner auf der linken Seite. Es folgt 'Truth'll Set You Free' und in 'Can't Fight The Feeling' darf Gitarrist Moore mal etwas solieren. Joyce lässt jedem gerne das Rampenlicht, später darf sogar mal eine der beiden Backgroundsängerinnen mit ihr im Duett vorne an der Bühne auftreten, sehr eindrucksvoll übrigens, woraufhin sich die beiden Damen foppen und für Grinsen im Saal sorgen.

Erst zum vierten Stück 'Don't Wanna Come Back' gesellt sich Sänger Glenn Murdock hinzu. Auch er singt tadellos, aber man sieht ihm das Alter etwas mehr an als dem Rest. Zwar taut er im Laufe des Auftritt mehr und mehr auf, aber an den Energielevel seiner Gesangspartnerin kommt er nicht heran. Ein Highlight ist auch diesmal die Coverversion des Songs 'Mickey's Monkey', ursprünglich von THE MIRACLES, das etwas härter rockt als die anderen funkigen, gern auch mal Disco-angehauchten Stücke. Schade, dass von dem Album "Iron Age" gar nichts gespielt wird heute, aber es war auch eher untypisch für die Band. Wahrscheinlich kam es daher, dass man mit BLACK SABBATH, AC/DC und TED NUGENT getourt war. Aber der Markenkern von MOTHER'S FINEST ist eben nicht Hardrock.

Einige Lieder, darunter 'Somebody To Love', das man von JEFFERSON AIRPLANE kennt, und einen kleinen Solopart und einige Mitsingspielchen später, kommt dann das Highlight, der Hit 'Baby Love'. Das gut gefüllte Spectrum feiert die Band, singt und tanzt, aber danach ist Schluss und die MOTHER'S FINEST verlässt nach über achtzig Minuten Funk Rock die Bühne, nur um noch einmal zurückzukehren und mit 'Don't Stop' und 'Piece of the Rock' zwei letzte Kracher hervorzuzaubern.

Nach etwa 95 Minuten ist endgültig Schluss und alle haben ihren Spaß gehabt. Selbst Noah, der sonst ja seine musikalische Heimat eher in anderen Gefilden findet, ist voll des Lobes. Die Band weiß, wie man Entertainment macht. Da MOTHER'S FINEST regelmäßig bei uns spielt, sollte jeder Rocker beim nächsten Gastspiel in der Nähe mal reinschauen, ein bisschen Horizonterweiterung mit live dargebotener Musikgeschichte wird sicher nicht schaden. Toller Auftritt!

Setliste: Funk Rap (Intro); Burning Love; Truth'll Set You Free; Can't Fight The Feeling; Don't Wanna Come Back; I Believe; Mickey's Monkey; Do Me Right; Think About Me; Somebody To Love; Give It Up; Baby Love; Zugaben: Don't Stop; Piece Of The Rock

Redakteur:
Frank Jaeger

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