Magic Circle Festival II - Bad Arolsen

13.08.2008 | 02:04

09.07.2008, Prinz-Eugen-Kaserne

Das von POWERMETAL.de präsentierte Festival des MANOWAR-Labels Magic Circle Music geht in die zweite Runde.

Für MANOWAR-Fans sollte es dem Plan der hohen Herren gemäß das größte und unvergesslichste Event aller Zeiten und aller Jahrhunderte werden. Die legendären ersten sechs Studioalben komplett dargeboten, zwei Konzerte der "Kings Of Metal" mit einer Spieldauer von einmal drei und einmal vier Stunden, dazu noch weitere Hardrock- und Heavy-Metal-Legenden wie WHITESNAKE, DEF LEPPARD, ALICE COOPER, W.A.S.P., DORO und andere. Außerdem kostenloses Campen, 20.000 kostenlose Singles zu MANOWARs neuem Stück 'Die With Honor', 20.000 Liter Freibier und unzählige Newcomer, andere Magic-Circle-Bands, Show-Events und vieles mehr. Das alles für 80 Euro. Da kann man nicht meckern, würde ich meinen.

Ob allerdings Anspruch und Realität zusammen gehen, wird sich erst noch weisen. Mit hohen Erwartungen und doch auch etwas skeptischer Spannung pilgert daher die POWERMETAL.de-Kommune nebst Anhänger und Anhang ins nord-hessische Bad Arolsen, wo das zweite Magic Circle Festival auf dem Gelände der gigantischen ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne stattfinden wird. Der zugehörige Truppenübungsplatz gibt einen sehr geräumigen Campingplatz ab, der allerdings durch seine immense Unebenheit auch Fahrern nicht tiefer gelegter Gefährte den Schweiß auf die Stirn treibt. Egal, wer bei den Panzergrenadieren war, den schockt das nicht.
[Rüdiger Stehle]


Mittwoch, 9. Juni 2008

Über den Mittwoch gibt es nicht viel zu berichten. Vielleicht kann man den Soundcheck am Nachmittag erwähnen, mit dem ein neuer Lautstärkerekord aufgestellt werden soll und für den die Festivalbesucher vorsorglich ausgesperrt werden. Vielleicht kann man die erste Runde Freibier erwähnen, die ausgegeben wird, als sich nur einige Hundert Besucher auf dem Festivalgelände befinden und die dafür sorgt, dass große Teile dieser Besucherschar gegen 18 Uhr betrunken vom Gelände getragen werden müssen.

Sicherlich aber muss man die groß abgekündigte Verbrennung des Wikingerschiffs erwähnen, auch wenn diese an und für sich nicht weiter beachtenswert ist, sondern eher für Verärgerung sorgt. Irgendwo auf dem Gelände hat man eine Bretterwand grob in die Form eines Schiffes gesägt und zwei Strohballen sorgfältig davor drappiert. Das hier präsentierte "Wikingerschiff" sieht aus wie aus einem Kinder-Ferien-Kurs "Bordwände Basteln" und ist mitnichten die angekündigte Bühnendeko der letzten MANOWAR-Tour. Joey verheiratet schnell auf "Wikingerart" einen Schweden mit seiner Frau, die niemals beim Namen, sondern stets konsequent "the girl, that doesn't look so bad" genannt wird. Was für die beiden also der "schönste Tag im Leben" werden sollte, ist ehrlich gesagt eher lächerlich und plump. Das Publikum quittiert das entsprechend. Dann schießt jemand einen Brandpfeil aus unheimlichen drei Metern Entfernung auf das Stroh und die Menge darf zusehen, wie sich mit Mühe und Not die angestrichene Bordwand in Brand setzt. Das alles hat die Leuchtkraft einer Taschenlampe und sieht auch ungefähr so beeindruckend aus.

Da es regnet, trollt sich die Menge und wartet auf Donnerstag, den ersten Tag des Festivals, an dem es musikalisch zur Sache geht:
[Christoph Maser]


Donnerstag, 10. Juni 2008

BENEDICTUM
Das MCF II beginnt mit dem aus San Diego stammenden Quintett BENEDICTUM um die Frontfrau Veronica Freeman. Da der Zeitplan unerwartet und unangekündigt um eine halbe Stunde vorgezogen wurde, ist es eher leer vor der großen Bühne, auf der die Power/Progressive-Metaller um 17:00 Uhr versuchen, das Festival musikalisch würdig zu eröffnen. Sie arbeiten ihr Set solide ab. Dabei sind sie technisch gut und routiniert, doch wirken die Musiker auf der großen Bühne verloren und scheinen auch nicht in besonderer Spiellaune zu sein. Sehr schade, denn was sie können, haben sie 2008 schon als Vorband für Altmeister ALICE COOPER gezeigt.

Direkt im Anschluss wird dann die Flamme des Metal entzündet. Hätte ja laut Programm schon um 13:30 Uhr stattfinden sollen, nur war da wohl noch niemand auf dem Festival-Gelände, das sich nun langsam doch mit ein paar tausend Fans füllt.
[Christoph Maser]

MSG
Nun sollte mit MSG (MICHAEL SCHENKER GROUP) um 18:30 Uhr das musikalische Programm weitergehen. Doch erst mal bleibt die Bühne leer. Irgendwann wird angesagt, dass Frontmann Michael Schenker - übrigens der Bruder des SCORPIONS-Gitarristen Rudolf Schenker - im Stau stünde und daher etwas später käme. Als Entschädigung gibt es Freibier – ein Konzept, das noch öfter auf dem Festival angewandt werden soll. Und kein ganz schlechtes für den Besucher. Die Security sieht das allerdings etwas anders.

Um 18:55 Uhr erscheint Schenker dann mit seiner rundum erneuerten Musikertruppe (Bass: Chris Glenn, Drums: Chris Slade, Gitarre/Keyboard: Wayne Findlay) auf der Bühne und fängt an zu spielen. Wirklich motiviert und leidenschaftlich wirkt er dabei im Gegensatz zur restlichen Band aber nicht. Für den Kontakt mit dem Publikum ist Sänger Gary Barden zuständig, Schenker selber ist wie immer ganz in sein Gitarrenspiel versunken und blickt vielleicht ein halbes Duzend Mal auf. Doch als die anfänglichen Abmischprobleme beseitigt sind, klingt alles bis auf den zu leisen Gesang und die etwas zu lauten Drums ordentlich. Vier Nummern von den ersten beiden Alben, zwei von "In The Midst Of Beauty" und anschließend noch die UFO-Coverversion 'Doctor Doctor', dann ist bereits wieder Schluss. Der Veranstalter möchte den Zeitplan einhalten.
[Christoph Maser]

TED NUGENT:
Über den guten alten Ted Nugent kann man ja durchaus sagen, was man will. Als ziemlich konservativ-reaktionärer US-Amerikaner stößt er mit seinen politischen Ansichten in der sich bemüht liberal gebenden Euro-Rock-Szene gerne auf Verständnislosigkeit oder gar offene Feindseligkeit. Umso cooler finde ich es, dass sich die MCF-Verantwortlichen nicht gescheut haben, den Mann, der in den USA immer noch ein absoluter Superstar ist, endlich mal wieder nach Deutschland zu holen. Denn Politik hin oder her, Herr Nugent und seine beiden Mitmusiker Wild Mick Brown (Drums) und Greg Smith (Bass) rocken wie die Wildsau und treten ordentlich Popo. Groß abwechslungsreich ist die Songauswahl, die gute drei Dekaden umspannt zwar nicht, doch jeder Song, jedes Riff und jedes Solo, das Ted aus seiner Gibson Byrdland zaubert ist Rock'n'Roll pur. Dazu des Meisters unnachahmliche Fauchstimme und ein Redneck-Outfit par excellance, mitsamt Cowboy-Hut, Fuchsschwanz, Jeans und Workershirt. Bei neuen Songs von "Love Grenade" oder alten Klassikern der Marke 'Wango Tango' und natürlich dem später sogar von MOTÖRHEAD gecoverten Überklassiker 'Cat Scratch Fever', bleibt kein Rocker still stehen, und da macht es auch gar nichts aus, dass der passionierte Jäger nach dem Song 'Spirit Of The Buffalo' mit seinem Bogen beim finalen Fangschuss auf seine "White Buffalo"-Gitarre das Blatt um gute fünf Zentimeter verfehlt. Und das aus zwei Metern Entfernung. Meine Jungschützen, die mich zu dem Event begleiten durften, können das besser. Dass er die ganze Aktion mit einem indianischen Federschmuck in den deutschen Nationalfarben abzieht, fasse ich dafür einfach mal als Verneigung vor dem Gastgeberland auf. Wir verneigen uns auch, Mr. Nugent.
[Rüdiger Stehle]

ALICE COOPER:
Dass Herr Vincent Damon Furnier, alias Alice Cooper, dem noch eins draufsetzen würde, hab ich zwar erwartet, doch wirklich selbstverständlich war es im Vorfeld auch wieder nicht. Als ich den Altmeister des Shock-Rocks zuletzt in Balingen gesehen hatte, war die Show zwar klasse, die Setlist jedoch gespickt mit relativ unbekannten Titeln, was für die eingefleischten Fans der damaligen Hallentour sicher ein gefundenes Fressen war, das Festival-Publikum jedoch ein wenig überforderte. Dieses Mal macht es Tante Alice besser und hat einen Spielplan im Gepäck, in welchem sich Hit an Hit reiht und dabei alle Bandphasen ausgiebig bedacht werden. Die 1973er-Hymne 'No More Mr. Nice Guy' eröffnet den bunt gemischten Reigen von Highlights, in dem Uralt-Klassiker wie 'I'm Eighteen', 'Billion Dollar Babies', 'Killer' und 'School's Out' den Megahits der späten Achtziger und frühen Neunziger wie 'Poison' und 'Feed My Frankenstein' und starken neueren Tracks wie 'Lost In America' die Hand reichen. Von 'Welcome To My Nightmare' über 'Dirty Diamonds' ist alles mit an Bord, bis nach sage und schreibe fünfundzwanzig Stücken ebenfalls ein Lied vom 1973er-Album "Billion Dollar Babies" den Spuk beendet, und zwar 'Elected', welches das gerade aktuelle US-Wahlkampf-Thema gekonnt aufgreift. Ich für meinen Teil würde meine Stimme Alice geben. Dass die Sache natürlich nicht ohne Blut, Säbel, Geldregen und sonstige Schock- und Schmunzeleffekte abgeht, versteht sich von selbst. Dabei gibt Alice Coopers 27jährige Tochter Calico als Tänzerin, Schauspielerin, Krankenschwester, Nonne, Mordopfer und Racheengel eine ebenso beeindruckende Vorstellung ab, wie der Herr Papa, als er sich zum Höhepunkt der Show hin öffentlich erhängen lässt. So bleibt ein toller Auftritt eines immer noch sehr fitten Alice Cooper mit viel gelungener Show und tollen Songs, der den Donnerstag Abend auf der Hauptbühne toll beendet und richtig gut auf ein erfreuliches Wochenende einstimmt.
[Rüdiger Stehle]

Nach ALICE COOPER werfe ich mein Gehör noch in die kleine Halle, in der tagsüber der "The Battle Of The Bands"-Wettbewerb ausgetragen wird. Musikalisch hatte ich insgesamt mehr erwartet. Im Gedächtnis bleibt lediglich die Bonner Band SEX GEPARD, die in ihrem Auftritt "Metal, Möpse und Mösen" verspricht, tatsächlich auch Möpse zeigt - am kommenden Tag wegen Wettbewerbsverzerrung deswegen einen Rüffel bekommt - und die ich als eine Mischung aus Rocky Horror Picture Show und Stofftierfetisch bezeichnen würde. Musikalisch sind sie mir aber nicht in Erinnerung geblieben. Gewonnen hat dann übrigens die norwegische Band CASSOCK, die am Samstag Morgen auf der Mainstage auftreten darf.
[Christoph Maser]

Dass es dem Hallen-Headliner DEATH ANGEL gestattet wird, sage und schreibe schon um halb Drei morgens die Bühne zu betreten und das im Vorfeld so schlecht kommuniziert wird (es hängt nirgendwo eine Running Order für die Halle aus), dass sich ein Großteil der anwesenden Fans noch am Freitag fragen würde, ob die Band überhaupt gespielt hat, gehört zu den vielen organisatorischen Ärgernissen des heurigen "Magic Circle Festivals", das leider auch dazu führt, dass unsere Redaktion nicht in den Genuss dieses mutmaßlichen Highlights kommt. Sehr schade.
[Rüdiger Stehle]

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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