Magic Circle Festival II - Bad Arolsen

13.08.2008 | 02:04

09.07.2008, Prinz-Eugen-Kaserne

Das von POWERMETAL.de präsentierte Festival des MANOWAR-Labels Magic Circle Music geht in die zweite Runde.

Samstag, 12. Juni 2008

CASSOCK
Den Samstag darf entsprechend der Vorankündigung der Sieger des Hallenevents vom Donnerstag eröffnen, und hierbei handelt es sich um die norwegischen Rocker von CASSOCK, die mit einer Truppe von Bikern angereist sind, und sich den Opening Slot des Festivals redlich verdient haben. Musikalisch bieten Miss Rebel und ihre vier männlichen Sidekicks simplen, eingängigen Schweinerock grob in der Schnittmenge zwischen MOTÖRHEAD, GIRLSCHOOL, CRUCIFIED BARBARA und AXXIS. Letztere allerdings nur mit Blick auf manche Refrains und La-La-Chöre. So oder so: ein anspruchsloser aber sehr cooler Weckruf, der ordentlich rockt, aber leider nur sehr wenige Unentwegte vor die Bühne lockt, während der Rest noch schlummert, den Frühstückskaffee schlürft oder heiß über die MANOWAR-Show vom Vorabend diskutiert. Trotzdem bringen die Musiker aus dem Norden etliche EPs unters Volk und können das Festival gewiss als Erfolg für sich verbuchen, gehört neben dem geglückten Mainstage-Auftritt doch auch ein Deal für eine Single auf Magic Circle Music zum ersten Preis beim "Battle Of The Bands"-Wettbewerb, was für eine Band ohne Plattenvertrag sicher eine tolle Sache ist.

SIXTH SENSE
Danach betritt SIXTH SENSE die Bühne. Doch schon die ersten Töne sorgen im Auditorium für eine Überraschung, denn mit den Musikern um Sänger Alex Grata hat sich eine New-Metal-Band aufs Festival verirrt. Und obwohl musikalisch gut und voller Ideen und Energie, kann die Band das Publikum nicht begeistern. Zu groß ist offenbar die Kluft zwischen Power- und New Metal. Spaßiger Abschluss des meiner Meinung nach gelungenen Gigs bildet die Coverversion des des BONEY M- Hit 'Rasputin'.
[Christoph Maser]

MOB RULES
Hochklassiger Melodic Metal norddeutscher Prägung ist wie gehabt Trumpf bei den Jungs von MOB RULES, die mittlerweile doch auch schon auf eine fünf Alben umfassende Karriere zurück blicken können, welche von den - auch kommerziell - vielversprechenden Anfängen abgesehen, leider nicht zum großen Durchbruch führen konnte. Beim Magic Circle Festival sind sie dafür sowas wie alte Bekannte, die sich schon im letztjährigen Billing sehr achtbar geschlagen hatten und deshalb auch heuer für die frühe Uhrzeit und die widrigen Umstände des Tages (Absagen der beiden Co-Headliner) schon eine recht stattliche Meute vor die Bühne locken können, welche den gelungenen Auftritt, die sympathische Show, die tolle Stimme von Frontmann Klaus Dirks und das erstklassige Songmaterial den Umständen entsprechend recht ordentlich abfeiern, wobei sich die Setlist aus Stücken vom noch aktuellen Album "Ethnolution A.D." (z.B. 'Ashes To Ashes'), ebenso rekrutiert wie aus etwas älterem Stoff der Marke 'Wind And Rain' oder 'Hollowed Be Thy Name'. Ein schöner Auftritt, der unter den MANOWAR-Fans sicher den einen oder anderen für MOB RULES einnehmen kann.
[Rüdiger Stehle]

TITANIUM BLACK
2004 haben die New Yorker mit "Bleed For You" ihr Debütalbum herausgebracht und sind das neuste Signing des Labels Magic Circle Music. Doch auch wenn sich das gut liest, der dargebotene, traditionelle Heavy Metal klingt irgendwie sehr ereignisfrei und fast belanglos. Ohne Ideen und Spannungsbögen auf der Bühne steht das wenige Publikum vor der Bühne und wartet auf besseres Wetter und ebenfalls bessere Musik. Denn beides kann aufs Gemüt schlagen. Lediglich das JUDAS PRIEST-Cover 'Victim Of Changes' gegen Ende sorgt dafür, dass sich der eine oder andere Kopf im Publikum hebt. Schade, dass ein Coversong Highlight dieses fast einstündigen Auftritts ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Band entwickelt. Album Nummer 2 soll in Kürze erscheinen.
[Christoph Maser]

KRYPTERIA
Mit KRYPTERIA springt kurzfristig eine neue Band ein. Zu nachmittäglicher Stund betritt diese die Bühne – zur Freude der vielen männlichen Fans mit ihrer bildhübschen Sängerin Ji-In. Diese wirbelt energisch über die riesengroße Bühne, die mal wieder um einiges zu groß für hüftsteife Musikakrobaten ist. Die Bühnenpräsenz der weiteren Mitglieder ist gleich Null. Songs wie 'Scream' oder das abschließende 'I Can't Breathe' zeigen jedoch nicht mehr als solide Female-Fronted-Metal-Hausmannskost, der das gewisse Etwas fehlt. Ji-In verabschiedet sich freudestrahlend von den Fans, beschreibt ihren Auftritt als kurz und knackig (an das dachte ich auch die ganze Zeit) und sagt brav Ciao.
[Enrico Ahlig]

HOLY HELL
Mit HOLY HELL folgt eine Band, die bereits bei der letzten MANOWAR-Tour für Furore sorgte und auch beim ersten Magic Circle Festival von sich Reden machte. Warum dies so war, zeigen sie heute. Spritzig, energiegeladen und mit jeder Menge starker Melodien zeigen sie Bands wie KRYPTERIA, dass man auch in scheinbar ausgelutschtem Terrain noch mächtig punkten kann. Mit 'Resurrection' schießen Sängerin Maria Breon und ihre Crew feurig aus den Boxen. Das Publikum klebt an ihren Lippen und beschert dem Nachmittag seinen großen Höhepunkt. Zwei neue Songs (u. a. 'Prophecy') vom bald erscheinenden Album haben sich auch in den Set geschlichen, und auch die beiden Cover 'Rising Force' sowie 'Holy Diver' verzücken die Masse. Leider müssen wir auf das wunderschöne 'The Phantom Of The Opera' (im Duett mit Eric Adams) verzichten. Sei es drum – das Magic Circle Festival feiert die Band rund um den ehemaligen MANOWAR-Drummer Rhino tierisch ab. Bei 'Apocalypse' setzt der Regen ein – ein Schelm, wer da einen Zusammenhang sieht. Leckerer Auftritt, der Lust auf viel mehr macht.
[Enrico Ahlig]

MAJESTY / METALFORCE
Nun sollte es erneut ultratrue werden. MAJESTY bzw. METALFORCE machen sich auf, der Meute vor dem zweiten MANOWAR-Auftritt mächtig einzuheizen. Und das gelingt spielend. Im selben Fahrwasser schwimmend, setzt man auf viel Stahl, noch mehr Tränen und jede Menge Pathos. Allein die Namen der Tracks verraten, in welchen Sphären wir uns hier bewegen. 'Epic War', 'Metal Law', 'Son Of Metal' sowie das obligatorische 'Hail To Majesty' sind echte Live-Granaten und schwören glanzvoll auf den Höhepunkt das Abends ein.
[Enrico Ahlig]

MANOWAR
Man hat mir in all den zwanzig Jahren, in denen ich MANOWAR nun als Fan begleitet, verehrt und mit dem Schwerte verteidigt habe, des Öfteren versucht zu unterstellen, dass ich unkritisch alles abfeiern würde, was die "Kings Of Metal" so von sich geben. Das war nie so ganz wahr. Ich hab immer zugegeben, dass die Band ihre Fehler und Schwächen hat, und ich auch verstehen kann, wenn manch anderer sie inzwischen nicht mehr gut findet und nicht mehr ernst nehmen kann. Dennoch haben für mich immer die positiven Seiten, zu aller erst natürlich die geniale Musik, dafür gesorgt, dass ich über die Schwächen und Peinlichkeiten hinweg sehen konnte, welche sich MANOWAR über die Jahre hinweg geleistet haben.

Nachdem mir der gestrige Auftritt, den Enrico für euch ausführlich kommentiert hat, trotz gewisser Schwächen von Karl Logan, die Magie der Soli eines Ross-The-Boss einzufangen, noch richtig gut gefallen hat und mir bei 'Bridge Of Death' definitiv die Freudentränen in den Augen standen, freue ich mich also entsprechend riesig auf den zweiten Tag, an welchem mit "Sign Of The Hammer", "Fighting The World" und "Kings Of Metal" die Alben vier bis sechs folgen sollen.

Als Einstieg kommt wie üblich 'Manowar', danach folgt die komplette "Sign Of The Hammer", wobei 'Animals' nicht an seinem Stammplatz steht, sondern etwas später folgt. In diesem ersten Drittel der Show folgt auch das absolute Highlight des Tages, namentlich 'Guyana', welches Eric Adams super singt und das auch sonst einfach nur Ehrfurcht gebietet. Auch die "Fighting The World" zocken die Herren MANOWAR weitestgehend sehr souverän, auch wenn Eric beim ersten Start von 'Black Wind...' kurz die Spucke weg bleibt. Er bricht dann sofort ab, genehmigt sich einen Schluck Wasser und die Band greift den Song ganz von Anfang neu auf, was ich absolut in Ordnung finde. Die Belastung für Eric ist an diesem Wochenende riesig und da darf sowas auch mal vorkommen.

Doch dann nimmt das Unheil seinen Lauf. Nachdem nochmals die eher belanglose neue Single 'Die With Honor' vorgestellt und der Masse das langsam aber sicher völlig totgenudelte 'Warriors Of The World' als Mitgrölhymne kredenzt wird, schafft es Joey DeMaio doch tatsächlich, das phänomenale "Kings Of Metal"-Album, das im Original eine knappe Stunde dauert, durch sieben Ansprachen auf eine länge von zwei Stunden zu strecken, was alleine noch nicht mal so schlimm wäre. Doch dass die erwartete magische Atmosphäre solcher Göttergaben wie 'Heart Of Steel', 'Kingdom Come', 'Hail And Kill', 'Blood Of The Kings' oder zum krönenden Abschluss das erstmals LIVE gespielte 'The Crown And The Ring' durch ein derartiges Füllhorn an Banalitäten auf niedrigstem Ballermann-Niveau komplett konterkariert wird, ist nicht nur ärgerlich, sondern tragisch. Hatte ich am Vortag noch eine meterdicke Gänsehaut, als 'The Crown And The Ring' als Outro vom Band kam, so lässt mich heute die Liveversion fast völlig kalt, weil der Ärger über Verlosungen, Biersaufaktionen, Stripshows mit Feuerwehrkommandanten, Hochzeitsanträgen und vielerlei Unfug mehr, mich doch ziemlich angefressen hat.

Zu den Leistungen der Protagonisten hinsichtlich beider Tage kann ich sagen, dass Rhino für mich spielerisch zwar nicht perfekt ist, er aber auf jeden Fall den Eindruck vermittelt, dass er gut drauf und mit Freude bei der Sache ist. Karl Logan ist Karl Logan wie er leibt und lebt. Meiner Ansicht nach verspielt er sich weit seltener, als manche behaupten, was aber auch daran liegen kann, dass ich insoweit nicht so viele Macken raushöre wie manch besserer Gitarrero. Doch er spielt - wie ein guter Bekannter es sehr treffend erkannt hat - in der Tat "in jedem Song das selbe seelenlose Gedudel, das aber nicht zum jeweiligen Song passen will". Er kann Ross nie im Leben ersetzen und bringt nichts in die Songs ein, was sie bereichern würde. Ich weiß nicht, ob das nur Ross könnte, oder ob jemand anderes auch dazu in der Lage wäre. Eins ist klar: Karl kann es nicht.

Der großartige Joey soll das Solieren mit dem Bass einfach lassen. Endgültig. Ich weiß, dass er sich für den tollsten Bassisten seit Cronos hält (wenn nicht für noch mehr!!!), aber außer nervenzerrendes Gefiepe, nicht nachvollziehbares Gefiedel und einer sinnlosen Vergewaltigung klassischer Motive, kommt dieses Mal rein gar nix an und das ist noch mal weit weniger als sonst. Dass Eric Adams mal wieder eine wie immer göttliche Leistung abliefert, bedarf an sich keiner gesonderten Erwähnung, doch dass er dieses Mal das einzige Mitglied seiner Band ist, über das man solches behaupten könnte, ist doch ziemlich enttäuschend.

Nach alledem bleibt mir die ernüchternde Erkenntnis, dass sich bei aller Liebe, auch bei mir langsam aber sicher ein Spalt öffnet, der mich von einer meiner absoluten Lieblingsbands immer mehr entzweit. Ich hätte nie gedacht, dass mich manche Songs in den Versionen der ROSS-THE-BOSS-Band beim KIT mehr ergreifen würden, als in den Fassungen, bei denen Eric Adams höchstselbst das Mikro führt.
Jetzt ist es eben passiert. Das liegt teils an Ross, teils aber auch an den Gesamtumständen, die bei MANOWAR dieses Mal eindeutig und endgültig dazu geführt haben, dass die Musik auch dem Überfan ein ganzes Stück weit verleidet wurde, wenn er nicht völlig hörig und gegen jede Kritik resistent ist. Joey kommt inzwischen so dermaßen unsympathisch, weltfremd und bei seinen Ansprachen einfach nur peinlich rüber, dass man sich fast nicht mehr fragen muss, warum die umklammerte Faust zum "MANOWAR-Salut" nicht mehr nach oben wandern will, und warum das Mitbrüllen bei 'Hail And Kill' im Halse stecken bleibt.

Als Fazit des MCF2 in Sachen MANOWAR bleibt für mich, dass Eric noch immer der Gott ist, der er schon immer war, dass Rhino und Karl sich bei allen Schwächen redlich mühten und für mich die Songs zwar nicht besser machten aber auch nicht ruinierten und dass Joey sich vordergründig zu einem abgehobenen Rockstar entwickelt hat, der es inzwischen sogar bei mir schafft, mir den Spaß an einem MANOWAR-Gig zu verleiden. Wäre der Herr nur ein bisschen auf dem Boden geblieben, dann hätten die beiden Abende mein größtes Konzert-Event aller Zeiten werden müssen. So bleibt ein sehr, sehr zwiespältiger Eindruck zurück, der auf der Habenseite verbucht, dass die Songs an sich bei aller Unpässlichkeit der übrigen Delinquenten mit Eric am Mikro für mich immer Göttergaben bleiben werden, aber im Gegenzug auch die tragische Erkenntnis Gewissheit werden lässt, dass MANOWAR niemals mehr das sein werden, was sie mal waren, solange Joey Alleinherrscher bleibt und nicht zurück auf den Boden kommt. Ich bin glücklich, Songs wie eben 'Guyana' und 'Bridge Of Death' nun endlich doch noch einmal live mit Eric gesehen zu haben, aber über den Zustand und die Attitüde der Band bzw. des Unternehmens MANOWAR insgesamt, bin ich mehr als traurig und das hätte ich nicht erwartet, dass es auch bei mir noch so weit kommen würde.

Dass Joey in einer seiner vielen Ansprachen ankündigt, dass das nächste Festival noch größer, noch toller und noch bombastischer werden würde, überrascht keinen. Dass er überdies ankündigt, dass bis dorthin bereits das nächste Album fertig sein soll, schon eher. Dass das Album allerdings ein Konzeptalbum werden wird, zu welchem der auf der Bühne anwesende deutsche Fantasy-Autor Wolfgang Hohlbein einen zeitgleich erscheinenden Roman veröffentlichen wird, und das zudem in ein Computerspiel und einen Film münden soll, das macht vielen Anwesenden Angst, die sich mit gewissem Recht fragen, was an all dem noch Rock'n'Roll sein soll. Wir werden sehen.
[Rüdiger Stehle]

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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