Metal Meeting XVIII - Ludwigshafen

02.05.2006 | 23:57

19.11.2005, Das Haus

Das Metal Meeting zu Ludwigshafen ist eine feine Sache: Organisiert vom Metal-Fanclub "Warriors Of Steel" finden regelmäßig Konzerte mit zumeist stilistisch verwandten Bands statt, neben fairen Eintrittspreisen und ordentlichen Spielzeiten lockt auch noch ein überraschend großer Metal-Markt mit feinen Angeboten, eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit in der anliegenden Turnhalle und eine Aftershowparty im Keller des Hauses.
Im November stand die mittlerweile achtzehnte Auflage des metallischen Treffens im Zeichen des Todesbleis: Die famosen GOD DETHRONED als Headliner, dazu groovige Grunzlaute von DEBAUCHERY, während AGORAPHOBIA das Treiben bereits ordentlich brutal eröffnen durften. Etwas aus der Reihe fielen die epischen Pagan-Metaller von PRIMORDIAL (der eigentliche Anreisegrund für die feierfreudigen POWERMETAL.de-Redakteure vor Ort) sowie METALIUM, die mit ihrem Melodic Metal im HELLOWEEN/GAMMA RAY/STRATOVARIUS-Stil ein wenig auf verlorenem Posten standen. Los geht's:

AGORAPHOBIA
Vor Konzertbeginn wuseln bereits drei Fünftel von PRIMORDIAL durch die Halle, und Sänger Alan berichtet begeistert vom Plan, zusammen mit MOONSORROW und MOURNING BELOVETH eine keine Europatour aufzuziehen (umso toller, dass das im Endeffekt geklappt hat!). Nach der ersten Met-Verköstigung kann ich Alan dann auch überreden, sich den Gig der Heidelberger AGORAPHOBIA mal anzuschauen. "Die spielen Death Metal" reicht dazu, man kann dem Traditionalisten ja durchaus mal vorenthalten, dass AGORAPHOBIA durchaus modern klingen, zwei Sänger haben und auch mal eher Hartkerniges in ihr musikalisches Gebräu integrieren. Alan verzieht sich dann auch wieder, während ich mir ein erstes Fußwippen nicht verkneifen kann. Cooler Auftritt, ordentlich Energie und "sick" ist das Ganze natürlich auch. Irgendwie erinnern mich AGORAPHOBIA ein bisschen an eine sehr dreckige Mischung aus DISBELIEF und ILLDISPOSED: Alles groovt, manchmal wird's melodisch, und unterm Strich tritt alles Arsch. Feiner Einstieg, auch wenn ich mir sicher bin, dass bei der Truppe noch einiges nach oben geht.

DEBAUCHERY
Hmpf. Irgendwie werde ich mit den "deutschen SIX FEET UNDER" nicht so recht warm. Scheint aber rein persönlicher Natur zu sein: Just zu dem Zeitpunkt, als das "Original" meines Erachtens nur noch musikalische Langweile zu bieten hatte (also alles, was nach "Maximum Violence" kam), trat die deutsche Truppe auf den Plan und klingt, oh wunder, auf ihren ersten beiden Alben exakt so, als wären SFU nochmal im Studio und dort ein Quäntchen kreativer gewesen. Gähn.Die Schwaben präsentieren sich in Ludwigshafen nur zu dritt, die Besetzungsprobleme nehmen ihren Lauf...
Dem erdigen, dreckigen Dössmeddl-Sound tut dies jedoch keinen Abbruch, DEBAUCHERY rocken allemal sehr ordentlich. Das sieht auch ein Großteil der anwesenden Meute so, weshalb das Trio wirklich stürmisch gefeiert wird, was ich in diesen Ausmaßen nicht unbedingt erwartet hätte. Zum Abfeiern und Rummoshen ist das Material allemal geeignet, zu blöd nur, dass ich mich zu diesem Zeitpunkt schon geistig und körperlich auf PRIMORDIAL vorbereite, hähä. Aber egal: wer Lust auf simplen, rockenden und schnell tötenden Death Metal hatte, der kam hier voll auf seine Kosten, und das soll ja letztendlich zählen.
Was allerings absolut panne ist, sind die selten dämlichen Mitgrunz-Spielchen mit dem Publikum - klingt so eine Herde Wildschweine? OPETHs Mikael hätte hier seinen Spaß dran gehabt. Die "Dämliche-Coolness-Medaille" des Abends geht indes auch an DEBAUCHERY, und zwar für die stilvollen Rülpser direkts ins Mikro beim Intro zu 'Blood For The Blood God'. Mahlzeit!

PRIMORDIAL
Endlich, endlich, endlich! Nach dem enttäuschenden Wacken-Gig in diesem Jahr (geht es überhaupt noch schlechter in Sachen Sound?)und einem für mich ebensowenig befriedigenden Auftritt auf dem Summer Breeze anno 2004 konnte ich die irischen Recken endlich mal bei nahezu perfekten Bedingungen erleben. Zwar war Klampfer Ciáran nicht mit an Bord, dafür aber wieder "Ersatzmann" Gerry von MAEL MORDHA. Und da war sie wieder, die unvergleichliche PRIMORDIAL-Magie, die mir bei den letzten Auftritten ein wenig kaputt gemacht wurde. Dieses Mal konnte sie sich vollends entfalten, spätestens nach der Hälfte des Openers 'The Golden Spiral' befand ich mich in der Welt der Emotionen, des Leids und des Stolzes, welche das Quintett von der grünen Insel immer wieder aufs neue mit musikalischen Mitteln kreiert. 'The Gathering Wilderness', der Titelsong des neuen Albums, versetzt die Fans dann vollends in Ekstase. Immer wieder werden die Leute in der ersten Reihe aus ihren seligen PRIMORDIAL-Rezeptionen gerissen, da in der zweiten Reihe ein paar junge Iren ihr Unwesen treiben: Scheinbar stockbesoffen und in bester Feierlaune grölen und toben die Jungs rum, hätte ich nicht so oft einen Ellebogen im Rücken, könnte man darüber sogar grinsen.
Egal: 'Sons Of The Morrigan' von "Storm Before Calm" ist der nächste Höhepunkt, kann mit seinen keltischen Melodiebögen sogar noch die tieftraurigen, neuen Stücke übertrumpfen. Blickt man Sänger Alan ins Gesicht, so spiegelt sich dort unbändiger Stolz auf die Geschichte seines Volkes wieder, etwas, worauf man als deutscher Staatsbürger durchaus neidisch sein kann. "You have your tragedy, we have ours" kündigt Alan dann 'The Coffin Ships' an, die fast balladeske Hymne über all die Iren, die im Zuge der Hungersnot im 19. Jahrhundert in Irland oder auf dem Weg in das vermeintliche Paradies über dem Meer ums Leben kamen. Der Vergleich mit "unserer Tragödie" mag dabei auf dem ersten Blick hinken oder gar als unverschämt empfunden werden, ich persönlich kann Alan jedoch nur zustimmen.
Danach geht es eigentlich nicht mehr besser. 'The Burning Season' rauscht fast an mir vorbei, 'Gods To The Godless' leitet dann schon den Schluss des Gigs ein, den PRIMORDIAL wie (fast) immer mit der Bandhymne 'To Enter Pagan' beschließen.
Dann ist sie verflogen, diese besondere Magie, um beim nächsten Konzert wieder erweckt zu werden. Traumhaft.

METALIUM
Es gibt Dinge, auf die kann man sich verlassen. Die örtlichen Veranstalter schaffen es jedes Mal aufs Neue, eine Band zu buchen, die absolut nicht ins Billing passen mag. Diesmal waren es die Power-Metaller METALIUM.
Die Zuschauer sahen das wohl ähnlich, weswegen eher wenige den Weg in das Innere der Konzerthalle fanden, wo die Hamburger sich trotzdem alle Mühe gaben, das gut gelaunte Publikum zu unterhalten, das sich seinerseits durch eine passable Leistung bei den Mitsing-Stücken auszeichnete. Die Band hatte trotz des geringen Zuschauerzuspruchs mächtig Spaß inne Backen und überzeugte durch eine gelungene Performance. Sänger Henning Basse nahm die Situation mit Humor und machte noch einmal auf die ungewöhnlichen Umstände aufmerksam: "Vor uns grunzen sie, nach uns grunzen sie!".
METALIUM boten einen guten Querschnitt durch ihr Schaffen und spielten sowohl ältere Songs, wie die Bandhymne 'Metalium', sowie Stücke vom neuen Album "Demons Of Insanity". Abgesehen von den kleinen technischen Problemen (eine gerissene Basssaite am "Monster Bass") war es vom Intro bis zum 'Balls To The Wall'-Intermezzo als Rausschmeißer ein rundum stimmiger Auftritt, der zudem noch für die nächste DVD mitgefilmt wurde.
[Christoph Heck]

GOD DETHRONED
Als die Tulpenschlächter endlich die Bühne betreten, ist es schon reichlich spät, der Gerstensaftkonsum zeigt seine ersten Auswirkungen und komischerweise ist es in der Halle fast leerer als bei PRIMORDIAL. Aber nicht lange, denn 'Nihilism' pustet nicht nur die Gehörgänge frei, sondern sorgt auch für eine schlagartige Rückwanderungsbewegung gen Halle. So soll das sein! Bevor es mit GOD FORBID und THE HAUNTED auf eine ausgiebige Tour geht, spielt sich das Quartett an diesem Abend schonmal eindrucksvoll warm. Egal ob neuere oder ältere Songs, Abrissbirnen oder Midtempo-Melodie-Ohrwürmer, die Begeisterung im Publikum kennt keine Grenzen. 'Villa Vampiria' erweist sich als Mattenschüttler par excellence, in eine ähnliche Kerbe schlagen neue Stücke wie 'Sigma Enigma' oder 'Salt In Your Wounds'. Herrlich. Der Bandklassiker 'Boiling Blood' kommt erstaunlich früh am Abend zu Zuge, feuert das Publikum aber nur noch mehr an.
'Soul Capture 1562', wohl der abwechslungsreichste, epischste und in Teilen auch ruhigste Stück der Band, hätte ich dann niemals erwartet. Aber hier zeigt sich die ganze Klasse der Band, gerade auch in Sachen Instrumentalbeherrschung. Neu-Klampfer Isaac Delahaye ist eine absolute Bereicherung, der insbesondere bei den feinen Soli bei den neuen Songs zu begeistern weiß. Fetter Sound, eine tobende Meute, eine wunderbar ausgewogene Setlist - was will man mehr? Ein absolut würdiger Abschluss des 18. Metal Meetings, und 'Loyal To The Crown Of God Dethroned' sind wir doch eh alle!

Fazit:
Rundum war das eine klasse Sache, dennoch fielen uns einige Dinge durchaus negativ auf: So war ein einigermaßen entspanntes Bummeln auf dem Metal-Markt nicht wirklich möglich, zumal sich ganz hinten auch noch die Toiletten befanden, was zu ständigem Durchgangsverkehr und endlosem Gedränge führte. Da ich nicht weiß, inwiefern sich dieses Problem lösen lässt, möchte ich hinsichtlich der Thematik auch gar nicht allzu viel rummäkeln. Was allerdings nicht nur der POWERMETAL.de-Crew sauer aufgestoßen ist, das war die "Handhabung" von pogenden/moshenden Fans im Publikum durch die Security: Am Einlass wurde ich kein einziges Mal kontrolliert, in den Vorraum durfte auch jeder seine eigenen Getränke mitbringen, aber sobald ein Langhaariger etwas wilder eine Band abfeiert, wird er gleich von mindestens zwei bulligen Secs wie ein gerade gefasster Schwerverbrecher abgeührt? Da haben echt nur noch die Plastikhandschellen gefehlt ... Leute, muss das sein? Dann kontrolliert doch am Eingang die Leute mal oder untersagt den Konsum von eigenen Alkoholika im Haus selbst, aber eine solche Kurzschlussreaktion halte nicht nur ich für absolut übertrieben.
Ansonsten gab es nichts zu meckern, und so klang der Abend dann sehr feucht-fröhlich zusammen mit den Jungs von PRIMORDIAL aus, die irischen Folksongs schwirrten mir noch lange nach dem lustig-taumeligen Heimweg zum Hotel im Ohr. Rülps!

Redakteur:
Rouven Dorn

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