Metal Splash - Rotenburg (Wümme)
04.08.2011 | 17:5816.07.2011, Weichselsee
Ein Festival mitten am See - was will man mehr?
Das Metal Splash in Rotenburg (Wümme) ist am Weichselsee gelegen, vor der Bühne ist Strandsand und im Hintergrund spielen Kinder im Wasser. Die Hintergrundbeschallung will eigentlich so gar nicht zu diesem Ort passen: Zehn Metal-Bands spielen in zehn Stunden bei angenehmen Temperaturen. Da hüpfen einige Metalheads gleich ins Wasser.
CLEAR SKY NAILSTORM eröffnen das Festival. Den Slot haben sie beim Newcomer-Voting gewonnen, bei dem zunächst die Veranstalter einige Bands auswählten, über die die Internetgemeinde dann abstimmen konnte. Entweder war die Konkurrenz nicht so hart oder die Truppe hat einfach einen schlechten Tag erwischt, denn der Thrash Metal der Delmenhorster will nicht so richtig zünden. Immerhin haben sie ein paar Fans dabei, die vor der Bühne für ein bisschen Stimmung sorgen. Alle anderen zieht es wieder an den Campingplatz am See.
Die Oldenburger CRAVING überzeugen hingegen auf ganzer Linie: Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt und spicken ihren Melodic Death Metal mit mittelalterlichen, folkloristischen Melodien gespielt auf der E-Gitarre. Toll! Sprachtalent Ivan Chertov wechselt immer mal wieder ins Russische – glücklicherweise nur bei seinen Texten. Auch die Performance ist stark, sodass CRAVING etwa hundert gut gelaunte Fans mit den ersten Nackenwehwehchen zurücklassen.
ERADICATOR klingen aus der Ferne wirklich gut. Musikalisch schlagen sie in die tiefe SLAYER-Kerbe: Direkt, kompromisslos und mit einem Sänger, der den krankenden Tom Araya ablösen könnte (Wenn du dir den beim BYH! angehört hättest, würdest du keinen Ersatz vorschlagen! - Anm. d. Red). Diese Jungs sollte man im Auge behalten.
Aus dem hohen Norden sind DESCEND angereist. Die Schweden überzeugen vor allem mit viel Laufarbeit und ordentlich Gepose. Musikalisch können sie nicht mit ERADICATOR mithalten, der Sound geht trotzdem in your face. Die Band wird nicht müde, die größer werdende Menschenmenge vor der Bühne anzuheizen und so langsam gelingt es ihr, und der etwas sperrige Progressive Metal mit harschen Vocals wird doch noch angenommen.
Die Melo-Deather/Metalcoreler BLOODWORK präsentieren vor allem Lieder ihres neuen Albums "Ultima Ratio": Mit dem neuen 'In Vein' geht es los, darauf folgt mit 'Ignorance Is Bliss' gleich der nächste neue Song. Das neue Material reiht sich nahtlos ins Set der Paderborner ein und die Fans feiern dankbar. Auf der Bühne ist nicht so viel los wie sonst bei einem Auftritt von BLOODWORK. Sänger David ist überraschend wortkarg, aber eine Wall Of Death mit Circle Pit fordert er trotzdem. 'Silent Revolution' wird abgefeiert, aber als neuer Hit entpuppt sich 'The Eternity Syndrome'.
Wirklich müde sind CRIPPER, die gerade viele Stunden auf der Autobahn zugebracht haben, aber die Hannoveraner lassen sich das nicht anmerken. Auch sie haben ein paar neue Lieder im Gepäck und bringen damit das schon gut vorgeheizte Publikum endgültig auf Betriebstemperatur. Die Saitenfraktion headbangt scheinbar um die Wette und Vokalistin Britta Görtz läuft irgendwo dazwischen umher, feuert das Publikum an und kippt fleißig Bier. Der moderne Thrash Metal des Quartetts trifft voll ins Schwarze und die Fans feiern vor allem die alten Hits wie 'Hysteria' und 'Life Is Deadly'. Beim obligatorischen 'Faqu' gehen noch mal alle Mittelfinger nach oben.
So angestachelt ist das Metal Splash bereit für die Luxemburger BLACK-OUT BEAUTY. Es ist fragwürdig, ob es wirklich Menschen gibt, die sich sowas auf CD anhören - live macht vor allem die Performance des Sängers Andy Petesch die Show aus. Aus den Boxen dröhnt indes Lärm ohne Ende, wobei manchmal vielleicht drei Töne zusammenpassen. Der Gesang besteht aus Gekeife, Gekreische und Schweinequieken. Doch ein paar Fans hat die Combo dabei und die rasten vor der Bühne richtig aus, ebenso wie die Musiker darauf. Sie flitzen über die Bühne, Andy zieht Grimassen und verrenkt sich dazu. In seinen Ansangen spricht er immer wieder von Gedärmen und Zombies oder Riesenmotten. So etwas sollte man mal gesehen haben.
Wer nicht vor Angst geflüchtet ist, bekommt jetzt Metalcore von MAINTAIN auf die Ohren. Die Zartbesaiteten kehren langsam aufs Gelände zurück und die Stimmung bleibt ausgelassen. Allerdings ist der Schock wohl doch noch nicht ganz verdaut, denn als Sänger Timo Böhling die Wall Of Death einzählen möchte, laufen die Ersten schon los. Man kann es ihnen nicht verübeln! MAINTAIN hingegen liefern eine bodenständige und überzeugende Show ab.
Bei CATARACT überzeugt in erster Linie das Bühnenlicht. Mit den Musikern ist nicht ganz so viel los, obwohl sie sich sichtlich bemühen, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Doch der Moshpit verkleinert sich ein bisschen, die treuen Anhänger feiern aber weiterhin. Die Schweizer haben gerade einen Wechsel am Mikro vollzogen. Neu-Sänger Federico Carminitana füllt den Posten allerdings mehr als gut aus und macht von allen noch die beste Figur. So langsam tauen die Zuschauer auf und gehen doch noch zu 'Vanished In The Dark' und 'Nothing's Left' ab.
Als ILLDISPOSED auf die Bühne kommen, marschieren die ersten Zuschauer schon Richtung Campingplatz ab, um ein paar Bier zu genießen. Sänger Bo Summer hat das offensichtlich schon zur Genüge getan, denn er ist mächtig stramm. Anfangs hypnotisiert er den Boden, in den Pausen zwischen den Liedern fallen ständig Sätze wie: "Ihr seid alle schwul! Eure Eltern sind schwul! Die SCORPIONS sind schwul! Balladen sind schwul!" Immerhin beleidigt er die Fans nicht nur auf Deutsch, sondern bezeichnet sie später noch als schnuckelig und lecker. Man kann ihm auch nicht böse sein, denn der Rest des Auftritts – bis auf den Textpatzer in 'The Taste Of You' ist stark. Die Dänen setzen nicht viel auf Bewegung, sondern posen lieber und feuern ihre aktuellen Hits und Evergreens ab: 'Your Own Best Companion', 'Heaven Forbid' und 'Rape' vom aktuellen Album "There Is Light (But It's Not For Me)" zünden sofort, auch das etwas ältere 'A Child Is Missing' kommt gut an und die Haare fliegen. Dass Gitarrist Ken Holst erst neu dabei ist, fällt gar nicht auf. Der Fokus liegt ohnehin auf Bo, der immerhin richtig feststellt, dass ILLDISPOSED nur wegen ihrer 20-jährigen Bandgeschichte als Old School gelten. Der Elektronik-Anteil ist mächtig hochgefahren und bereichert den brachialen Sound der Deather. Ein starker Schlusspunkt eines tollen, gut organisierten Festivals in bester Atmosphäre.
- Redakteur:
- Pia-Kim Schaper