Metaleros Vol. 5 - Unterschleißheim

25.10.2024 | 10:42

19.10.2024, Gleis 1

Das kultige Metaleros-Festival geht in die fünfte Runde!

Von Landshut ist es nur eine Dreiviertelstunde zum kultigen kleinen "Metaleros"-Festival, zu dem ich es dieses Jahr endlich schaffe! Die 300 Karten waren zügig ausverkauft. Völlig verständlich bei dem sehr überschaubaren Preis und dem großartigen Billing. Da haben die Veranstalter (mal wieder) ganze Arbeit geleistet.

 

Die bayerischen Schwaben BLITZER legen kurz nach 16:00 Uhr los, und die Halle ist schon erstaunlich gut gefüllt! Etwa halb voll, würde ich schätzen. Die Jungs, die noch nicht mal bei Metal Archives geführt werden (wie kann das denn sein?), haben ein Album parat, das zu meinem Erschrecken nur als Tape und Vinyl am Merch-Stand erhältlich ist. Also, wie kann das denn sein - Runde II? Ihr High-Energy-Metal mit starken THIN LIZZY-Vibes im Gitarrenbereich macht jedenfalls ordentlich Laune. Zwischen den epischen und melodischen Momenten gibt es auch überraschend fette Thrash-Attacken, die teils sogar mit sehr gut eingestreuten Growls angereichert werden. Dabei hat man nie den Eindruck, dass der Oldschool-Spirit gestört wird. Die Fäuste fliegen in die Luft, die Stimmung ist klasse. Der Opener hat hier auf jeden Fall ganze Arbeit geleistet und sich sicher manche neuen Fans erspielt! Das nächste Mal bitte mit CDs am Merchstand! Dann hätte ich da auch gerne ein paar Euros investiert. Für ein Tape gebe ich die dann lieber doch nicht aus.

 

Die Allgäuer THRILLER sind sicher mittlerweile vielen Metalern aus der potentiellen Fan-Schicht ein Begriff. Wo sie spielen wird amtlich abgeräumt, was nicht zuletzt an den vielen Hits ihres 2023 erschienenen Albums "Street Metal" liegt. Vor dem Gig hatte ich manche noch über bisher überschaubares Stageacting motzen hören, auch wenn es da deftigen Widerspruch eines anwesenden Freundes gab. Doch entweder haben die Motzenden eine andere Band gemeint, oder die Jungs haben sich zuletzt massiv gesteigert, denn was sie an Show auf der Bühne abziehen, ist absolute Weltklasse! Ebenso in die Weltklasse der aktuellen Metal-Rangliste muss man den Gesang einstufen. Wahnsinn, was Sänger Julez da abzieht - auch die ganz hohen Töne sitzen wunderbar sauber. Für mich ist diese Show eine Offenbarung, und auch das Publikum geht brutal ab - da wäre manche spätere Band happy über solche Zuschauerreaktionen. Was auffällt: Vor allem die Fans, die jüngeren Jahrgangs als ich sind, sind bei THRILLER völlig am Ausrasten - manche davon sind später dann doch lieber eine rauchen oder ein Bierchen trinken. Natürlich muss ich mir das Album mitnehmen - das bei mir seit dem "Metaleros"-Festival in Dauerrotation den Schacht blockiert! Und: Ich freue mich auf weitere THRILLER-Shows - nur stilecht mit MICHAEL JACKSON-Intro!

 

Dass mit QUASARBORN eine serbische Band auf dem Billing steht, überrascht nicht nur mich, ist Serbien doch bisher schließlich nicht als das True-Metal-Paradies bekannt. Die Jungs treten auch optisch überraschend mit Shorts auf und haben sich dabei anscheinend von Bands wie ANTHRAX oder SEPULTURA inspirieren lassen - Kuttenträger sucht man also vergeblich. Musikalisch spielen sie hervorragenden Techno Thrash, also Spät-Achtziger-Schule, der mir sicher besser reinlaufen würde, wenn ich die Alben davor gehört hätte. So stehe ich mit offenem Mund da aufgrund der kompositorischen und spieltechnischen Fähigkeiten - das ist schon echt beeindruckend! Der Gesang dürfte für mich aber etwas präsenter im Mix sein, gerade bei den ersten Songs ist das für mich klar zu leise. Am Schluss nutze ich dann die letzten Songs, um mir eine sehr fair bepreiste große Portion Pommes zu holen und ein alkoholfreies Bier einzuflößen. Einige Fans haben hier aber den Spaß ihres Lebens und sind teils nur wegen dieser Band angereist. Genial, dass sie gebucht worden sind! Denn wer hat die Jungs bisher schon mal live erleben dürfen? Mit der Ansage, sich jetzt gemeinsam volllaufen zu lassen gehen die Serben von der Bühne und feiern danach mit den Fans ordentlich.

 

Im Szeneuntergrund ist OLD MOTHER HELL natürlich ein Begriff, die Studioalben stehen selbstverständlich auch in meiner Sammlung. Seit vier Jahren warten wir auf neues Material, aber die alten Hits reichen natürlich für die Spielzeit - die wie bei allen Bands auf dem "Metaleros"-Festival äußerst fair ist. Und diese alten Gassenhauer werden auf amtlichem Niveau gezockt. Der doomig-epische Metal ist etwas langsamer und neben QUASARBORN die zweite größere Abwechslung auf dem sonst recht ähnlich gearteten Billing, das man - abgesehen von den eben erwähnten beiden Bands - auch am "Trveheim"-Festival erwarten könnte. Dass die gar nicht mehr so jungen Herren auf der Bühne großen Spaß haben, ist ihnen zu jeder Sekunde anzusehen. Modisch sind sie sicher nicht die größten Gewinner des Abends, aber das war im Metal ja noch nie sonderlich wichtig. Der größte Hit ihres starken Gigs ist wohl der Titelsong ihres Zweitwerks, 'Lord Of Demise', der hier viele begeistert, und auch für mich wirklich ein Klassiker der letzten Jahre ist. Der neue Song, der vorgestellt wird, hat dagegen noch nicht so viel Eindruck hinterlassen, bei mir blieb jedenfalls nichts hängen. Ein solider Auftritt einer Band, die ich zwar immer ganz gut, aber nie wirklich überragend fand.

 

Jetzt geht es richtig ab, denn nach einer etwas zu langen Soundcheck- und Umbau-Pause entern die Württemberger STALLION die Bühne. Wenn sie ihre allseits bekannten und beliebten Hits ins Publikum feuern, bleibt eigentlich kein Wunsch offen. Hier haben wir es mit begabten Musikern, fähigen Entertainern und zudem wirklich starken Songwritern zu tun. Auch wenn gerade die Speed-Metal-Hymnen für allgemeines Ausrasten sorgen, nicht zuletzt aufgrund offensichtlicher Thrash-Einflüsse, wird mein Highlight 'Die For Me' vom letzten Studioalbum "Slaves Of Time" sein, das mich völlig überzeugt hat und mir ordentlich Gänsehaut auf die Arme zaubert. Sänger Pauly zieht hier alle Register seines Könnens und braucht vor allem in den hohen Lagen keinerlei Konkurrenz scheuen. Wahnsinn, was dieser Mann drauf hat! Leider redet er auch relativ viel zwischen den Songs. Das zieht nicht nur etwas an der Stimmung, sondern kostet auch wertvolle Zeit, so dass die Band zu spät die Bühne verlässt. Rein musikalisch gesehen aber sicher der ganz große Gewinner dieses Abends, und in dieser Form eine der besten Metalbands Deutschlands!

 

Wie funktionieren die Lieder des neuen Albums? Und kann der Tyrant den alten Songs eine neue Note verpassen? Nun, die neuen Hits fügen sich bedenkenlos ein, und die alten Klassiker mit dem Gesang vom einzig wahren Harry Conklin sind ein Traum. Der Tyrant, im Laufe der Pandemie mit seiner Frau nach Griechenland gezogen, jetzt wieder mit langen (und schwarz gefärbten) Haaren und einem ganz anderen Outfit als bei JAG PANZER, ist stimmlich auch mit über 60 Jahren weiter in Topform. Und CLOVEN HOOF war immer eine Band, die wertige Songs veröffentlicht hat. Natürlich sind die EP und die drei Alben der Achtziger die großen Klassiker, aber jede Veröffentlichung seitdem hatte ihre Momente. Daher bin ich froh, dass es nicht nur ein Greatest-Old-School-Hits-Set ist. Direkt vor der Bühne merkt man, dass es zumindest Probleme mit den Monitoren gibt. So sind die Gitarren für die Musiker teils nicht zu hören, zumindest bei den ersten Liedern. Da ich direkt vor der Bühne stehen kann, ist das gut mitzubekommen. Die Band steckt diese Probleme aber äußerst souverän weg. Davor habe ich großen Respekt. Etwas verwunderlich ist, dass eine Band mit solcher Erfahrung 2024 ohne In-Ear-Monitoring auftritt. Das wäre doch deutlich einfacher! Für mich ist der CLOVEN HOOF-Gig jedenfalls eine absolute Knallershow, die man gesehen haben muss, und am besten auch mitgegrölt hat - 'Nova Battlestar' ist zum Beispiel ein Gänsehaut-Treiber. Aber auch ein neuerer Titel wie 'Last Man Standing' bleibt haften. Und dass man Ex-Sänger George Call (vor allem durch ASKA bekannt) durch einen noch besseren Sänger, nämlich den bereits erwähnnten Tyrant, ersetzen konnte, der eigenständig ist und trotzdem hervorragend zur Band passt, das finde ich schon sehr bemerkenswert. Lee Payne, CLOVEN HOOF-Urmitglied, hat hier besetzungstechnisch mal wieder alles richtig gemacht. Dieser Auftritt ist großes Kino!

 

Über die kurze Rückreise freue ich mich und kann sagen: Es hat sich gelohnt! Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich wieder dabei sein. Die Mischung mit einer altgedienten Legende, neuen Konstanten und jungen Wilden ist großartig - sie gibt vor allem viel Raum für den Underground aus der Region und Überraschungen wie QUASARBORN, die wohl fast niemand auf dem Schirm hatte.

 

Text: Jonathan Walzer

Bilder: Elli Fox

Redakteur:
Jonathan Walzer

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