Metalfest Pilsen 2024 - Pilsen

24.06.2024 | 11:36

02.06.2024, Amfiteátr Lochotín

Mehr Rain als Shine in Tschechien.

Tag 3, Sonntag:

Auch am letzten Festivaltag schaffen wir es dank Dusche und reichhaltigem Frühstück nicht rechtzeitig zur ersten Band ins Amphitheater. Auf dem Weg dorthin sehen wir, dass das Unwetter seine Spuren hinterlassen hat. Zahlreiche Zelte stehen aufgrund der Evakuierung vom zweiten Campground  auf den schmalen Grünstreifen zwischen gesperrter Straße und Radweg. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung auf den Ausweichflächen, den gemeinen Metalhead bringt auch ein Unwetter nicht aus der Ruhe. Ich ziehe meinen Hut vor diesen Campern. Im Gegensatz zu mir haben diese keine Heizung und alles Sachen sind mindestens klamm bis nass.

Somit beginnt der Sonntag nicht in der Kirche beim Gottesdienst, sondern mit DARK SKY aus Baden Württemberg.  Nie hat ein Name besser gepasst als jetzt. Obwohl es die Band schon sehr viele Jahre gibt, ist diese komplett an mir vorbeigegangen. Ein Fehler, wie ich beim Auftritt der deutschen Melodic-Metal-Band feststellen muss. Sänger Frank Breuninger erinnert mich mit seiner Frisur aus den wilden 80ern an meine wilden Zeiten in den 80ern. Man, bin ich alt geworden. Sei's drum... Die Band liefert einen sehr soliden Auftritt auf dem Metalfest und ich muss mir mal ein paar Alben von DARK SKY besorgen. Die Band macht das mittlerweile übliche Abschlussfoto mit einer tschechischen Flagge in der Hand und hat sicherlich heute einige Fans dazugewonnen.

Ich hatte es bereits im Bericht zu Tag 1 angekündigt, Fabienne Erni ist mit ihrer zweiten Band ILLUMISHADE in Pilsen. Im Gegensatz zu ELUVEITIE gibt es hier komplett andere Musik, die nicht weniger interessant ist. Auch bei der Phantasie-Metal-Formation besticht Erni in der Rolle als agile Frontfrau. Ich konnte die Band bisher noch nicht live sehen, die Songs sind durchgehend eingängig und finden auch Gefallen bei den Fans, die es bis jetzt in die Location geschafft haben. Auch ILLUMISHADE liefert einen starken auftritt und ich habe das Gefühl, dass ich Fabienne heute noch einmal sehen werden.



Der Auftritt von NERVOSA zeigt die ganze Bandbreite, die auf dem Metalfest in Pilsen geboten wird. Die komplett mit Frauen besetzte Thrash-Metal-Band aus Brasilien geht mit 'Seed of Death' direkt in die Vollen. Sängerin und Gitarristin Prika Amaral brüllt ihre Wut förmlich ins Infield, in dem sich zahlreiche Circle Pits bilden. Selbstredend werden auch etliche Crowdsurfer von den professionell und entspannt wirkenden Secs auf den Boden der Tatsachen geholt. Ich verlasse vorzeitig die Show und stelle fest, dass die Tschechen auch guten Döner können. Ich treffe noch einige ganz liebe Leute, die mir seit Jahren immer wieder mal beim Metalfest über den Weg laufen. Auch diese wurden vom Unwetter auf dem Campingplatz gebeutelt und haben gottlob noch ein Hotelzimmer in der Nähe gefunden. Bestens gelaunt freuen sie sich auf den Auftritt von...

...DOMINUM. Die Band scheint zur Zeit mächtig angesagt zu sein. Mein Kollege Dominik konnte DOMINUM schon als FEUERSCHWANZ-Support erleben. Zum Intro von 'Time Warp' aus der "Rocky Horror Picture Show" betreten mit Instrumenten bewaffnete Zombies die Bühne. Was sich in den nächsten 60 Minuten auf der Bühne abspielt, ist eine sehr gelungene Mischung aus Show und Musik. Großer Jubel brandet im weiten Rund auf, als Sänger Dr. Dead, alias Felix Heldt, die Bühne zu 'Immortalis Dominum' betritt. Der Song ist echt tanzbar und versprüht mächtig Laune. Das Debütalbum "Hey Living People" erschien im Dezember letzten Jahres, demzufolge gibt es jede Menge gute Songs von der Scheibe. Für mich sehr gewöhnungsbedürftig sind die unterschiedlichen Kontaktlinsen, die Felix trägt. Macht Euch am besten selbst ein Bild davon in der Galerie. Mit der Power-Metal-Band DOMINUM steht einmal mehr eine deutsche Band auf der tschechischen Festivalbühne. Neben der enormen musikalischen Bandbreite ist es mittlerweile Tradition, dass viele Bands aus meinem Heimatland auf dem Metalfest in Pilsen zu Gast sind. Dies zieht natürlich vollkommen berechtigt viele Fans ins nahe gelegene Tschechien. Ein Interview mit Dr. Dead könnt Ihr im Pommesgabel-Podcast hören.

Okay, mit VISIONS OF ATLANTIS kommt die nächste Band aus Österreich, was jetzt auch nicht so weit entfernt ist. Das Gesangsduo Delauney/Guaitoli ist derzeit auf einer bekannten Videoplatttform in der kurzweiligen von Napalm Records produzierten Serie "Rockstar Villa" zu sehen und kann in Pilsen überzeugen. Natürlich spielt die Symphonic-Metal-Band wie viele etablierte Bands auf Sicherheit und hat die Klassiker 'Master The Hurricane', 'Heroes Of The Dawn' und 'Legion Of The Seas' mit im Gepäck. Doch auch neues Material wird vorgestellt. 'Monsters' ist eine Single-Auskopplung vom am 5. Juli erscheinenden Album "Pirates II - Armada" und kommt wie die vorherigen Hits beim Publikum sehr gut an. Mit dem Auftritt hält VISIONS OF ATLANTIS bleibt die Stimmung auf weiterhin sehr hohem Niveau.

Die deutsche Power-Metal-Band ORDEN OGAN hat etwas mit der Band, welche zuvor gespielt hat gemeinsam. Ebenfalls am 5. Juli erscheint mit "The Order Of Fear" ein neues Studioalbum. Der gleichnamige Song wird hier live zum Besten gegeben, ansonsten gibt es die übliche gute Kost. Auffällig ist das neue Bühnendesign, Drummer Dirk thront auf einem mordshohen Drumriser und ich habe ab und zu Angst, dass er gefühlt 66,6 Meter in die Tiefe stürzt. Da ich die Band ebenfalls auf dem Epicfest in Dänemark gesehen habe, wird es Zeit, mich mal meiner Begleitung zu widmen, viel zu wenig hatte sie in den letzten Tagen von mir. Ich stelle erleichtert fest, dass sie noch nicht ertrunken ist und wir gönnen uns in aller Ruhe ein Bier. Bei einem Rundgang über das Gelände tauschen wir unsere Eindrücke aus und stellen schnell fest, dass das Metalfest 2024 trotz der widrigen Umstände wieder einmal ein tolles Festival ist.

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie oft FEUERSCHWANZ schon ein gern gesehener Gast auf dem Metalfest in Pilsen war, kann jedoch sagen, dass wirklich jeder Auftritt der Band ein voller Erfolg gewesen ist. Als vorletzte Band hat die vielköpfige Mittelalter-Metal-Combo 80 Minuten Spielzeit, welche nicht nur für mich viel zu schnell endet. Schon immer werden die deutschen Songs vom gesamten Publikum lauthals mitgesungen, doch in diesem Jahr betritt FEUERSCHWANZ mit englischen Texten auch internationales Terrain. Mit "Warriors" erschien im Mai das erste komplett englischsprachige Album der Band. Der Kenner erkennt sehr schnell, welche Songs sich hinter 'Death On The Dragonship' und 'Wardwarf' verstecken. Und auch die englische Version vom 'Highlander' kommt bei den Metalheads extrem gut an. Was ich bei ILLUMISHDE schon geahnt habe wird beim Song 'Bastard von Asgard' bestätigt. Fabienne Erni hat im Video zum Song mitgewirkt und somit war zu erwarten, dass sie den Track gemeinsam mit der Band performt. Was es für Hürden mit Fabienne beim Videodreh gab, könnt Ihr noch einmal im Interview mit dem Hauptmann nachlesen. Doch Fabienne ist nicht der einzige Gaststar bei dieser Show. Felix Heldt übernimmt bei 'Warriors Of The World United' den Part von Melissa Bonny und kann wirklich überzeugen. Nicht nur ich bin im rappelvollen Amphitheater der Meinung, dass FEUERSCHWANZ nach dieser fulminanten Show gerne wieder auf dem Metalfest Pilsen auftreten kann.

Auch das beste Festival endet einmal und mit DIMMU BORGIR gibt es noch eine Wendung um 180 Grad. Der heutige Headliner passt mit seinem düsteren Sound sehr gut zum Wetter in Pilsen. Ebenfalls passend ist das sehr spartanisch eingesetzte Licht. War ich bis jetzt von der extremen Pünktlichkeit begeistert, gibt es bei der norwegischen Dark-Symphonic-Metalband zum ersten Mal eine Verzögerung von 15 Minuten. Das tut der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch. Mag der Titel 'Raabjørn Speiler Draugheimens Skodde' noch so sperrig klingen, die Nummer vom 1994 veröffentlichten Debütalbum "For All Tid" ist einfach klasse und findet in den letzten Jahren leider eher selten den Weg in die Setliste. Doch auch der Rest der zehn Stücke umfassenden Setliste lässt eigentlich keine Wünsche offen. Natürlich bietet die Band auf Norwegen keine mitzusingenden Arien, dennoch ist die Stimmung sehr gut und DIMMU BORGIR erweist sich als würdiger Headliner zum Abschluss des Festivals. Wer die Band kennt, weiß, dass man den Mitgliedern ihre Stimmung nicht ansieht. Mit 'Mourning Palace' verabschieden sich die Norweger aus Tschechien. Für uns geht es zum letzten Mal auf den externen Campingplatz. Noch einmal schlafen, dann zieht es uns nicht nach Hause, sondern weiter zum Sweden Rock nach Sölvesborg.

Text: Andre Schnittler mit Unterstützung von Karin Heinritz
Photo Credit: Andre Schnittker
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Redakteur:
Andre Schnittker

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