Mötley Crüe - Stuttgart

26.06.2009 | 11:08

15.06.2009, Schleyerhalle

The CRÜE is back. Die letzte offizielle Tour durch Deutschland liegt mittlerweile 21 Jahre zurück.

Es ist also nicht verwunderlich, dass ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen lasse. Und so mache ich mich an diesem Montagabend auf den Weg nach Stuttgart. Rechtzeitig, wie ich eigentlich dachte. Doch da hatte ich die Rechnung ohne den sprichwörtlichen "Wirt" gemacht. Denn als ich kurz vor 20.00 Uhr in die Schleyerhalle komme, ist die erste Band des Abends, nämlich die BACKYARD BABIES, bereits bei ihrem letzten Song. Sehr schade, denn diese Band hätte ich mir gerne angeschaut, nachdem man ziemlich viel Gutes über ihre Livequalitäten hört. Und die Stimmung in der Halle - soweit ich das in der Kürze der Zeit beurteilen kann - spricht dafür, dass die Schweden auch an diesem Abend eine großartige Vorstellung abgeliefert haben. Nun ja, es sollte an diesem Abend eben nicht sein, dass ich die BACKYARD BABIES erlebe. Aber die nächste Gelegenheit kommt bestimmt.

Als zweite Band steht dann DUFF MCKAGAN'S LOADED auf dem Programm, also die Band des ehemaligen GUNS N' ROSES-Bassisten. Das Intro ist zwar zunächst recht gewöhnungsbedürftig, aber als Duff und Co. dann schließlich loslegen, ist alles wieder im grünen Bereich. Sie starten mit dem Titelsong ihres aktuellen Albums "Sick" und lassen mit 'Executioner's Song' und 'Sleaze Factory' zwei Stücke von der letztjährigen EP folgen. Durch die bereits erwähnte Vergangenheit von Duff sind die Erwartungen natürlich recht groß, aber schon mit den ersten Songs kann die Band das Publikum weitgehend auf ihre Seite ziehen. Auch mit den beiden älteren Songs 'Dark Days' und 'Seattlehead' können LOADED musikalisch durchaus überzeugen, obwohl der überwiegende Teil des Publikums mit dem Material keineswegs vertraut zu sein scheint. Das ändert sich dann schlagartig, als Duff mit 'So Fine' eine GN'R-Nummer ankündigt. Nun wird in der inzwischen gut gefüllten Halle lautstark mitgesungen, und es wird schnell klar, was die Leute von LOADED hören wollen. Es folgen danach zwei weitere Coverversionen, nämlich zum einen 'Attitude' von den MISFITS und zum anderen 'I Wanna Be Your Dog' von IGGY POP. Aber diese Stücke kommen bei weitem nicht so gut an. Gleiches gilt auch für die Eigenkompositon 'Flatline' vom aktuellen Album, das zwar auch ganz gut aufgenommen wird, aber eben keine wirkliche Begeisterung auslöst.

Zum Schluss hat Duff noch ein Ass im Ärmel: Zunächst werden 'Welcome To The Jungle' und 'Paradise City' kurz angespielt, bevor es schließlich 'It's So Easy' vom GN'R-Debüt zu hören gibt. Damit sind dann auch alle GUNS N' ROSES-Fans zufrieden, und somit ist Duff und Co. die Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart ganz gut gelungen. Der Auftritt war jedenfalls mehr als ordentlich, und es würde mich nicht wundern, wenn sich Duff McKagan damit erfolgreich wieder in Erinnerung rufen konnte. Mit der aktuellen Besetzung von GUNS N' ROSES kann er es mit seiner Band allemal aufnehmen.

Setlist:
Sick
Executioner's Song
Sleaze Factory
Dark Days
Seattlehead
So Fine
Attitude
Flatline
I Wanna Be Your Dog
It's So Easy

Zu Beginn der Umbaupause wird ein schwarzer Vorhang heruntergelassen, so dass niemand das geschäftige Treiben auf der Bühne verfolgen kann. So bleibt jedenfalls erstmal Zeit, um sich am Bierstand zu versorgen und am Merchandisestand umzusehen. Ein Schnäppchen ist dort allerdings nicht zu machen. Dreißig Euro sind beispielsweise für ein Tourshirt zu zahlen. Aber das hält die Fans natürlich nicht ab, nicht mal im Schwabenländle.

Gegen 21.30 Uhr ist es dann aber endlich so weit, und das Intro ertönt vom Band. Es scheint ja inzwischen üblich zu sein, dass man sich dabei für einen AC/DC-Song entscheidet: TWISTED SISTER-Konzerte beginnen traditionell mit 'It's A Long Way To The Top', THUNDER starten passenderweise mit 'Thunderstruck', und bei MÖTLEY CRÜE erklingen eben die Höllenglocken. Wie auch immer. Zum Ende des Songs fällt schließlich der Vorhang, und das Konzert kann beginnen, und zwar mit dem Opener par excellence 'Kickstart My Heart'. In den vorderen Reihen kommt dabei gleich sehr viel Bewegung ins Spiel, und so können sich manche nur schwer auf den Beinen halten. Alle anderen haben aber sichtlich Spaß und feiern die CRÜE von Beginn an frenetisch ab. Mit 'Wild Side' und 'Shout At The Devil' lässt das Quartett aus Los Angeles - ihre Heimat kommt allein schon durch das Bühnenbild deutlich zum Ausdruck - zwei weitere Klassiker folgen, bevor Sänger Vince Neil zu einer kurzen Begrüßung ansetzt. Dabei kommt er natürlich auch auf das neue Album "Saints Of Los Angeles" zu sprechen, das an diesem Abend auch nicht zu kurz kommen soll. Der anschließende Titelsong kommt beim Publikum auch ganz gut an, doch man merkt schon recht deutlich, dass die Leute wegen der älteren Nummern gekommen sind. Dessen ist sich wohl auch die CRÜE bewusst, denn nach einem Gitarrensolo von Mick Mars werden 'Live Wire' sowie der Doppelpack 'Too Fast For Love'/'On With The Show' auf das Publikum losgelassen.

Apropos Mick Mars: Der Gitarrist sieht aus wie der Tod höchstpersönlich, und auch seine wenigen Bewegungen wirken nicht gerade lebendig. Aber an seinem Gitarrenspiel gibt es nichts auszusetzen, und das ist ja die Hauptsache. Und die Aktivposten in der Band sind sowieso andere: Vince Neil sowie Bassist Nikki Sixx sind sehr viel unterwegs, und auch Tommy Lee hält es nicht immer hinter dem Schlagzeug. Beispielsweise lässt er es sich auch nicht nehmen, nach vorne zu kommen und das Publikum zu begrüßen (oder seine zahllosen Tattoos zur Schau zu stellen). Jedenfalls kommt nach diesem kleinen Intermezzo das aktuelle Album noch einmal zum Zug, und zwar mit den beiden weiteren Singleauskopplungen 'Motherfucker Of The Year' und 'White Trash Circus'.

Dann ist es aber auch gut mit den neuen Sachen, denn Vince packt sich seine Akustikgitarre und stimmt 'Don't Go Away Mad (Just Go Away)' an. Dass bei diesem Song auch der obligatorische Mitsingteil nicht fehlen darf, versteht sich ja fast von selbst - wobei man der CRÜE zugutehalten muss, dass sie es damit nicht übertreiben (wie viele ihrer Kollegen). Und danach geht es dann sowieso Schlag auf Schlag: Es folgen 'Same Ol' Situation' und 'Primal Scream', die beim Publikum zu mehr oder weniger ausgeprägten Begeisterungsstürmen führen. Die anschließende Bandvorstellung durch Nikki ist zwar reichlich überflüssig, aber gehört eben dazu und ist die so genannte Ruhe vor dem Sturm. Denn mit 'Looks That Kill', 'Girls, Girls, Girls' sowie 'Dr. Feelgood' lässt es der L.A.-Vierer noch einmal richtig krachen. Das Publikum ist bei diesen Songs völlig aus dem Häuschen und grölt insbesondere bei 'Girls, Girls, Girls' lauthals mit.

Nach knapp neunzig Minuten verlassen Vince und Co. die Bühne, doch damit ist das Publikum natürlich nicht einverstanden. Es fordert vehement eine Zugabe, die es dann schließlich auch noch bekommt. Hierzu wird extra ein (buntes) Klavier auf die Bühne geschafft, an dem dann Tommy Platz nimmt, und er spielt die ersten Takte von 'Home Sweet Home'. Die übrigen Musiker gruppieren sich dabei um das Klavier - ein tolles Finale. Denn nach dieser Nummer ist dann auch schon endgültig Schluss, und es folgen lediglich noch eine ganz nette Rap-Einlage von Tommy sowie Sinatras 'My Way' als Outro.

Insgesamt bleibt also festzuhalten, dass sich MÖTLEY CRÜE als eine äußerst professionelle Band präsentiert haben, die genau weiß, was die Fans von ihr erwarten. Die Songauswahl war (nahezu) perfekt, und die Art und Weise, wie die Stücke dargeboten wurden, war auch einwandfrei. Und da man außerdem nicht mit endlosen Mitsing- oder Soloeinlagen gequält wurde, kann ich nur sagen: gut gemacht. Ihr dürft wiederkommen.

Setlist:
Kickstart My Heart
Wild Side
Shout At The Devil
Saints Of Los Angeles
Live Wire
Too Fast For Love/On With The Show
Motherfucker Of The Year
White Trash Circus
Don't Go Away Mad (Just Go Away)
Same Ol' Situation (S.O.S.)
Primal Scream
Looks That Kill
Girls, Girls, Girls
Dr. Feelgood
Home Sweet Home

Redakteur:
Martin Schaich

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