Molly Hatchet - Halle

14.12.2000 | 08:29

12.12.2000, Easy Schorre

Jaja, manchmal braucht man auch mal eine Abwechslung zu dem ewigen Trash- und Death-Geschrammel, daß ich mir letzter Zeit recht häufig angetan habe. Und da kamen mir MOLLY HATCHET gerade recht. Und die Legende des Southern Rock röckt ja auch ganz ordentlich. Das Publikum ging durch alle Alterstufen, wobei der Alterdurchschnitt weit jenseits der 30 lag. Trotzdem konnte ich sogar einen Typen im TYPE O NEGATIVE-T-Shirt und einen weiteren im Shirt mit einem dieser unleserlichen Black Metal-Schriftzüge ausmachen.
Die Vorband EAST BLUES EXPERIENCE waren stilistisch ähnlich angesiedelt wie MOLLY HATCHET, auch wenn sie etwas mehr in Richtung Blues Rock tendierten, während MOLLY HATCHET ja doch mehr mit Metal-Einflüssen kokettieren. Auf jeden Fall waren die Jungs ziemlich gut und wurden auch mit wohlwollendem Beifall bedacht. Allesamt gute und spielfreudige Musiker. Auffällig war dabei das komische Instrument, daß der Bassist bei einigen Songs bediente. Das war eigentlich nur ein Brett mit vier Saiten, daß man auf den Boden stellte. Das Ganze sah für mich eher aus wie ein Kleiderständer und es war ziemlich lustig mitanzusehen, wie er es wie eine Geliebte im Arm hielt und auch entsprechend an ihm herumfummelte. Am besten kam ein Song namens "Sweet Jesus, Where Did I Go" an, eine ruhige Ballade, die als Cover eines gewissen ZAKK WYLDE angekündigt wurde, "ein Musiker, den wir sehr verehren". Ich kenne ja nur einen ZAKK WYLDE, und das ist der OZZY OSBOURNE-Gitarrist, der außerdem bei seiner eigenen Band BLACK LABEL SOCIETY in Lohn und Brot steht. Aber wahrscheinlich stammt der Song eher von seiner früheren Band PRIDE & GLORY (sicher bin ich mir da aber nicht).

In der Pause glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen, als wir plötzlich mit einer Art Schlager-Mucke beschallt wurden. Zum Glück wurden dann noch die SAXON-Scheibe "Metal Head" und AEROSMITH's "Nine Lifes" angespielt, so daß die Anheizerarbeit von EAST BLUES EXPERIENCE doch nicht ganz für die Katz war.
Ja, und dann ging's los. Zuerst ertönte das Intro, dann kam die obligatorische Ansage à la Boxring: "Please welcome...blah blah blah...MOLLY HATCHET". Und dann wurde "Whiskey Man" zum Besten gegeben und die Halle (in Halle) stand sofort wie eine Eins hinter MOLLY HATCHET. Musikalisch natürlich sowieso absolut unangefochten, spürte man jede Sekunde den Spaß, den die etwas gesetzteren Herren immer noch bei ihren Auftritten haben. Da wurde jede Menge Klamauk auf der Bühne getrieben. Eine Kategorie für sich waren auch die zum Schreien komischen Ansagen des Sängers Phil McCormick. Er kündigte fast alle Songs so an: "This is a song about drinkin' cold beer" oder "This is a song about drinkin' this fine Jack Daniel's Whiskey from Tennessee". Dann versuchte er das Publikum zu einem dieser Kindertänze zu animieren ("Tut den linken Fuß vor und den linken Fuß zurück..."), was allerdings kräftig mißlang. Dann gab's eine Einlage eines schröcklichen Country-Songs, dessen Intonierung erst auf lautstarkes Drängen des Publikums abgebrochen wurde. Und auch sonst spielte man sich mit einer erfrischenden Portion Humor durch den Abend.
Ziemlich cool war auch Bassist Andy McKinney, der seiner Funktion als Backgroundsänger sogar gerecht wurde, ohne seine Kippe aus dem Mundwinkel zu entfernen. Und natürlich durfte auch die obligatorische Südstaatenfahne nicht fehlen, die bei fast jedem Song gehisst wurde. Auch selten erlebt man, daß ein Hauptact seine Vorband dermaßen lobt, wie in diesem Falle Phil McCormack die Jungs von EAST BLUES EXPERIENCE. "This guys really kick ass!" Yes, they do...
Natürlich hatten die Songs vom neuen Album "Kingdom Of XII" (u.a. "Heart Of The USA" und "Gypsy Trail") an diesem Abend Priorität, aber auch die beiden letzten, sehr erfolgreichen Alben kammen nicht zu kurz. Auffallend war, daß die Songs von der "Silent Rain Of Heroes" ("Mississippi Moon Dog", "Miss Saturday Night", "Fall Of The Peacemakers") mit Abstand am besten ankamen. Als gekonnt erwies sich auch, daß die Mollys ihre rockige Seite auspackten und ruhigere Stücke wie "Just Remember" beiseite liessen, und dafür einige ihrer ganz alten Stücke (z.B. "Beatin' The Odds" oder "Bounty Hunter"), die live hervorragend funktionieren, auspackten.
So kann man von einem sehr unterhaltsamen Abend sprechen und die Leute hatten auf jeden Fall ihren Spaß. Die lockere, unverkrampfte Art macht die Band mehr als nur sympathisch.
Sehr positiv fielen die Musiker von MOLLY HATCHET auch nach dem Konzert auf, als sie sich ohne jegliche Rockstarallüren unters Volk mischten, Autogramme verteilten und das Gespräch mit den Fans suchten.


Setlist:
Whiskey Man
Heart Of The USA
Gator Country
Down From The Mountain
Miss Saturday Night
Bounty Hunter
Fall Of The Peacemakers
Beatin' The Odds
Mississippi Moon Dog
Gypsy Trail
Why Won't You Take Me Home
Dreams I'll Never See
The Journey
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White Lightning
Flirtin' With Desaster

Soweit die offizielle Setlist. Allerdings haben sich MOLLY HATCHET während des Sets spontan zu einigen weiteren Einlagen entschlossen. Das waren zum einen das ROLLING STONES-Cover "Tumbling Dice" von aktuellen Album "Kingdom Of XII" und, wenn ich mich nicht täusche, noch ein Song von der "Devil's Canyon"-Scheibe.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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