NIGHTWISH - Leipzig & Hamburg
23.05.2012 | 20:4501.05.2012, Leipzig Arena & Hamburg o2 World
Pompös, gigantisch, bombastisch und wortwörtlich reif für den Zirkus gingen NIGHTWISH mit ihrer aktuellen Platte “Imaginaerum“ im Dezember letzten Jahres an den Start. Nachdem die Scheibe monatelang im CD-Player auf und ab rotierte, wird es nun endlich Zeit das neue Material live abzufeiern. Noch schnell zwei Supports einpacken und ab geht die Reise durch die großen Arenen.
Pompös, gigantisch, bombastisch und wortwörtlich reif für den Zirkus gingen NIGHTWISH mit ihrer aktuellen Platte “Imaginaerum“ im Dezember letzten Jahres an den Start. Nachdem die Scheibe monatelang im CD-Player auf und ab rotierte, wird es nun endlich Zeit das neue Material live abzufeiern. Noch schnell zwei Supports einpacken und ab geht die Reise durch die großen Arenen.
Den Beginn der Show machen EKLIPSE, die offensichtlich nichts anderes als eine weibliche Version von APOCALYPTICA darstellen. Nur dass letztgenannte Band überzeugen kann: Vier Frauen, die mit ihren Streichinstrumenten versuchen, Coverversionen von mehr oder weniger tollen Songs zum Besten zu geben. Auf dieser Tour unter anderem im Angebot: 'Cry Me A River' (JUSTIN TIMBERLAKE), 'Wonderful Life' (HURTS), 'In The End' (LINKIN PARK). Vielleicht nett anzusehen, doch lässt sich nicht abstreiten, dass die Supports der letzten Tour (PAIN und INDICA) eindeutig besser einzuheizen wussten. Aber nicht zu schnell urteilen – drei Minuten Umbaupause und ab zum zweiten Support BATTLE BEAST. 2008 gegründet, gewann die Band – ebenfalls aus Finnland – 2010 den Metal Battle auf dem Wacken Open Air. Heavy Metal mit female vocals, der die Meute zwar etwas auftaut, aber auch von Aufheizen kann hier leider nicht wirklich die Rede sein. Was im Ohr bleibt ist einzig und allein die Textzeile 'Show Me How To Die'.
Doch ganz egal, das vor uns Liegende ist nun alles, was zählt. Das Licht geht aus und es erscheint ein riesiger weißgrauer zerfetzter Vorhang, der die Bühne verhängt. Es zeichnet sich der gewaltige Schatten eines Schaukelstuhls ab, auf welchem Marco hin und her wippt und dabei das verträumt-verspielte 'Taikatalvi' singt. Am Ende des Intros wirft er den Stuhl schwungvoll zur Seite und übergangslos ertönt die erste Single 'Storytime' des sagenhaft gigantischen Werkes “Imaginaerum“. Zu Beginn der zweiten Strophe fällt endlich der Vorhang (in Hamburg leider nur zur Hälfte, was dazu führt, dass peinlicherweise ein Mitarbeiter der Security nachhelfen muss) und enthüllt die fünf freudig strahlenden Musiker von NIGHTWISH, die es sichtbar genießen, ihr neues Meisterstück live präsentieren zu können. Zylinder-Tuomas thront – wie immer wild grinsend – hinter seinen Keyboards, die heute von Rohren und Pfeifen umhüllt sind (muss dabei eigentlich noch jemand an die Unterwasserwelt von Arielle denken?), Emppu rennt flink wie ein Wiesel von einer Bühnenseite zur anderen, Drummer Jukka schießt gewaltig hinter seiner Bude, Marco hat die Coolness – auch wie immer – mit Suppenlöffeln gefressen und die niedlich tanzende Anette strahlt über das ganze Gesicht. Während vor der Bühne die Pyros lichterloh brennen, geht es auf der Video-Leinwand bei einer Achterbahnfahrt rasant umher. Alles rundum perfekt inszeniert!
Mit 'Wish I Had An Angel' wird sofort danach ein etwas älteres geniales Stück aus der Tüte gezogen. Ob sich hier schon jemand ein Tränchen wegen Tarja verdrücken muss, welche 2005 die Band verließ? Gruselstimmung kommt mit 'Scaretale' auf. Dicke Rauchschwaden auf der Bühne, ein düsterer Wald mit umher schwebenden toten Seelen wechselt sich auf der Leinwand mit einem alten Kinderkarussell ab und lässt Gänsehaut entstehen. Hut ab! Welche Setlist ist eigentlich zu wählen, wenn man Massen an genialem Material hat, sowohl mit alter als auch mit neuer Sängerin? Wie auch immer, das Resultat ist wohl das gigantischste, was man hätte wählen können. Mit Fingerspitzengefühl wurde eine perfekte Auslese getroffen, die uns gleichermaßen durch das aktuelle Werk führt, einen kleinen Bogen zum letzten Album macht, um dann bei alten Klassikern und Klang-Delikatessen aus Tarja-Zeiten wortwörtlich zu explodieren!
Nachdem bei Krachern wie dem wunderschönen 'Come Cover Me', dem phänomenalen 'Planet Hell' oder dem gigantischen 'Dead To The World' bei den Fans der ersten Stunde Stöhnen aus vollstem Halse ertönt, muss man sich schnell eingestehen, dass Anette der Aufgabe – stimmlich in Tarjas Song-Fußstapfen zu treten – nicht annähernd gewachsen ist. Dennoch: Diese Stücke sind an für sich schon solch große Songs, dass sie eigentlich gar keine große Stimme mehr brauchen und immer noch als ganz besondere Highlights zu betrachten sind. 'Come Cover Me' und 'The Crowl, The Owl And The Dove' lassen einen Flötenmann erscheinen, die Akustik-Version von 'Nemo' lässt weißes Konfetti herabregnen, während Anette es sich bei 'Slow, Love, Slow' ganz andächtig auf einem Barhocker gemütlich macht und die Bühne bei 'The Islander' durch einen Leuchtturm erhellt wird. Die dargebotene Show? Gigantisch! Das Publikum in Leipzig ist völlig aus dem Häuschen und feiert jeden einzelnen Song mit vollster Innbrunst und Dramatik – was man von Hamburg leider nicht behaupten kann, sondern teilweise befürchtet, das Publikum würde vor Müdigkeit einfach umkippen. Erklären kann man sich das natürlich mit den hohen Ticketpreisen, welche die jungen Fans leider außen vor bleiben lassen. Aber wie kann es sein, dass Hamburg so schlapp macht?
Neben dem Instrumentalstück 'Finlandia' hält der Zugabeblock noch die zwei Leckerbissen 'Song of Myself' (die gesprochenen Texte am Ende des Stückes werden leider nur optisch von der Leinwand wiedergegeben) und den großen Kracher zum Abschluss 'Last Ride Of The Day' parat, welcher uns optisch wieder in eine Achterbahngondel presst, vor unseren Augen Pyros krachen und rotes Konfetti regnen lässt, bevor ein Feuerwerk die Bühne zum Beben bringt und die Show im Outro 'Imaginaerum' langsam ausläuft. Minutenlanger Applaus für die Finnen, die hier was ganz Großes auf die Beine gestellt haben. Sagenhaft! Die hohen Erwartungen an diese Tour konnten eindeutig erfüllt werden und die Erinnerung wird sich definitiv im Gehirn festsaugen!
Setlist NIGHTWISH:
01. Taikatalvi
02. Storytime
03. Wish I Had An Angel
04. Amaranth
05. Scaretale
06. Slow, Love, Slow
07. I Want My Tears Back
08. Come Cover Me
09. The Crow, The Owl And The Dove
10. The Islander
11. Nemo (akustisch)
12. Last Of The Wilds
13. Planet Hell
14. Ghost River
15. Dead To The World
16. Over The Hills And Far Away
17. Finlandia
18. Song Of Myself
19. Last Ride Of The Day
Outro: Imaginaerum
- Redakteur:
- Nadine Ahlig