NIGHTWISH, AMORPHIS, ARCH ENEMY - Leipzig

23.01.2016 | 14:59

14.12.2015, Arena

Ein fast finnischer Abend in der Messestadt.

Die "Endless Forms Most Beautiful"-Tour der finnischen Symphonic-Metal-Band NIGHTWISH hat für die Fans im Osten der Republik am 14.12.2015 in Leipzig einen Termin im Gepäck. Grund genug, der Band und den Mitstreitern von AMORHIS und ARCH ENEMY einen Besuch abzustatten. Zumal ja zwei Bands mit neuen Damen am Mikro unterwegs sind, was ja auch einmal begutachtet werden muss. Da das Konzert idealerweise zur gleichen Zeit wie der Leipziger Weihnachtsmarkt stattfindet, kann das bestens mit einem Besuch verbunden werden. Und da dieser Markt ein kleines finnisches Dorf beinhaltet, steht einer kulinarischen Einstimmung auf den Abend nichts im Wege. Also noch fix etwas Leckeres essen und trinken und dann ab zu NIGHTWISH & Co.!

Wie das auf solchen Märkten immer so ist, kommt man doch nicht so schnell los wie geplant und wir treffen gut eine halbe Stunde vor Konzertbeginn an der Arena ein. Daher entscheiden wir uns für den anliegenden Arena-Parkplatz, statt lange noch in einer der Seitenstraßen zu suchen. Dort hat man die Zeichen der Zeit erkannt und die Parkgebühr auf 10 Euro, in Worten: ZEHN!, angehoben. Dafür, dass der Besucher für gut vier Stunden auf Schotter stehen darf, eine absolute Frechheit! Und, ehrlich gesagt, trüben solche Dinge gleich die Vorfreude auf den Abend. An beiden Seiten der Arena geht es am Einlass eher schleppend voran und so sind die Schlangen ordentlich lang. Die Leute am Einlass sind eher unmotiviert und als es kurz vor 19:00 Uhr drinnen laut wird, animiert das auch keinen, einen Zahn zuzulegen. So gibt es für die Arena schon mal zwei Minuspunkte, ehe einem der Einlass gewährt wird.

Als die letzten Töne von 'Death Of A King', dem ersten Stück von AMORPHIS verstummen, erreichen wir dann auch Eingang. Der Innenbereich ist erstaunlicherweise noch gar nicht so voll wie gedacht. Dafür scheinen die Sitzplätze recht begehrt. Auch die Fans werden älter. Den Jungs auf der Bühne ist ihr Alter jedoch nicht anzumerken, die sind wie immer tatkräftig zu Gange. Okay, hauptsächlich ist es Sänger Tomi Joutson, der sich am meisten bewegt. Und da fällt doch gleich auf: Wo sind denn die Rastas des Herren hin? Da war wohl einer beim Friseur. So müssen die Fans auf die typische Geste der kreisenden Rastas verzichten. An der Stimmung im Publikum ändert diese Tatsache nichts. Es wird fleißig mitgemacht. Und so können sich die Fans beispielsweise über 'The Smoke' oder 'Silver Bride' freuen. Da den Finnen nur gut eine halbe Stunde Zeit zur Verfügung steht, machen sie auch glücklicherweise keine großen Pausen und Ansagen, sondern konzentrieren sich vielmehr auf die Musik. 'House Of Sleep' beendet den Gig und die Band erhält viel Beifall aus dem Publikum.

Die Umbaupause folgt, und danach steht die erste "Frontfrau-Premiere" an. ARCH ENEMY schickt sich nun an, der Masse einzuheizen. Und das tun sie in der Tat, zumal der Sound der Schweden nicht unbedingt jedermanns Sache ist und sich generell im Publikum viele Besucher befinden, die so gar nicht nach der Musik aussehen. Aber egal, Sängerin Alissa White-Gluz wirbelt wie ein Flummi über die Bühne und macht der Menge ordentlich Dampf unter dem Hintern. Gesanglich kommt sie nicht so tief herunter wie Angela Gossow. Und auch sonst wirkt sie eher wie ein Teenie unter alten Herren. Die Coolness, die Frau Gossow ausstrahlte, fehlt beim jungen Sing-Ding im gewöhnungsbedürftigen Outfit, was sie mit Bewegung auszugleichen versucht. Es gelingt ihr nur ansatzweise. Ihre ganze Choreografie wirkt sehr einstudiert. Sicher, das ist bei anderen Bans auch so, hier fällt es aber recht deutlich auf. Wenn gefühlt drei Viertel der Besucher recht ruhig da stehen, sollte man sich Sätze wie: "You guys are fu...ing amazing!" verkneifen. Selbstredend wird zu 'Under Black Flags We March' die Fahne geschwungen. Bei den Fans der Band herrscht super Stimmung, allerdings sind doch viele andere mit dem Sound der Schweden etwas überfordert. Die Musiker lassen sich davon jedoch nichts anmerken und zocken sich munter durch das Set. Nach gut 45 Minuten ist Schluss. Natürlich wird nach einem Nachschlag gerufen, der aber nicht kommt. So geht es mit gemischten Gefühlen, was die neue Sängerin von ARCH ENEMY betrifft, in die Umbaupause.

Die Bühne wird jetzt erst einmal komplett abgehangen und dahinter fleißig gewerkelt. Immer mehr Besucher strömen jetzt nach vorn und versuchen einen guten Platz zu ergattern. Rund 5.000 sind es wohl. Endlich fällt der Vorhang und mit schicker Pyrotechnik geht es in den NIGHTWISH-Konzertabend. 'Shudder Before the Beautiful' eröffnet den Gig. Die Menge begrüßt die Finnen frenetisch. Die wuseln alle über die Bühne und etwas später betritt auch Sängerin Floor Jansen diese. Auch sie agiert gleich in einem ordentlichen Tempo und verbreitet gute Stimmung. Mit 'Ever Dream' folgt bald ein erster Ausflug in die Vergangenheit, den die "Neue" gut meistert. Sicher, im Vergleich zu Tarja Turunen klingt es einfach anders, aber man spürt, dass Floor Jansen selbst aus dem Genre kommt und sich auch dementsprechend auf der Bühne präsentiert, was bei ihrer Vorgängerin Anette Olzon nicht der Fall war. Insgesamt passt sie besser in die Band als Anette. Man könnte auch sagen: Die Mutti singt, die Kinder an der Gitarre blödeln rum und Vati Tuomas Holopainen passt hinter seinem Keyboard auf seine Meute auf, das keiner aus dem Rahmen fällt. Natürlich ist hier auch sehr viel durchstrukturiert und jeden Abend das Gleiche, aber die Musiker können das mit ihrer Leichtigkeit und Spielfreude sehr gut  kaschieren. Und darauf kommt es doch an. 'Wishmaster' ist an diesem Abend einer der ältesten Songs und jetzt sieht man auch recht deutlich im Publikum, wer seit den Anfangstagen ein Fan der Band ist. Einfach schön, diesen Klassiker mal wieder live erleben zu können. Das sehen die Fans genauso.

'While Your Lips Are Still Red' schlägt nun ruhigere Töne an und wird von Marco Hietala vorgetragen. Der Brite Troy Donockley ist als letzter zur Band gekommen und wird auch vorgestellt. Da die Band bereits am Vortag angereist ist, haben sie wohl ebenfalls einen Abstecher auf den Weihnachtsmarkt gemacht. So stellt er fest, dass der dort ausgeschenkte Glühwein "very dangerous" sei. Na ja, kommt eben auch auf die Menge an. Den Kater spürt der Besucher nicht beim Konzert. Im Gegenteil, alle sind sehr agil zu Gange. 'Alpenglow' oder 'Storytime' heizen der Menge zusätzlich ein, die fleißig mitsingt.

Als die ersten Töne von 'Nemo' erklingen, bricht erneut Jubel im Publikum aus. Der Song wird auf und vor der Bühne regelrecht zelebriert. Halt, es geht doch noch älter. Mit 'Stargazer' vom zweiten Album "Oceanborn". Sehr schön - einfach genießen! Im Anschluss erklingt das zehnminütige Stück 'Ghost Love Score'. Nicht immer einfach, aber dennoch hervorragend dargeboten. Ein letzter Ausflug in die Neuzeit beschert 'Last Ride Of A Day', dessen Titel nicht besser passen könnte. Im Anschluss wird zum finalen Rundumschlag ausgeholt. Ja genau, 'The Greatest Show On Earth', ein gut zwanzig Minuten langes Werk, bildet das Finale an diesem Abend. Natürlich perfekt inszeniert vom Meister Tuomas Holopainen. Es ist eine Achterbahn der Gefühle und der Musik. Und zugegeben, das Ende und der eindringliche Chor: "We were here", lassen viele erst einmal sprachlos da stehen. Es dauert erst einmal ein wenig, bis die Menge gebührend applaudiert. Der eine oder andere sagt kurz dazu: "Komisches Ende". Natürlich verabschieden sich die Musiker noch von ihren Fans, die "Zugabe!"-Rufe werden laut, aber eigentlich weiß jeder, das nun Schluss ist.

Das Licht geht an und ziemlich abrupt endet der Konzertabend nach knapp zwei Stunden. Ordner drängen die Menge recht schnell von der Bühne weg und oben wird schon fleißig abgebaut. Zeit ist eben Geld. Alles in allem war es ein schönes Konzert. Ein paar ältere Titel wären durchaus noch toll gewesen, um dem Ganzen die Note perfekt zu verleihen. Vielleicht beim nächsten Mal. Nur die Arena-Widrigkeiten sind ein wenig auf den Magen geschlagen. Hier darf die Preispolitik gern noch einmal überdacht werden!

Die Fotos stammen von Hannelore Hämmer und wurden beim Konzert in Frankfurt gemacht.

Redakteur:
Swen Reuter

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