Nevermore - Stockholm

14.10.2005 | 14:05

09.10.2005, Klubben

Dass Schweden metalmäßig ein heißes Pflaster ist, hatte ich ja schon vor meinem kleinen Urlaub erwartet, dass es allerdings so genial ist hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht gedacht! Gleich fünf Metalkonzerte kann man da in einer Woche sehen, in den angesagten Rockclubs und Pubs der Stadt tummelt sich sämtliche Metalprominenz und auch auf den Konzerten werden die einen oder anderen Gesichter von AMON AMARTH, KATATONIA, HYPOCRISY und Co. gesichtet. Zum NEVERMORE-Konzert hatten sich außerdem noch besondere Gäste eingefunden: SOILWORK und HATESPHERE erschienen in voller Besatzung, um die freien Tage bis zu ihrem Gig am Dienstag zu überbrücken. Klar war da auch die Freude von MERCENARY, die selber Fans von ihren Landsmännern HATESPHERE sind, groß! SOILWORK wiederum freuten sich bestimmt darüber, dass NEVERMORE-Bassist Jim Sheppard später mit einem ihrer Shirts auf die Bühne stapfte.

Nach dem Einlass ging alles ganz schnell und die Stockholmer waren ruckzuck im Club drin, wo MERCENARY gerade erst ihren Soundcheck beginnen wollten und sich sichtlich wunderten, dass nach Einlass schon so viele Leute in die Halle stürmten. So wurde eben nur ein kurzer Linecheck angestimmt, bevor die Dänen mit 'ReDestructDead' in einen traumhaften Gig starten. MERCENARY sind bestimmt eines der kleinen Wunder der letzten Jahre und auch die Stockholmer, die zuerst eher reserviert wirkten, wurden schnell mit dem Sound der Dänen warm. Die spannende Mischung aus Prog Metal, Schweden-Death und Power Metal hat's eben in sich und Sänger Mikkel tat sein Übriges, um das Publikum zu motivieren. Nach den grandiosen 'Firesoul', 'World Hate Center', dem etwas älteren 'Seize The Night' und dem Titeltrack des letzten Albums, '11 Dreams', war der Zauber leider viel zu schnell vorbei und MERCENARY hinterließen ein sichtlich überraschtes Publikum. Wie schon zuvor in Salzburg, zeigten sich die Jungs nachher alle am Merch-Stand um mit den Fans zu plaudern, CDs zu signieren und sich über einen weiteren gelungenen Gig zu freuen. Einfach sympathisch, diese Talente!

DEW-SCENTED fuhren dann eine ganz andere Schiene, da krachts, da knallts, da gabs auch in Stockholm Headbangalarm! Gnadenloser Thrash und rohe Energie ist zwar nicht unbedingt das, was ins eher melodiöse Package von NEVERMORE passt, doch die Mischung scheint zu funktionieren und immerhin kannte man die Deutschen auch in Schweden so gut, dass man sich zum fröhlichen Moshen mitreißen ließ. So thrashten sich die Deutschen durch ein heißes Set an Hits wie 'Unconditional', 'Rituals Of Time' oder 'Soul Poison' und konnten am Ende trotz des etwas brutaleren Sounds überzeugen. Als die Deutschen die Bühne verließen, wurde jedoch sofort klar, was Stockholm wollte: NEVERMORE!

Die Halle begann sich langsam noch mehr zu füllen und verwandelte sich schnell in einen Sauna-Hexenkessel mit NEVERMORE-hungrigen Metaljüngern. Und als dann die ersten Noten von 'Born' angestimmt wurden, gab es in der Menge kein Halten mehr, da war das, was MERCENARY und DEW-SCENTED zuvor ernteten gerade mal ein Höflichkeitsapplaus. Jeff Loomis und Steve Smyth duellierten sich mit einem Killerriff nach dem anderen, schüttelten Soli aus dem Ärmel, dass einem nur noch das pure Staunen ins Gesicht stand und selbst die Metalprominenz im Club nur noch den Hut vor einer dermaßen überzeugenden Performance ziehen konnte. Was folgte war mehr als eine Stunde Metal vom Feinsten und ein Warrel Dane in Bestform, der seine Haarpracht unter einer Mütze begrub, seit seinem Alkoholentzug mindestens um 10 Kilo abgenommen hatte und absolut stimmsicher wirkte. Kein Patzer und kein falscher Ton konnte dieses Konzert trüben und NEVERMORE spielten sich durch ein beeindruckendes Best-Of-Set mit Songs aus jeder Schaffensphase. Neben neuen Glanzstücken wurde gerne ausgiebig auf das "Dead Heart In A Dead World"-Album zurückgegriffen. 'The River Dragon Has Come', 'Narcosynthesis' oder das Cover, was eigentlich kein Cover ist, 'The Sound Of Silence', durften nicht fehlen. Gänsehaut pur versprachen die Balladen 'Dreaming Neon Black' und der NEVERMORE-Hit schlechthin. 'The Heart Collector', den Warrel mit einer ziemlich dramatischen Ansage ankündigte. Begeisterter Applaus und Mitsingen von der ersten bis zur letzten Note begleiteten den 'Heart Collector' und als Warrel die Schweden im Chor singen ließ, da war auch das letzte Eis gebrochen und Stockholm war endgültig im NEVERMORE-Fieber versunken. Als Zugabe wurde noch mal kräftig in der Hitkiste gekramt und Band wie Fans gaben alles, um dieses Ereignis würdig zu beenden - mit dem Titeltrack des neuen Meisterwerks 'This Godless Endeavor' und 'Enemies Of Reality'. Zurück blieben begeisterte Fans und die Erkenntnis, dass NEVERMORE einfach nicht von dieser Welt sein können, denn wer solche Riffs, solche Soli, solche Brutalität zusammen mit so vielen Emotionen erschaffen kann, und das live auch noch genauso rüberbringt, der hat fast eine eigene Religion verdient. Gut, vielleicht übertreib ich's jetzt auch, aber beeindruckend war dieser Abend auf jeden Fall!

Redakteur:
Caroline Traitler

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