New Model Army - Berlin
16.11.2007 | 20:4909.11.2007, Columbiahalle
In Großbuchstaben prangt an diesem Abend in der Columbiahalle das Wort "ausverkauft" über der Abendkasse. Kein Wunder, denn heute Abend tritt hier die Guitar-Wave-Band NEW MODEL ARMY aus Großbritannien auf. Kurz vor 21 Uhr, dem eigentlichen Beginn, ist die Halle bereits sehr gut gefüllt, und das Warten beginnt.
Die Wartezeit auf NEW MODEL ARMY wird aber erst einmal durch ihre Vorband DEMANDER versüßt. Die softe Rock-Band glänzt vor allem durch ihre gut aussehende und wohl dauernd lächelnde Sängerin Kanan Correa, die mit ihrer klaren und kräftigen Stimme überzeugt. Sanft bewegt sie sich zu den Klängen ihrer Band. Bassist Jarred legt sich hingegen mehr ins Zeug. Trotzdem können sie das Publikum nicht zu Bewegungen animieren. Still schaut sich jeder das angenehme Schauspiel auf der Bühne an und versucht, die gespielten Songs zu genießen.
[Franziska Böhl]
Ein Einwurf: Natürlich sind DEMANDER als Vorband nicht der grandiose Überreißer. Aber dennoch hört sich ihr Alternative Rock ganz nett an, besonders die Stimme von Bassistin und Frontfrau Kanan Correa überzeugt. Und für die Band ohne Plattenvertrag ist die Fahrt über den großen Teich - sie stammen aus New York - sowieso ein Erlebnis für sich. Schön, dass NEW MODEL ARMY solchen jungen Künstlern eine Chance geben.
[Henri Kramer]
Nach ungefähr einer halben Stunde verlassen DEMANDER dann die Bühne. Ein recht kurzer Auftritt, aber schnell ist das vergessen, denn NEW MODEL ARMY treten gleich auf. Erst einmal bleibt aber ein wenig Zeit, um ein kühles Bier zu holen. So lässt sich die Wartezeit schließlich auch gut verbringen. Dann: Ein riesiger Jubelschrei durchfährt das Publikum: Seine Helden NEW MODEL ARMY betreten die Bühne. Das Lächeln von Sänger Justin Sullivan ist kaum zu übersehen. Mit viel Freude werden die ersten Töne des Opener-Songs 'Vanity' angeschlagen. In ein wenig Nebel gehüllt haucht Sullivan jedem einzelnen Wort des Liedes kraftvoll Leben ein und bewegt sich dazu - das Publikum macht es ihm gekonnt nach. Beifall ernten die Jungs auch direkt im Anschluss. Es folgen die Songs 'No Mirrow', 'Island' und 'Into The Wind'. Mittlerweile hat sich auch schon ein kleiner Pit vor der Bühne gebildet, der zunehmend den unteren Bereich der Columbiahalle einnimmt. Ein Konzerterlebnis vom Feinsten bahnt sich an, und das nach so kurzer Zeit. Selbst DEMANDER-Sängerin Kanan Correa lässt es sich nicht nehmen, den NEW MODEL ARMY-Auftritt aus nächster Nähe mitzuerleben.
Doch nicht nur im Publikum herrscht Action. Auch Sullivan bewegt sich gekonnt zu den mal ruhigeren und mal schnelleren Songs und schüttelt dabei seine mittlerweile mittellangen Haare. Rasant werden Songs wie 'Breathing' und 'Rivers' gespielt, bis es dann bei 'The Hunt' zu einem erneuten Höhepunkt kommt: Laut rufen die Fans fleißig "Go!" und ja, NEW MODEL ARMY geben ihr Bestes. Man bekommt bei den Jungs stets das Gefühl, dass ihre Musik genau das wiedergibt, was sie denken und wie sie fühlen. Doch Sullivan legt auch genügend Emotionen in sein Spiel aus Mimik und Gestik. Mit 'Get Me Out' folgt ein weiterer Klassiker. Die Masse tobt, kocht und freut sich über jede einzelne Sekunde dieses fantastischen Sounds. Beim nächsten Song, 'Before I Get Old', will Sullivan das Publikum mitsingen lassen - aber leider will sich keiner so recht beteiligen, so dass er zunächst fast alleine weitersingt, bis dann auch die Instrumente wieder einsetzen und es genauso gut weitergeht. Direkt danach gibt es 'Chosen' und 'Bloodsports' zu hören. Und dann taucht ein junger Mann blutend aus dem Pit heraus: Bei der überschwänglichen Freunde bleiben Verletzungen manchmal eben nicht aus.
[Franziska Böhl]
Live-Ansichten aus dem Pit. Es ist unglaublich, wie viele Leute noch zu den alten Klassikern von NEW MODEL ARMY zu animieren sind. Überall vor der Bühne tanzen und pogen sie ohne Unterlass. Außerdem hat Justin Sullivan passend zum 9. November den richtigen Spruch mitgebracht: Schön, dass die Mauer weg ist. Da hat der Mann Recht. In der DDR hätte so eine subversive Band nicht spielen dürfen. Die hätten die Jugend verdorben, so hätte die Interpretation gelautet. Schön, dass sich jetzt jeder aussuchen kann, ob er verdorben sein möchte und ob er sich in einen wild wabernden Konzert-Pit stürzt. Bei NEW MODEL ARMY werden zumindest zwei Fans diese Entscheidung bereut haben: Einer landet mit einer fetten Platzwunde am Kopf gleich im Krankenhaus, ein anderer Typ muss die blutige Lippe behandeln lassen. Wenigstens können die zwei Jungs trotz ihrer Verletzung noch lächeln.
[Henri Kramer]
Die meisten Fans bekommen das allerdings nicht mit und blicken nach vorn zu Sullivan. Er erzählt von einem Pärchen, das heute geheiratet hat und stimmt 'Purity' an. Dabei singen die Fans fleißig die Zeile "Revolution forever" mit. Anschließend sind 'Bad Old World', 'Wired' und '225' zu hören. Dann gehen die Jungs das erste Mal, ohne sich zu verabschieden, von der Bühne. Doch sie haben noch nicht einmal den letzten Fuß von der Bühne gesetzt, da fordert das Publikum schon eine erste Zugabe. Klar, die lassen sich NEW MODEL ARY nicht nehmen. Genauso wie die zweite Zugabe. Für die muss das Publikum auch nur wenige Minuten klatschen. Leider kommen sie kein drittes Mal, um beispielsweise noch 'The World' zu intonieren. Trotzdem: Es war ein wunderbares Konzert. Die Stimmung war grandios, die Band sehr gut gelaunt, und der Mix aus alten und neuen Songs war mehr als gelungen. Beim nächsten Mal sollte nur jeder Halsbonbons mitbringen, damit Sullivans Stimme nicht wieder leidet und dieser Konzertgenuss noch viel länger andauern kann.
[Franziska Böhl]
- Redakteur:
- Franziska Böhl