Nickelback - Stuttgart

17.10.2008 | 14:54

09.09.2008, Hanns-Martin-Schleyer-Halle

Das Programm des heutigen Abends klingt recht vielversprechend, halten doch mit NICKELBACK und STAIND zwei Hochkaräter des nordamerikanischen Alternative Rock in der Schwabenmetropole Hof und haben sich als Stätte der Niederkunft die Schleyerhalle ausgesucht [wer von denen hat denn entbunden? - d. Red.]. Dass diese mit gut 7.000 Besuchern nicht so richtig voll wird, kann an dem ungünstigen Zeitpunkt der Veranstaltung liegen, sind doch die meisten Fans nach all den Sommerfestivals gerade Anfang September noch reichlich satt.

Den Anfang machen Aaron Lewis und Gefolge, die unter STAIND firmieren, und gut eine Stunde Zeit haben, die Arena zu rocken. Nach dem 2001er Megaseller "Break The Cycle", der gerade in den USA wie frisch geschnittenes Brot über den Tresen ging und alleine dort über fünf Millionen verkaufte Einheiten zählen durfte, wurde es etwas ruhiger um die Band, besonders in Europa. Auch wenn man mit den Nachfolgern "14 Shades Of Grey" und "Chapter V" zwei ordentliche Alben veröffentlicht hat, flaute der Boom ein wenig ab. Für einen Aufschwung soll nun die neue Scheibe "The Illusion Of Progress" sorgen, die gerade einmal seit knapp drei Wochen in den Regalen der Händler steht.

STAIND sind eigentlich eher das Gegenstück zu der energiegeladenen Show von NICKELBACK. Träge wummern den Anwesenden die tiefer gestimmten Gitarren und der wuchtige Bass entgegen. Gepaart mit dem überwiegend melancholisch gehaltenen Gesang von Fronter Aaron Lewis, kommt nicht gerade die typische Feierstimmung in der Halle auf, sondern lädt das Dargebotene in erster Linie zum Zuhören ein. Gekonnt vereint man aggressive Gitarrenbretter mit balladeskem Songmaterial, und gerade die ruhigeren Klänge der erfolgreichen Singleauskopplungen 'Outside' und 'It's Been Awhile' sorgen für überdurchschnittlichen Aktionismus im Publikum, während der Rest mehr oder weniger zur Kenntnis genommen und artig beklatscht wird. Mit ihrer Performance reißt der Vierer aus Springfield, Massachusetts auch nicht gerade viele mit, da gerade Aaron Lewis den Aktionsradius eines Bierdeckels hat und lediglich die wechselnden Farben der Spotlights für Bewegung in seinem Umfeld sorgen. Lediglich der Rausschmeißer 'Mudshovel' und der abschließende Knall sorgen dafür, dass die meisten der Anwesenden aus ihrer Lethargie gerissen werden. Alles in allem eine etwas durchwachsene Show, von der ich mir mehr erwartet hatte. Eine charismatische Ausstrahlung alleine reicht in dem Fall nicht.

Setliste STAIND:

Price To Play
Just Go
Right Here
Pardon Me
So Far Away
Falling
Epiphany
For You
Outside
Believe
It's Been Awhile
Mudshovel

Ganz anders sieht es bei den Kanadiern aus. Mit lautem Donnerknall und sprühenden Funken eröffnen Chad Kroeger und Co. mit 'Animals' den Reigen und sorgen von Beginn an für Partystimmung im weiten Rund. Wie Derwische hetzen die Musiker über die Bühne und den Mittelsteg, um breitbeinig in den gängigen Rockstarposen auszuharren und sich abfeiern zu lassen. Unterstützt von zahlreichen Video-Einspielungen und reichlichen Pyros brennen NICKELBACK ein wahres Hitfeuerwerk ab. Das Programm enthält selbstredend alle Stücke, die das Quartett aus Hanna, Alberta zu einem weltweit erfolgreichen Act gemacht haben und es insgesamt mehr als 40 Millionen Einheiten absetzen ließen. Egal, welche Songs dargereicht werden - das Publikum frisst der Band förmlich aus der Hand.

Auch ein Grund für den Erfolg ist sicherlich die impulsive Show, die selbst Kritikern ein "Hey, die rocken ja wirklich!" entlockt. Alle Beteiligten merkt man die Spielfreude an. Chad Kroeger ist wie gewohnt nicht gerade mundfaul und sorgt für reichlich Aufheiterung mit seinen Ansagen. So würde er beispielweise sein ganzes Geld auf die Deutschen setzen, wenn es um einen Biertrinkerwettstreit mit Irland ginge. Scheinbar hat der gut gelaunte Kroeger ein paar Tage zuvor beim Auftritt in Dublin feststellen müssen, dass die Insulaner doch nicht so trinkfest sind, wie man immer behauptet oder meint.

Aufgelockert wird das Treiben auf der Bühne durch altbekannte Spielchen wie T-Shirt-Kanonen und Bierbecherwerfen, einzig auf das Wetttrinken mit Schlagzeuger Daniel Adair wird dieses Mal verzichtet. Was vielleicht auch besser ist, da der schlaksige Fellgerber bei seinem letzten Besuch in Stuttgart im Longhorn seine aus dem Publikum geholten Mitstreiter recht alt aussehen ließ und seine Pulle in rekordverdächtiger Zeit abpumpte. Warum man aber die Becher in hohem Bogen ins Publikum schleudert, erschließt sich mir nicht so richtig, geht doch das Meiste schon auf dem Flug oder bei der Landung verloren.

Doch kommen wir zu den wesentlichen Dingen des Abends: Chad Kroegers Frisur. Glaubt man der Damenwelt, ist sie dieses Mal furchtbar und wird u. a. als Topfschnitt, Prinz Eisenherz oder Unfrisur bezeichnet. Den meisten männlichen Besuchern fällt dieser Missstand wohl eher nicht auf.

Am 18. November erscheint der neue NICKELBACK-Rundling "Dark Horse", der leider an diesem Abend keine Berücksichtigung in der Setliste findet. In dieser Verfassung werden NICKELBACK sicherlich noch in zehn Jahren zu den ganz großen Acts ihrer Zunft zählen und dann vielleicht auch die Schleyerhalle komplett füllen; zum Kochen brachte man sie schon heute Abend!

Setliste NICKELBACK:

Animals
Woke Up
Photograph
Because Of You
Far Away
Saturday Night
If Everyone Cared
(T-Shirt Toss)
Savin Me
Someday
Side Of A Bullet
(Drum-Solo)
Remind Me
(Beer Toss)
Too Bad
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Rock Star
Figured You Out

Redakteur:
Frank Hameister

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