Nocturnal Culture Night 2018 - Deutzen
10.11.2018 | 18:3907.09.2018, Kulturpark
Das Coming-Home-Festival für die ältere Generation der schwarzen Szene.
Bei bestem Festivalwetter geht es am Nachmittag nach Deutzen. Durch diverse Baumaßnahmen ist der "Stammparkplatz" in der Nähe des Geländes leider nicht vorhanden. Aber es gibt einen kostenfreien Parkplatz auf einer angrenzenden Wiese, die auch nicht so weit weg ist. Das entschädigt wieder und gibt einen dicken Pluspunkt für die Veranstalter! Am Eingang ist eine ordentlich lange Schlage, doch es geht glücklicherweise relativ zügig und so reicht die Zeit noch für ein Eröffnungsgetränk, bevor die Electro-Veteranen DIE KRUPPS auf der Weidenbogenbühne die Gerätschaften malträtieren. Frontmann Jürgen Engler versprüht von Beginn an eine ungeheure Energie und zieht damit die Zuschauer vor der Bühne gleich mit in seinen Sog. 'Dawning Of Doom' ist der erste Streich und der zündet ordentlich im Publikum. Noch einen Zacken schärfer wird es im Anschluss zu 'Der Amboss'. Jetzt tobt die Menge und der Sänger greift nun auch zu den Schlagwerkzeugen, um die Rohre vor ihm zu bearbeiten. Mit 'To The Hilt' erklingt später der Bandklassiker schlechthin. Der Frontmann hat seine Fans gut im Griff und die machen ordentlich mit. Eine super Stimmung vor und auf der Bühne! 'Fatherland' begeistert die Menge ein weiteres Mal. Am Ende gibt es 'Bloodsuckers' aus dem Jahre 1994 für die Fans auf die Ohren. Vor der Bühne geht es ein letztes Mal hart zur Sache. Begeistert verabschieden die Fans DIE KRUPPS, die natürlich eine Zugabe fordern, doch der Wunsch wird leider nicht erfüllt. Alles in allem ein gelungener Einstand in das Festival.
Musikalisch völlig andere Klänge serviert im Anschluss ein Trio aus Österreich. THE DEVIL AND THE UNIVERSE liefert einen atmosphärisch düsteren und okkulten Sound auf der Kulturbühne ab. In langen Gewändern und den bekannten Ziegenmasken treten sie vor ihr Publikum. Dicht gedrängt lauschen die Besucher den Klängen der Band, die ihre Sounds mit Samples untermauern, denn von den drei Jungs singt selbst keiner. Kurze Zeit später entledigen sie sich ihrer Masken und liefern eine perfekt abgestimmte Show ab. Sicher ist das Ganze recht speziell, doch es gibt hier zum NCN genügend Publikum, das sich darauf einlässt, und so fahren die Musiker allerhand Sympathiepunkte an diesem Abend ein.
Geografisch gesehen geht es mit der nächsten Band benachbart weiter. Die Schweizer Band THE BEAUTY OF GEMINA ist an der Reihe. Es ist bereits dunkel geworden, als die Herren aus dem Land der Eidgenossen die Bühne betreten. Nach dem Intro geht es mit dem gut bekannten Song 'End' los. 'All Thouse Days' folgt danach, während am Schlagzeug noch ein wenig gewerkelt wird. Das tut der Stimmung im Publikum aber keinen Abbruch, denn da wird ordentlich mitgeklatscht. Routiniert und mit schweizerischer Präzision kann die Formation hier in Deutzen die Menge begeistern und selbstredend ist 'Goth DJ' oder 'Rumours' im musikalischen Gepäck dabei. Die Akustik-Version zu 'Dark Rain' wird von den Fans sehr gut aufgenommen. Was will man mehr? 'Down On The Lane' beendet den schon fast unspektakulären, aber musikalisch tollen Gig der Band. Man schafft es halt auch ohne großes Brimborium, sein Publikum bestens zu begeistern!
Langsam aber sicher geht der erste Festivaltag zu Ende. Auf der Amphibühne steht der Hauptact in Form von MARC ALMOND an. Mit diesem Auftritt erfüllt sich der Festivalmacher selbst einen großen Wunsch. Und so groß die Vorfreude auch ist, zu diesem Auftritt werden am Ende die Meinungen stark auseinander gehen. Mit den unzähligen Besuchern vor der Bühne, wo kein Apfel mehr zur Erde geht, sollte der Zuschauer-Rekord auf jeden Fall gebrochen sein. So eine Menschenmenge gab es glaube ich noch nie. Der Herr Almond und seine Band haben die gute Laune mitgebracht und als es losgeht empfängt sie ein wahrer Begeisterungssturm durch das Publikum. Der Sänger passt optisch in seiner Trainingsjacke nicht so ganz in das Bühnenbild und erst recht nicht zum Publikum. Aber sei es drum. Mit 'Adored And Explored' startet die Combo und mit den beiden Background-Soul-Sängern wird auch auch gleich die musikalische Richtung des Abends angezeigt. Und hier liegt auch der Knackpunkt. Musikalisch ist die Show wirklich toll, doch es passt Vieles einfach nicht wirklich hierher. Während die einen total abfeiern, stehen viele Szenegänger eher mit fragendem Blick da. Die einen gehen beispielsweise zu dem RIHANNA-Cover 'Russian Roulette' oder 'My Hand Over My Heart' unheimlich ab und andere hangeln sich eher durch das Set mit der Hoffnung, dass 'Tainted Love' bald erklingt und sie dann gehen können. Doch damit dauert es noch ein wenig, denn es wird logischerweise erst gegen Ende des Konzertes gespielt. Dazwischen kann 'Black Heart' wunderbar das verkörpern, was viele erwartet hatten. Nun gibt es aber kein Halten mehr und alle Anwesenden genießen den Song und singen mit. Vergessen ist der Frust. 'Tainted Love/Where Did My Love Go' und auch die anderen Songs dürften die wenigsten Anwesenden hier bereits einmal live gehört haben. Von daher entschädigt das hier gerade für alles andere! Als der letzte Song des Abends veröffentlicht wurde, dürften einige Zuschauer noch gar nicht das Licht der Welt erblickt haben. 'Say Hallo, Wave Goodbye' von SOFT CELL stammt aus dem Jahre 1981 und hat auch bis heute nichts von seinem Charme verloren. Die Fans feiern die Band danach ordentlich und unter viel Applaus geht es erst einmal runter von der Bühne. Einen kleinen Nachschlag gibt es aber noch und mit dem verabschiedet sich der Sänger von seinem Publikum hier auf der Amphibühne.
Langsam aber sicher lichten sich die Reihen und viele begeben sich bereits auf den Heimweg oder in die Zelte. Doch ein Act steht noch auf dem Programm. Auf der Parkbühne spielt LIZETTE LIZETTE. Die schwedisch-peruanische Musikerin bezeichnet sich selbst als geschlechtsneutral und präsentiert sich in einem Plastikmantel, Schlabber-Jogginghosen und riesigen Plateauschuhen. Dafür ist der Sound des Trios außerordentlich gut! Mit einer Mischung aus unterkühlter Distanz und Lustlosigkeit präsentiert sich die Sängerin. Ihre beiden Mitstreiter dagegen zeigen sich da wesentlich offener und fröhlicher. Dem tollen Sound tut das aber zum Glück keinen Abbruch. Die Fans in den vorderen Reihen tanzen fleißig mit und können sich dabei über 'Easy Street' oder 'Sober Up' freuen. Viel zu schnell ist der Gig vorbei und die Band kann sich durch ihren Auftritt über viele neue Fans freuen, denn das Urteil über den elektronischen Spätauftritt ist durchweg positiv. Und da viele Besucher die Band vorher noch nicht kannten, gab es damit auch eine tolle Neuentdeckung für einige. Das ist immer wieder das tolle am NCN!
Danach geht es mit vielen musikalischen Eindrücken erst einmal nach Hause, während hier vor der Bühne noch ein wenig Musik aus der Konserve läuft. Für alle die noch nicht genug haben.
- Redakteur:
- Leoni Dowidat