Noisolution Label Party - Berlin
19.05.2022 | 20:2508.04.2022, Hole 44
Zwei Mal verschoben, jetzt relevant. Mehr denn je. Das Berliner Qualitätslabel lädt zur Gutfühlung.
Eine Woche, nachdem mich NOTHING wieder an die Bühnen gefesselt hat, im Roadrunners Paradise. In derselben Stadt. Der großen. Ein Club mit eindeutiger Prägung und hoher Frequenz durch die Biker-Szene. Hier hat das Berliner Qualitätslabel Noisolution zum Jubiläum geladen, es wurde zwar schon zweimal verschoben, aber das ist nun vergessen. Arne, der umtriebige Labelchef, erzählt mir vor dem Paradise, von welchen Widrigkeiten solch eine eigentlich schöne Veranstaltung begleitet wird. Zum Beispiel sagten nach Verbreitung der Neuigkeiten die langjährigen Labelmates von MOTHER TONGUE ihre Teilnahme ab, gefolgt von den Dortmundern DAILY THOMPSON, deren beiden letzten Alben eine größere Aufmerksamkeit und wohlwollende Beachtung fanden.
Ja, so sind die Bands, die Noisolution über die Jahre angesammelt und betreut hat, nachdem der Kasseler Riecher von Arne davon Wind bekommen hatte. JUD, THE PICTUREBOOKS, COOGANS BLUFF und nicht zuletzt ROTOR sind hier zu nennen. Der erste Abend also komplette Berliner Musike. ISOSCOPE in Traditionslinien mit SONIC YOUTH, MELVINS und NIRVANA, 24/7 DIVA HEAVEN stuckern und schröpfen ihren Punkrock mit einem eindrucksvoll abwechslungsreichen Auftritt und provozieren damit schon erste Schnapsattacken für kleinere Gruppen Jungmannen im Publikum. Das Trio macht Spaß und man hört und sieht, dass es den auch hat.
Das ausverkaufte Haus ist nun angeschwitzt, der Blick geht ab und zu zum Sohne, der in Begleitung eines Freundes an die Konzertkultur heranbegleitet werden soll. Die beiden Nachwüchse amüsieren sich prächtig und beobachten alles ganz genau, wie sie da so in der fiesbequemen Ledercouch gammeln und fläzen und so langsam mit den Mitgästen in den Mittfünfzigern in Gespräche kommen. Gestandene Szenegänger, dröhnende Langbärte und verquaste Vinylsammler und deren Fachdiskurse sind natürlich auch gekommen, sie ergänzen das weitgefasste Publikum, das sich in den Pausen Erlebnisse zumurmelt und sich bei den Gigs zusammen mitreißen läßt. Die bisherige Sozialisation will es, dass meine beiden Teenies die älteren Herren in Grau als eine "Ansammlung von Gandalfs" benennen, was durchaus auch Berechtigung hat.
Sie beschreiben mir die abendliche Metamorphose des einen so: Bei ISOSCOPE schien im Sonnenbrillengesicht ab und zu ein anerkennendes Lächeln erkennbar zu sein, bei 24/7 DIVA HEAVEN tippte der eine Lederstiefel durchaus rhythmisch mit, um zum Ende des Auftritts der drei Damen gar Beifall zu spenden. Das Haupthaar aber öffnete sich während der ersten Töne von ROTOR, die am Freitag den Abschluss bilden. Gewohnt riffig-griffig geht es in die Vollen und auch neues Material wird gut in das Getöse eingepasst. Das Publikum ist errötet und auch ich kann nun vollends bestätigen, dass Musik im Club das Leben lohnt.
Samstag, wir haben größere Stadtrundgänge in Potsdam und Berlin in den Waden. Heute wird es etwas spezieller. KASKADEUR stammt aus Potsdam und ist Progmucke, Punkt. Früher unter dem Namen STONEHENGE unterwegs, entwerfen die Vier eine Stunde voller vertrackter und voluminöser Stücke, die vor allem dem Zuhör-Publikum sehr gefallen, wie den Tanzenden anzusehen ist.
PIGHOUNDS ist dann wieder eher etwas für die Emotion. Das Duo ist angetreten, um als Freunde eine schöne Zeit auf der Bühne zu haben – und nebenbei wird gejammt. Das funktioniert gut und kippt nie ganz in das Zotenhafte. Eher lässt man sich mittlerweile von den Versuchen der beiden schwatzhaften Ruhrpottler, einen typisch noisigen Duorock mit Melodien zu verbinden, fesseln. Gefällt mir ausgesprochen gut, vor allem, weil mich das hier im Moment überzeugt hat.
Das folgende Projekt SILVERSHARK ist ein Querschnitt durch das Personal beheimateter und befreundeter Berliner Bands und ein Spaßprojekt irgendwo zwischen Klamaukschlager alias GUILDO HORN und BEE GEES. Wir schauen uns das eine Weile an, wobei es hier viel ums gewollte Tanzfeuer geht und eher ein Abklopfen ist, wieviel Funk noch in diesen Nischen Berlins zu finden ist. Kann man mal machen.
Die Labelparty nach knapp 10.000 Tagen Bestehen, wie Arne stolz betont, hat die Lust zur Musike enorm gefestigt, was geht da denn noch... ? Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch nicht im Blick, was zwei Wochen später im UT Connewitz in Leipzig angeboten werden wird.
Auf Noisolution übrigens grummelt es wieder beachtlich, Neues von COOGANS BLUFF ist zu erwarten, BROTHERS GRIMM ist nun zu einem Trio angewachsen und füttert die Boxen nun auch mit Lautstärke, wie hier zu hören ist. Und mit den Niederländern THE BALLET BOMBS steht auch schon die nächste Entdeckung auf dem Fuzzpedal. Zudem wandern die Bands fleißig durch die Lande, Besuche derselben sind hiermit angeraten.
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben