OBSCURA, SKELETAL REMAINS und GOROD - Köln

05.03.2025 | 10:37

23.02.2025, Gebäude 9

Neues Lineup und neue Songs, doch alte Klasse!

Das Tech-Death-Schlachtschiff OBSCURA segelte in den vergangenen Wochen und Monaten nicht unbedingt durch die stillsten Gewässer des metallischen Ozeans, sondern kämpfte sich eher durch einen Sturm von Empörung und Anfeindungen in den sozialen Medien. Auf die teils von Ex-Kollegen öffentlich ausgetragenen Streitigkeit um Songwriting-Beteiligungen und Tantiemen möchte ich hier gar nicht näher eingehen, denn am Ende kennen nur die Beteiligten die Fakten und spekuliert wird auch so schon genug in diversen Online-Kommentarspalten.

Traurig ist allerdings, dass von dieser ungewollten Aufmerksamkeit das neue Album "A Sonication" überaschattet wird und einen faden Beigeschmack erhält, dabei ist die Scheibe eigentlich ein weiteres Highlight im sowieso schon vor starker Musik strotzenden OBSCURA-Kosmos. Und ja, mir ist bewusst, dass meine Rezension vor wenigen Wochen noch etwas Skepsis an vermehrt epischen Tönen im Bandsound anklingen ließ, doch seit dem Release ist "A Sonication" weiter gewachsen und belegt hartnäckig immer wieder meinen Player. Dass ich mir da natürlich auch die Tour zum Album beim Konzert im Kölner Gebäude 9 nicht entgehen lassen konnte, dürfte angesichts der wachsenden Begeisterung niemanden überraschen.

Bevor wir uns nun aber Steffen Kummerer und seinen Mistreitern widmen, gibt es noch zwei Supports zu bestaunen, die sich musikalisch in ähnlichen Gefilden tummeln wie der heutige Headliner. Das Set der Franzosen GOROD ist dabei leider bereits in den letzten Zügen, als ich in der Location ankomme. Das, was ich vom Fünfer aus Bordeaux noch zu hören bekomme, klingt durchaus vielversprechend. Zelebriert wird anspruchsvoller technischer Death Metal, der allerdings im direkten Vergleich zu OBSCURA mehr Wert auf die Fingerfertigkeiten legt und weniger in angeschwärzt-epischen Gefilden wildert. Spaß macht das Ganze trotzdem und ich notiere mir zumindest einmal, mich mit dem Backkatalog der Franzosen besser vertraut zu machen.

SKELETAL REMAINS aus den USA schlägt danach in die andere Kerbe des musikalischen Spektrums des heutigen Abends, denn auch wenn der Vierer aus Kalifornien ebenfalls handwerklich auf allerhöchstem Niveau agiert, sind die Kompositionen doch deutlich mehr auf wuchtigen Grooves und fiesen Blastbeats aufgebaut. Unterstützt wird der sowieso schon vorhandene Dampf des Songmaterials heute von einem ziemlich lauten und durckvollen Sound, weshalb man sich auch so fühlt, als würde man von einer fies vor sich hin riffenden Thrash-Death-Dampfwalze überrollt werden. Dabei muss ich zugeben, dass mich SKELETAL REMAINS mit den Studioalben nie gänzlich abholen konnte, doch auch ich ertappe mich ob der handwerklich starken Leistung, die aus tiefen Nebelschwaden abgefeuert wird, dabei, wie ich schnell durchaus angetan mitnicke.

Schön wäre es, wenn der Nebel einem nicht teilweise die Sicht zu sehr rauben würde, sodass man den beiden Gitarristen Adrian Obregon und Chris Monroy etwas besser auf die Finger schauen könnte, sind die beiden mit ihren tollen Leads für mich doch die klaren Stars des durchaus starken Sets. Dass der Schlussapplaus trotz dieser Leistung dann etwas verhalten ausfällt, liegt also nicht an der Leistung der Band, sondern eher an der Tatsache, dass das Gebäude 9 heute so gerade einmal zur Hälfte gefüllt ist. Ob bei der mageren Ausbeute an Tickets der unglückliche Termin an einem Sonntagabend, der zu dieser "Jahreszeit" alles in Köln dominierende Karneval oder doch die Kontroverse um den letzten Lineupwechsel bei OBSCURA eine Rolle gespielt hat, darüber kann man am Ende nur spekulieren. Schade für die toll aufspielenden Bands ist das verhaltene Zuschaueraufkommen dennoch.

Des einen Leid ist aber wie gewohnt des anderen Freud, denn durch die lichten Reihen kann ich mich während der folgenden Umbaupause problemlos nach vorne manövrieren, um für OBSCURA die beste Sicht zu haben. Ein paar Fragezeichen machen sich bei näherer Betrachtung der Umbauarbeiten aber ebenfalls schnell breit, denn die Musiker, die hier ihre Instrumente checken und sortieren, sind nicht die gleichen, die auch "A Sonication" im Studio eingezimmert haben. Eine kurze Recherche mithilfe des Smartphones offenbart, dass Steffen aufgrund von terminlicher Kollisionen für die Tour offenbar wieder umdisponieren musste, sodass heute BEYOND CREATION-Basser Hugo Doyon-Karout und die beiden FRACTAL UNIVERSE-Musiker Vincent Wilquin (Gitarre) und Clément Denys (Schlagzeug) OBSCURA komplettieren.

Ob das gut geht? Nun, der epische Opener 'Forsaken' vom letzten Langdreher "A Valediction" beantwortet offene Fragen schnell und beweist, dass Steffen weiterhin ein Meister darin bleibt, fähige und großartige Musiker um sich zu versammeln. Ich jedenfalls habe von Anfang überhaupt nichts zu meckern, sondern bewundere schlicht, wie gut eingespielt diese neue Mannschaft sich durch eine Setliste wuchtet, die überraschend viel Betonung auf die neueren OBSCURA-Werke legt. Nach 'Forsaken' serviert uns der Vierer nämlich mit einem Doppelpack aus 'Silver Linings' und 'Evenfall' direkt zwei Tracks des noch sehr frischen Albums "A Sonication". Auch wenn sich viele Fans gerade an der etwas simpleren Strukturierung des letztgenannten Tracks gestört haben, offenbart 'Evenfall' live seine gesamte Macht und versetzt gerade in den vorderen Reihen jeden Nacken in Bewegung. Die epische Melodie krönt schließlich einen Song, der für mich tatsächlich einen der absoluten Höhepunkte der Setliste markiert.

Doch keine Sorge, auch wenn der Schwerpunkt heute Abend auf "A Sonication" und "A Valediction" liegt, gibt es auch für alteingessene Fans ein paar Schmankerl. Der "Deluvium"-Track 'Emergent Evolution' etwa ist live weiterhin ein absoluter Volltreffer, während natürlich auch das rasante 'Akróasis' für angemessene Begeisterung im Publikum sorgt. Mit zunehmender Spielzeit wächst meine Bewunderung insbesondere für Gitarrist Vincent Wilquin, denn nicht nur ist der Franzose ein unheimlich sympathischer Aktivposten auf der Bühne, er hat auch sämtliche Details der diversen Tracks auf dem Kasten und kommt oftmals näher an die Studioversionen der Songs heran als so manche frühere Besetzung, in der sich die Lead-Gitarristen auch gerne einmal mehr Freiheiten gerade bei den Soli nahmen.

Den größten Applaus in der Kategorie der älteren Tracks erntet allerdings wenig überraschend 'The Anticosmic Overload', der wohl gemeinsam mit 'Incarnated' (das heute Abend sehr zu meinem Leidwesen fehlt) zu den absoluten Klassikern des Durchbruchsalbums "Cosmogenesis" gehört. Damit ist die Geschichtsrunde in der regulären Spielzeit aber auch schon wieder beendet, denn mit dem fiesen 'Devoured Usurper' und 'The Sun Eater' sorgen ansonsten eher jüngeren Tracks für Ausrufungszeichen. So richtig packend wird es allerdings dann nochmal zum Ende des Sets hin mit dem "A Valediction"-Doppelschlag, bestehend aus dem Titeltrack und dem absolut großartigen 'When Stars Collide', das für mich zum zweiten glasklaren Höhepunkt des Abends wird. Was für ein herrlich epischer und melodischer Song, mit dem Steffen und seine Mistreiter sich erst einmal in den Feierabend verabschieden. Eine Zugabe gibt es aber natürlich noch, wobei die Wahl von 'Septuagint' natürlich eine großartige ist, darf damit doch mein liebster "Omnivium"-Track ein kurzweiliges, unterhaltsames und handwerklich hervorragendes Konzert nach knapp 65 Minuten würdig beenden.

Setliste OBSCURA: Forsaken; Silber Linings; Evenfall; Emergent Evolution; In Solitude; Devoured Usurper; Akróasis; The Sund Eater; The Anticosmic Overload; When Stars Collide; A Valediction; Zugabe: Septuagint

Das Fazit zum Abend fällt allerdings doch etwas zwiegespalten aus. Einerseits gehe ich zufrieden nach Hause und in dem Gedanken, ein starkes Konzert gesehen zu haben, andererseits bin ich auch ein wenig traurig, denn die tolle Leistung aller Bands hätte eigentlich ein volles Haus verdient gehabt. Klar, ich verstehe die Skepsis vieler Fans angesichts der Lineupwechsel, immerhin ist gerade im technischen Death Metal, wo die Leistung der einzelnen Musiker sehr im Vordergrund steht, die Bindung zu bestimmten Instrumentalisten besonders groß. Trotzdem verdient dieses OBSCURA-Lineup eine Chance, denn handwerklich und musikalisch bin zumindest ich - als jemand der mehr den Fokus auf die Musik als die beteiligten Musiker legt - ziemlich begeistert vom heutigen Abend. Unerwähnt bleiben sollen als Randnotiz übrigens auch die T-Shirt-Preise nicht, denn mit 25€ für ein doppelseitig bedrucktes Shirt und 35€ für ein großflächig bedrucktes Longsleeve liegen diese bei allen Bands im sehr humanen und angemessenen Bereich, was heute ja keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist.

Photocredit: Da wir leider keinen unserer Fotografen vor Ort hatten und der sehr dichte Nebel mir als Laie mit halbwegs gutem Equipment das Leben extrem schwer gemacht hat, habe ich für die visuelle Illustration auf Bilder von Martin Dannehl zurückgegriffen, der OBSCURA für uns auf dem Party.San Open Air 2024 abgelichtet hat.

Redakteur:
Tobias Dahs

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