OBSCURA - A Sonication
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/25
Mehr über Obscura
- Genre:
- Progressive Death Metal / Technical Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 07.02.2025
- Silver Linings
- Evenfall
- In Solitude
- The Prolonging
- Beyond The Seventh Sun
- Stardust
- The Sun Eater
- A Sonication
OBSCURA ist im Wandel, doch geht es in die richtige Richtung?
Die Vergleiche zwischen OBSCURA und DEATH waren vor allem etwas, das die Band von Mastermind Steffen Kummerer zu Beginn ihrer Karriere begleitet hat. Inzwischen haben sich die Bayern aber doch deutlich vom eigenen Vorbild distanziert und besetzen eine ganz eigene Nische im technisch geprägten, aber dennoch unheimlich melodisch gefärbten Technical Death Metal. Eine Parallele zu Chuck Schuldiner, die Steffen wohl nie gänzlich wird abschütteln können, ist allerdings die Wechselhaftigkeit des Lineups, denn wie einst bei DEATH rotiert auch die OBSCURA-Besetzung mit beständiger Regelmäßigkeit, was bei vielen Fans und den beteiligten Kollegen nicht immer auf Begeisterung stößt. So dürfte es dann auch niemanden überraschen, dass das neue Album "A Sonication" wieder einen Bruch in der Besetzung markiert, wobei Steffen dieses Mal Unterstützung von Kevin Olasz (Gitarre), Robin Zielhorst (Bass) und James Stewart (Schlagzeug) erhält.
Der Weg zur neuen Mannschaft scheint aber heuer etwas holpriger gewesen zu sein, denn die Veröffentlichung von "A Sonication" wird auch von Vorwürfen der ehemaligen Bandmitglieder überschattet. Insbesondere Ex-Basser Alex Weber erhob auf seinen sozialen Medien die Anschuldigung, die Bass-Linie und Melodie der Single 'Evenfall' stamme aus seiner Feder und hätte nach Absprache nicht im OBSCURA-Kontext weiter benutzt werden dürfen. Wer hier am Ende im Recht ist und wer nicht, möchte ich an dieser Stelle nicht beurteilen, denn nur die Ex-Kollegen und Steffen wissen, welche genauen Absprachen hier getroffen wurden. Als grundlegende Information wollte ich euch trotzdem mit auf den Weg geben, dass es durchaus Fragezeichen gibt, welcher Musiker nun welche Passage komponiert hat, weshalb ich auch die im folgenden verteilten Loorbeeren in dieser Hinsicht mit einem kleinen Sternchen verstanden wissen möchte.
Nun aber zurück zur Musik, wo so sicher wie das regelmäßige Drehen des Besetzungskarussels ist, dass Steffen sich immer wieder unheimlich fähige Musiker ins Boot holt. So überzeugt auch der neue Silberling schon ab der ersten Sekunden des Openers 'Silver Linings' handwerklich auf ganzer Linie, wobei einen vor allem im Intro des Tracks der Fretless Bass von Robin mit seinem charakteristischen Sound quasi schon anspringt. Der Fretless-Sound der ja immer minimal um die Gitarrentöne herumtänzelt und oftmals gerne etwas nasal klingt, ist dabei mit Sicherheit wie gewohnt eine Geschmackssache, doch ich liebe diese klangliche Komponente unheimlich und freue mich, dass sie hier sofort so prominent in Szene gesetzt wird. Und auch ansonsten ist der Opener rein instrumental im Kern ein typischer OBSCURA-Track, der von vertrackten Riffs über tolle Melodien und verzwackte Soli alles im Gepäck hat, was man von der Band in diesem Kontext seit Jahren erwarten darf. Doch auch die Neuerungen sind unüberhörbar, denn die Streicher und symphonischen Elemente, die in der ersten Komposition vor allem im Refrain und dem späteren Outro Verwendung finden, wurden sonst - wenn überhaupt - deutlich weniger prominent in den Bandsound integriert. Die epische Note steht dem Track in meinen Ohren aber sehr gut, sodass ich mich vom Fleck weg bestens unterhalten fühle.
Da stellt mich das bereits erwähnte 'Evenfall' im Anschluss schon eher vor ein Rätsel, denn hier steht die episch-hymnische Note des Songs so weit im Vordergrund, dass mir abseits der Soli die OBSCURA-Trademarks doch fast etwas sehr in den Hintergrund rücken. Als Tech-Death-Maniac könnte man den Song beinahe als langweilig empfinden, gleichzeitig pflanzt einem die Nummer aber einen so hartnäckigen Ohrwurm ein, dass sie trotz der atypischen Herangehensweise für mich einen Höhepunkt auf dem Silberling markiert. Gleichzeitig scheint die Nummer aber auch die generelle Richtung vorzugeben, denn wie auch in Ansätzen schon auf dem Vorgänger "A Valediction" musste durch die gesamte Spielzeit hinweg der Prog-Charakter gegen die neugewonnen Epik deutlich zurückstecken, was uns dann zwar immmer wieder tolle Melodien wie in 'Beyond The Seventh Sun' oder 'In Solitude' beschert, trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass doch ein Riff-Kracher wie 'Incarnation' in der Trackliste fehlt.
Gut, das mächtig nach vorne gehende 'The Prolonging' schlägt hier noch am ehesten in die todesmetallische Kerbe, erreicht aber auch nicht die gleichen Riff-Höhen wie der eben erwähnte Klassiker. Versöhnlicher dürfte euch da schon der Rauswerfer 'A Sonication' stimmen, der dann doch wieder mehr in der Vergangenheit gräbt und in sieben Minuten für mich die neuen Komponenten am stimmigsten mit dem klassichen OBSCURA-Sound zusammenbringt. Gleiches gilt für die Produktion von "A Sonication" eher selten. Denn während die symphonischen Elemente und Gitarrenleads sehr präsent in Szene gesetzt werden, fehlt mir gerade beim Schlagzeug und den Rhythmusgitarren oftmals der letzte Biss, der dem Silberling die richtige Death-Metal-Kante hätte verpassen können. Da ist zumindest für meine Ohren noch Luft nach oben.
Und eine ähnliches Fazit könnte auch für "A Sonication" in seiner Gesamtheit gelten, wobei ich persönlich noch immer etwas unschlüssig vor dem Player sitze. Einerseits hat die Platte großartige Songs und vor allem auch Melodien im Gepäck, genauso gefällt mir auch die leicht episch-symphonische Note, trotzdem vermisse ich auch die raue und teils brutale Ungeschliffenheit und die knackig-vertrackten Riffs meines Diskografie-Lieblings "Cosmogenesis". Wo sich "A Sonication" am Ende im OBSCURA-Kosmos einsortiert, wird wohl die Zeit zeigen müssen. Auch ihr solltet vor einem blinden Kauf erst einmal reinhören, um festzustellen, ob euch die Kurskorrektur der Bajuwaren gefällt. Für den Moment vergebe ich dank meines offenen Ohres für die epischen Untertöne der Scheibe 8,5 Zähler, wobei die Note in der Langzeitwirkung durchaus noch variieren und für beinharte Tech-Death-Fanatiker definitiv anders ausfallen könnte ...
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs