PANTERA, POWER TRIP und KING PARROT - Düsseldorf

18.02.2025 | 11:59

09.02.2025, Mitsubishi Electric Hall

Vulgar Display Of Live-Power.

Wer hätte gedacht, dass ich mit meinen 36 Lenzen jemals die Gelegenheit haben werde, PANTERA live zu sehen. Doch im Juni letzten Jahres kam die mehr als überraschende und frohe Kunde: Brown und Anselmo sind am Start – auch in Deutschland! Dabei sind mit Zakk Wylde und Charlie Benante zwei mehr als würdige Vertreter der Gebrüder Abbott, deren Vermächtnis sehr geschmack- und stilvoll ins Hier und Jetzt transferiert werden sollte. Doch der Reihe nach: Erst einmal müssen wir nach Düsseldorf, um an diesen Sonntagabend zur Mitsubishi Electric Hall zu fahren. Wir können es noch immer kaum glauben, doch heute Abend wird sich PANTERA die Ehre geben.

Ähnlich wie FAITH NO MORE oder FEAR FACTORY verbinde ich mit dem großen Namen PANTERA die 1990er Jahre, als mir mein Onkel zum ersten Mal etwas härtere Klänge vorspielte. Richtig, "Vulgar Display Of Power" und "Far Beyond Driven" liefen rauf und runter und selbst als kleiner Steppke wusste mich der Groove der Musik schon zu faszinieren. Doch sollte es bis in die 00er-Jahre andauern, bis ich den Zauber und die Magie dieser Band wirklich verstand. In meiner PANTERA-Hochzeit dann jedoch der Schock am 08. Dezember 2004.

Und nun 20 Jahre später soll es zu meiner ersten PANTERA-Show kommen – oder besser gesagt: Tribute-Show gemeinsam mit Charlie und Zakk, um noch einmal den einzigartigen Groove dieser so wegweisenden Band zu honorieren. Selten bin ich also gespannter vor einem Auftritt, frage mich, was mich erwartet, wie das neue (?) PANTERA-Gefüge funktionieren, wie die Zeitreise in die Mitte der 1990er Jahre vonstattengehen wird.

An der Halle der Rheinstadt angekommen, erwarten mich erst einmal zwei lange Schlangen, die nur darauf warten, bis sich um 18 Uhr endlich die heiligen Tore öffnen. Zugegeben, es gab schon gemütlichere Situationen, doch im Inneren – und damit im Warmen – angekommen, ist die Wartezeit schnell vergessen. 45€ für Shirts ist natürlich ein saftiger Preis, was jedoch viele Metalheads – ob jung oder alt, ob das erste oder nach 25, 30 Jahren erneut bei PANTERA – nicht davon abhält, zuzugreifen. Schon früh sind die ersten Reihen vor dem Wellenbrecher gut besetzt und auf zwei großen LED-Wänden werden Videos diverser Hardcore- und Sludge-Metal-Bands abgespielt, um das Warten auf große Dinge zu verkürzen.

Davor rumpelt sich pünktlich um 19 Uhr die Grindcore-Band KING PARROT aus Australien auf die Bühne. Der Funke will ob des etwas matschigen Sounds nicht recht überspringen und ob Grindcore am heutigen doch thrashigeren und groovigeren Abend so gut gewählt ist, sei auch mal so dahingestellt. Doch in Sachen Energie kann man den Kollegen von Down Under keine Vorwürfe machen und wohmöglich kann man durch Songs wie 'Dead End' oder 'Bite Your Head Off' doch den einen oder anderen Fan dazugewinnen. Im Mai sind Youngy und Co. auch mit einem neuen Album am Start und so gibt es aus "A Young Person's Guide To" am Ende den Appetizer 'Fuck You And The Horse You Rode In On' – weisste Bescheid.

Jetzt wird es aber gewaltig: Schande über mein Haupt, habe ich POWER TRIP erst im Zuge der PANTERA-Show wirklich zur Kenntnis genommen und auf Platte gefällt mir der geradlinige und so durchschlagende Crossover Thrash der Amis extrem gut. Welches Feuerwerk Seth Gilmore, der den des viel zu früh verstorbenen Riley Gale einnimmt, und Konsorten heute vom Stapel lassen, lässt mich mit offener Kinnlade zurück. Die Riffs sind knüppelhart, das Schlagzeug groovt sich unaufhaltsam seinen Weg durch Mark und Bein und der Sound ist glasklar und brutal as hell.

Dazu diese markerschütternden Vocals, ein Stage-Acting vom Allerfeinsten und die komplette Halle ist aus dem Häuschen. Gibt es bei KING PARROT noch vereinzelte Lücken, ist nun nahezu die gesamte Halle gespannt ob des durchschlagenden Gigs aus dem Hause POWER TRIP. So wird das Beste aus "Nightmare Logic" und "Manifest Decimation" mit solch einem Elan und so tight heruntergezockt, das Feuer auf der Bühne direkt ins Publikum geschossen, die Menge immer wieder angeheizt, um Brecher wie 'Executioner's Tax (Swing Of The Axe)', 'Hornet's Nest' – geile Stand-alone-Single - oder 'Drown' frenetisch zu feiern. Dass die Nackenmuskulatur aufs Äußerste strapaziert wird, versteht sich von selbst. Selten werde ich von dem Gig einer Vorgruppe so sehr in den Bann gezogen und mitgerissen wie heuer bei POWER fuckin' TRIP.

Nach rund 45 Minuten ist der sehr kurzweilige Spaß auch vorbei und ein großes PANTERA-Banner hebt sich langsam in die Höhe. Die Vorfreude steigt, von Minute zu Minute wird die Anspannung größer. Während weiterhin Clips auf den großen LED-Wänden gezeigt werden, werden plötzlich die Lichter gedimmt und es ist angerichtet.

Wir werden nicht enttäuscht, denn als der Vorhang fällt und der Jubel im Publikum nicht hätte lauter werden können, sind Brown, Anselmo, Wylde und Benante auf der Bühne und zollen auf einzigartige Art und Weise der Musik von PANTERA Tribut. Eine Welle der Euphorie ist zu spüren, als das 'A New Level'-Ungetüm mit einem drückenden Sound und dem großen PANTERA-Logo auf der dritten LED-Wand gleich über der Bühne in die Halle dröhnt. Barfuß-Phil ist gut und kräftig bei Stimme und selbst wenn er mit seinen auch mittlerweile 56 Lenzen nicht mehr ganz so quirlig und agil über die Bühne hüpfen kann, ist er auf selbiger dennoch eine Erscheinung.

Rex sorgt für den nötigen Groove, aber was Zakk in bester Dimebag-Manier auf der Klampfe zelebriert, ist schon aller Ehren wert, zeigt er doch eindrucksvoll, dass er auch die schnelleren Parts problemlos beherrscht und dem Auftritt einen starken Drive verpasst. Während sich Charlie an der Schießbude die Seele aus dem Leib trommelt, geht es nahtlos weiter mit dem allzu mächtigen 'Mouth For Power War', 'Strength Beyond Strength' und 'Becoming'. Während zwischenzeitlich Phil der verstorbenen Abbott-Brüdern gedenkt und auf der LED-Wand die Silhouette der beiden zu sehen ist, kreisen im Publikum die Matten und die Gesichter haben ein breites Grinsen. Während des tadellosen 'I'm Broken' und 'Suicide Note Pt. II' gibt es allerlei Flammen, Lichteffekte und weitere, mächtige LED-Projektionen.

Es ist müßig zu erwähnen, dass die Mitsubishi Electric Hall aus allen Nähten platzt und die Texte zu '5 Minutes Alone', 'This Love' und 'Floods' lautstark mitgesungen werden. Weiterhin ist der Sound eine absolute Macht und die vier Protagonisten sind gänzlich in ihrem Element. Auch Phil weiß sich artig bei Düsseldorf zu bedanken und bringt die eine oder andere Anekdote an den Mann. Richtig emotional wird es dann zu besagtem 'Floods', bei dem über die großen LED-Wände alte Videos von Dimebag und Vinnie gespielt werden, sie in die Kamera lächeln, allerlei Hotel-Schabernack treiben und ihnen so auf sehr würdevolle Art und Weise am heutigen Abend gedacht wird.

Danach wird der fetteste Groove ausgepackt mit 'Walk', ehe 'Domination' die Doublebass-Keule hervorholt. Ohja, hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Als dann zum "Cowboys From Hell"-Titeltrack das Intro ertönt, kennt der Jubel kein Halten mehr. Nach einer kleinen Mini-Pause ertönen letztendlich noch 'Fucking Hostile' und Phils letzte Dankesworte an das Düsseldorfer Publikum, ehe sich die Band unter tosendem Applaus und Sprechchören verabschiedet. Richtig, auch wenn das Ende nach 80 Minuten viel zu plötzlich und schnell kommt, bleibt dieser Gig allen Anwesenden in mehr als guter Erinnerung.

Wir halten also fest: Klar ist man ob der kurzen Spielzeit und der damit verbundenen, gesalzenen Preise für Ticket und Shirt doch ein klein wenig enttäuscht. Doch die Freude, diesen Tribut an zwei der größten Musiker der Neuzeit sehr geschmackvoll und authentisch gesehen zu haben, den Geist von PANTERA stilecht durch Anselmo und Brown gespürt und die geheime Zustimmung der Gebrüder Abbott gehört zu haben, dass Benante und Wylde sie auf den Bühnen dieser Welt vertreten sollen, ist es allemal wert, den Abend in Düsseldorf anstatt vor dem TV zwecks des Super Bowls verbracht zu haben. Eine beeindruckende Show inklusive eines mörderischen Sounds und einer so genialen wie passenden Vorband – Chapeau meine Herren, ich bin froh, dass ich diese Gelegenheit nutzen durfte.

Setliste: A New Level; Mouth For War; Strength Beyond Strength; Becoming; I'm Broken; Suicide Note Pt. II; 5 Minutes Alone; This Love; Floods; Walk; Domination/Hollow; Cowboys From Hell; Fucking Hostile

Anm. d. Verf.: Gerne hätte ich euch mit einigen Fotos verwöhnt, doch nahezu alle sind nix geworden. Und mit verschwommenen Bildern will ich euch dann doch nicht abspeisen.

Redakteur:
Marcel Rapp

Login

Neu registrieren