PAPA ROACH und WAGE WAR - Hamburg
30.01.2025 | 18:5325.01.2025, Alsterdorfer Sporthalle
Gute Musik und Nostalgie.
Kurze Anmerkung zu Beginn: Leider erhielt ich für das Konzert keinen Fotopass, dementsprechend gibt es leider keine Bilder von der Show.
Es gibt verschiedene Gründe, um auf ein Konzert zu gehen. Manchmal feiert man einfach die Musik ab und will seine Lieblingsbands live sehen, ein anderes Mal will man eine Reihe jüngerer Bands entdecken. Für das PAPA ROACH Konzert in der Sporthalle Hamburg hatte ich zumindest unterschwellig noch einen weiteren Grund. Ich wollte wissen, wer 25 Jahre nach "Last Resort" noch auf ein PAPA ROACH Konzert geht – böse Zungen würden das wohl als morbide Neugier bezeichnen.
Los geht der Abend dann auch direkt mit ein bisschen Stress, denn Einlass ist ab 18:30, angekündigter Beginn um 19:00 – die Ankunft will also gut getimt sein, falls ich nicht zu lange in der Kälte warten will. Das ist natürlich viel zu wenig Zeit, um alle Leute rechtzeitig in die Halle zu bekommen, dementsprechend ist um 19 Uhr die Sporthalle in Hamburg auch erst zu knapp einem Fünftel gefüllt. Anstelle vom angekündigten Opener WAGE WAR erwartet die Zuschauer dann auch erstmal ein DJ Set. Nun kann man natürlich hinterfragen, warum das Ganze. Man könnte den Konzertbeginn auch so erst für 19:50 ankündigen und wie bei allen anderen Konzerten einfach Musik im Hintergrund laufen lassen. Dann bietet man den Leuten zumindest noch die Möglichkeit, sich zu unterhalten und ohne die Angst, was zu verpassen, wenn man nicht rechtzeitig in die Halle kommt.
Der DJ spielt zumindest genau die nostalgischen Songs, für die dieses Publikum heute hier ist. Von DISTURBED und LIMP BIZKIT, über LINKIN PARK hin zu SYSTEM OF A DOWN werden die Hits der 2000er gespielt. Ein Teil des Publikums wird vom DJ so auch für das kommende Konzert aufgewärmt, der Großteil starrt trotzdem aufs Handy oder versucht, sich mit Freunden zu unterhalten. Trotzdem überwiegt der Eindruck, dass das DJ-Set einfach unnötig ist, vor allem weil dadurch ein künstlich verfrühter Konzertstart suggeriert wird und entsprechend für Druck und Stress an der Einlasskontrolle sorgt. Wenn man dem Publikum vor dem Konzert mehr bieten will als Songs aus dem Lautsprecher, dann hätte sich hier wohl eher angeboten, einer lokalen Band die Chance zu geben, sich den Zuschauern zu präsentieren und für Stimmung zu sorgen.
Um 19:45 wird der DJ dann unter Nachdruck von der Bühne geleitet, bevor nur 5 Minuten später WAGE WAR ihr Set beginnt. Die Metalcorer aus Florida versuchen der inzwischen gefüllten Halle gut einzuheizen, wenngleich sie hierfür eher die sanfteren Songs aus dem Repertoire spielen. Ab dem dritten Song, 'Stitch', bildet sich auch ein kleiner Moshpit, welcher beim folgenden 'Circle The Drain' noch ein bisschen anwächst. Erst bei 'Nail5' gibt es die ersten richtig harten Elemente zu hören, bevor bei 'Blur' auch die ersten Crowdsurfer auf Reise gehen. Sänger Briton Bond versucht sein Bestes, die Menge vor ihm zu animieren und zumindest bei 'Magnetic' schwingt dann auch die Hälfte der Halle kurzfristig den Arm mit. Es ist der Stimmung in der Halle dabei allerdings leider nicht zuträglich, dass es zwischen allen Songs knapp 20 Sekunden Pause gibt – so bricht jeder entstehender Flow immer wieder ab.
Um 20:30 ist dann pünktlich nach 40 Minuten Ende. Während WAGE WAR in den Vereinigten Staaten regelmäßig größere Hallen füllt, ist die Kombi in unseren Gefilden noch ein eher unbeschriebenes Blatt. Bei den Headliner-Shows vor den Support-Shows für PAPA ROACH wurden eher kleinere Venues bespielt, einen Bericht hierzu gibt es von meinem Kollegen Noah-Manuel Heim.
Hätte ich die Wahl gehabt, würde ich WAGE WAR auch liebend gerne in einer intimeren Atmosphäre sehen, auf der großen Bühne wirken vor allem die Gitarristen Seth Blake und Cody Quistad, sowie Bassist Chris Gaylord etwas verloren. Musikalisch gibt es jedoch nichts zu meckern, das Quintett liefert ab.
Setliste: The Show's About To Start; Low; Stitch; Circle The Drain; Nail5; Blur; Tombstone; Happy Hunting; Magnetic; Maniac
Nachdem wir mit WAGE WAR den "gute Musik"-Teil aus dem Titel erledigt haben, kommen wir nun zum "Nostalgie"-Teil. Um 21 Uhr kommt PAPA ROACH auf die Bühne und legt mit dem neuesten Song 'Even If It Kills Me' los. In der Halle sitzt zu diesem Zeitpunkt niemand mehr und von Anfang an ist die Stimmung gut. Auch auf der Bühne ist reichlich was los: große LED-Screens, Rauch und Flammen vermitteln ein "Big Show Feeling". Abzüge in der B-Note gibt es leider für die Tonabmischung. Während der Sound bei WAGE WAR noch einwandfrei war, ist bei PAPA ROACH Sänger Jacoby Shaddix ein gutes Stück zu laut im Vergleich zu den Instrumentalisten und übersteuert folglich auch das ein ums andere Mal. Als Animateur kann man Shaddix allerdings nichts vorwerfen und im Publikum ist tatsächlich auch reichlich Textsicherheit vorhanden. Auch Jerry Horton und Tobin Esperance wüten über die Bühne und sorgen für reichlich Stimmung, dabei werden sie noch von einem Tourgitarristen unterstützt.
Allgemein muss man dem Publikum ein großes Lob aussprechen. Über die komplette Show hinweg ist die Stimmung laut und gut, es wird viel mitgesungen und mitgewippt – und da wo die alten Knochen es noch mitmachen, sogar gehüpft. Ein kleines erstes Highlight ist hier '...To Be Loved' wo sich der größte Moshpit des Abends formt, auch wenn dieser nicht lange hält. Fairerweise muss man aber auch einfach festhalten, dass PAPA ROACH nicht zwingend die adäquateste Mosh-Mukke ist. Bei den unbekannteren Songs, wie zum Beispiel 'Liar', merkt man dann wiederum auch sofort, dass schnell die Luft raus ist.
Auf der Bühne bemerkt man spätestens bei 'Forever', dass Shaddix' Stimme nicht mehr die beste ist. Als Intro zum Song wird hier 'In The End' von LINKIN PARK genommen – und dank des DJs am Anfang, ist das Original auch den meisten Konzertbesuchern noch sehr präsent. Schön ist wiederum, dass vor 'Leave A Light On (Talk Away the Dark)' ein Videoeinspieler darauf hinweist, dass man bei psychischen Problemen nicht alleine ist. Diesen Gedanken will ich an dieser Stelle aufgreifen und auf die Telefonseelsorge und ähnliche Angebote hinweisen.
Das nächste große Highlight ist dann 'Scars', bevor es nach 'Help' und 'Born For Greatness' erstmal zu Ende ist. PAPA ROACH lässt sich jedoch nicht lumpen und mit ganzen fünf Songs fällt die Zugabe üppig aus. 'Broken Home' wird dabei mit 'Lose Yourself' von EMINEM eingeleitet bevor Shaddix über vergangene Touren reflektiert. Dies führt dann zu einer merkwürdigen Jamsession auf der Bühne, in der mit KORN, DEFTONES, LIMP BIZKIT und SYSTEM OF A DOWN immerhin die Brücke zum DJ vom Anfang geschlagen wird. Standesgemäß wird das Konzert dann mit 'Last Resort' um 22:35 zu Ende gebracht.
Setliste: Even If It Kills Me; Blood Brothers / Dead Cell; ...To Be Loved; Kill the Noise; Getting Away With Murder; Swerve; Liar; Forever (mit 'In the End' intro); Falling Apart; Leave A Light On (Talk Away the Dark); Roses On My Grave; No Apologies; Scars; Help; Born for Greatness; Zugaben: Between Angels And Insects; Infest; Broken Home (mit 'Lose Yourself'); Blind / My Own Summer (Shove It) / Break Stuff / Chop Suey; Last Resort
PAPA ROACH liefert damit in etwa genau das, was ich erwartet habe. Die Jungs brennen eine große Show ab, versprechen und liefern Nostalgie und gute Stimmung - mehr sollte man aber auch nicht erwarten. Muss man auch nicht. Als negativer Beigeschmack bleibt bei mir hängen, dass sich die Skepsis, die ich mit Blick auf diverse Festivalplakate habe, auf denen PAPA ROACH recht weit oben steht, leider bestätigt hat. PAPA ROACH ist für mich im Jahr 2025 nicht in einer Festival-Headliner Position. Dazu ist das Zielpublikum auch viel zu eng gefasst.
Meine eingängliche Frage habe ich mir übrigens auch beantwortet. Ein Großteil der PAPA ROACH Besucher ist um die 40, begeisterungsfähig und leicht nostalgisch. Und ein paar wenige sind auch bereit, die 120 € für den PAPA ROACH Hoodie am Merch-Stand hinzublättern.
- Redakteur:
- Chris Schantzen