PENDRAGON - Aschaffenburg

24.06.2010 | 23:02

20.05.2010, Colos-Saal

Britischer Prog an einem sommerlichen Donnerstagabend.

Ganz sicher ist der relativ altmodische und typische britische Prog von PENDRAGON weder das nächste große Ding, noch lassen sich damit viele Alben verkaufen, auch wenn die Band immerhin schon für DREAM THEATER eröffnet hat. Aber trotzdem ist das Colos-Saal einigermaßen gefüllt, als ich ankomme. Der Club in Aschaffenburg ist ein Phänomen, nicht nur weil verschiedene Musikstile durcheinandergebucht werden und man es offensichtlich geschafft hat, die Stadt und die Region zu anspruchsvollen Konzerten zu erziehen, so dass es nur selten wirklich leer ist. Nein, ich meine vor allem die Tatsache, dass im Colos-Saal Konzerte pünktlich beginnen. Hier heißt es 20.00 Uhr Beginn, und nur wenige Minuten später geht es wirklich los.

Um mich herum entsteht sofort eine Melange aus Weizenbier und Wohlfühlen. Das Publikum ist gesetzt, genießt die Musik und schaut dem Treiben auf der Bühne andächtig und mitwippend zu. Es ist weder die Musik noch die Crowd, um richtig auszurasten. Aber das ist Nick Barret, der Mastermind der Band, sicher bereits gewohnt. Er gibt sich dennoch ungewöhnlich rockig und scheint dem Klischee, das dem Britprog eigentlich ein Publikum wie bei Jazz zusteht, wo die agilste Bewegung schon ein leichtes Kopfnicken ist, einfach nicht klein beigeben zu wollen. Stattdessen rockt er gewaltig, und auch die Setlist des heutigen Abends legt ein deutliches Augenmerk auf die weniger atmosphärischen Stücke. Die Saiten dürfen mal richtig loslegen.

Der Schwerpunkt liegt auf dem aktuellen Longplayer "Pure", der für mich noch relativ neu ist - ich habe ihn erst beim Konzert erworben -, aber ein Highlight in der Diskographie der Band zu sein scheint. Wie üblich braucht das Album natürlich einige Durchgänge, um zu wachsen, aber eine Empfehlung kann ich jedem Qualitätsprogger aussprechen. Der hat aber von PENDRAGON nichts anderes erwartet. Jedenfalls wird "Pure", soweit ich es beurteilen kann, in voller Länge gespielt. Schon beim ersten Hören sticht dabei der Longtrack 'Comatose' positiv heraus. Es muss wohl Prog sein, wenn ein Publikum über sechzehn Minuten lang einem Song lauscht, den viele noch gar nicht kennen, und danach in frenetischen Jubel ausbricht. So geschehen mit eben diesem Lied am heutigen Abend. Der Rest der Setlist stammt nett gemischt von älteren Alben; immerhin haben PENDRAGON bereits acht in den letzten 26 Jahren veröffentlicht.

Die Musiker haben sichtlich Spaß an ihrer Musik, auch wenn Clive Nolan, den man vor allem von der momentan auf Eis liegenden Band ARENA kennt, hinter seinen Keyboards einen eher zurückhaltenden Eindruck macht. Nun sind die Herren auch nicht mehr ganz jung, und Clive und Nick machen einen recht gemütlichen Eindruck. Laut Nick haben alle auch bereits Kinder, die dann in ihre Fußstapfen treten werden, um PENDRAGON in der nächsten Generation weiterzuführen. Alle? Nein, Clive hat keine Kinder, also muss er noch mit 94 auf der Bühne stehen, wie Nick seinem Bandmitglied prophezeit. Überhaupt lässt die Band ihren britischen Humor heraus, und auch wenn nicht alle Witze ankommen, so lässt sich der Frontmann nicht irritieren.

Nach über zwei Stunden ist das mitreißende Konzert, von dem ich eigentlich eher Ruhe und sinnierendes Zuhören erwartet hatte als die Rockshow, die ich erlebt habe, leider beendet, obwohl die Band nur zwölf Songs gespielt hat. Als ich den Club verlasse, ist es noch hell. Nett, Sommer hat was für sich, und pünktlicher Beginn auch. Von diesem Club könnten sich diesbezüglich einige andere mehrere Scheiben abschneiden.

Setlist:
Indigo
Eraserhead
Paintbox
If I Were The Wind
Comatose
Freak Show
Not Of This World
Nostradamus
Breaking The spell
It's Only Me

Redakteur:
Frank Jaeger

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