PSOA Herbstoffensive II - Weimar
21.10.2021 | 15:5224.09.2021, Uhrenwerk
Das Party.San bläst zur zweiten Herbstoffensive in Weimar. Eine kleine Version des Kultfestivals mit Geballer von NIFELHEIM, SCHIRENC PLAYS PUNGENT STENCH & Co.
Am zweiten Tag ist es deutlich wärmer als am Vortag, die Sonne strahlt und um 16 Uhr suchen die ersten Metalheads ein wenig Schatten vor der Bühne. Auf der eröffnet heute das Nürnberger Abrisskommando GOATH zunächst im Midtempo, ehe die ersten Knüppelsalven durchs Rund schallen. Vor zwei Wochen beim "Wild Boar Wars"-Festival in Frankfurt fiel Sänger und Gitarrist Bastian aka Goathammer noch vor allem durch seine selbstironischen Ansagen auf, von denen heute akustisch aber leider nichts zu verstehen ist. Auch bei den Songs ist der bis zur fehlenden Haarspitze tätowierte Glatzkopf phasenweise kaum zu hören, trotzdem bollern Titel wie 'Dissolving Flesh Redemption' amtlich. Schade, dass die Schwarzmetaller schon zehn Minuten früher aufhören, dafür ist die letzte von Bastians abgedrehten Ansagen dann doch zu verstehen: "Jetzt gibt's Exzesse, schaut euch KRATER an, das sind durchgeknallte Arschlöcher!"
Dann ist es erstmals an diesem Wochenende Zeit für blutverschmiertes Warpaint, massig Nieten, große Knochen-Halsketten und dazu eine gehörige Portion Schwarzmetall. Nach einem längeren Soundcheck entfachen die von GOATH-Bastian angepriesenen KRATER ein ziemliches Inferno. Mit 'Non Serviam' rast die ursprünglich in Sachsen gegründete Truppe zu Strobolicht und ersten Nebelfontänen drauf los. Nur der Sonnenschein mag nicht ganz zu der düsteren Darbietung passen. Das Quintett gehört zu jenen Düstervertretern, dessen Mitglieder sich zum einen nette Kürzel wie "3E.3" oder "Z.K." als Pseudonym geben. Und zum anderen mit teils englischen, teils deutschen Songtiteln wie 'Geist ist Fluch' oder 'Flammen im Vakuum' um die Ecke geschossen kommen. Leider ist auch hier schon zehn Minuten früher Schluss, heute will man bei der Running Order wohl ordentlich auf die Tube drücken.
In den frühen Abendstunden wird es zu SOULBURN langsam voller vor der Bühne. Räudiger Death Metal à la ASPHYX steht auf dem Plan, wobei der Vergleich nicht nur vom gemeinsamen Heimatland Niederlande herrührt. Auch die kehlige Stimme des heute im Piratenoutfit auftretenden Sängers und Bassisten Twan van Geel erinnert zumindest mich ein wenig an jene von Tausendsassa Martin van Drunen. Was ja nichts Negatives ist, ganz im Gegenteil. "Eins, zwei, drei, vier!", zählt der Niederländer an, gefolgt von Songs wie 'Withering Nights' und 'Shrines Of Apathy'. Zwischendurch ruft uns Twan ein obligatorisches "Prost!" zu – das nehmen wir doch wörtlich und machen uns auf in Richtung jenes Standes, an dem man laut Hinweisschild "immer einen Viertklässler Abstand halten" soll. Sehr geil umschrieben. Leider gab es keinen Nachschub beim hauseigenen Party.San-Bier, muss eben Dosen-Rum-Cola herhalten. Prost!
Zum Einbruch der Dunkelheit etwas DISSECTION oder NAGLFAR gefällig? Können die Münchner THULCANDRA ebenso gut. Mit ihrem klirrenden, immer wieder mit Akustik-Parts angereicherten Melodic Black Metal locken die Bayern auch manches Mädel zum ausschweifenden Bangtanz in die ersten Reihen. Der Nebel wird bis unters Dach der düster angestrahlten Bühne geblasen, während die Saitenfraktion immer mal wieder zwei Podeste am Bühnenrand erklimmt. "Seid ihr noch da??", brüllt Sänger Steffen, ehe Songs wie 'Spirit Of The Night' oder 'Funeral Pyre' ins Rund schallen. "Wir sehen uns am Bierstand!" Schon wieder? Lieber mal zum Fressstand, wo tags zuvor die leckerste Currywurst aller Zeiten inklusive Frühlingszwiebeln kredenzt wurde. Heute passen ins Brötchen leider nur wahlweise Thüringer oder Brätel. Letztere sind zumindest in meinem Fall etwas zäh, machen aber zumindest satt. Vielleicht hätte ich doch lieber die Kürbissuppe probieren sollen.
Zur Primetime bleibt die Bühne erstmal dunkelblau angestrahlt, während DESASTER nach einem kurzen, düsteren Intro mit 'Learn To Love The Void' losholzt. Der Rest des Abends wird ganz im Zeichen von Oldschool-Black-Metal und vor allem von reichlich Nieten stehen: Die Koblenzer legen vor, der bullige Sänger Guido alias Satanic wie immer mit fetten Killernieten-Bändern an den Unterarmen, während sich sein Gitarrist die Oberarme verziert hat. Basser Odin, als einziger mit Corpsepaint, toppt das Ganze noch: mit Killernägeln, Patronengurt, Lederriemen auf der Brust und einer dicken Kette als Bassgurt. Dazu kracht 'Satan's Soldiers Syndicate' aus den Boxen, Geballer, Headbang-Mania. Zum Abschluss gibt's noch das SLAYER-Cover 'Black Magic' als obligatorischen Rausschmeißer. Genau die richtige Einstimmung auf den folgenden Headliner.
Zum krönenden Finale hat NIFELHEIM-Sänger Per "Hellbutcher" Gustavsson in Sachen Nieten die Nase dann ganz weit vorn: Nägel-Armbänder, nietenbesetzte Lederstrapse, Nieten-Suspensorium, Nietenhalsband... Seine Bandkollegen stehen ihm in nichts nach, hier wird wirklich alles aufgefahren, was der Achtziger-Kleiderschrank so hergibt. Und angesichts des sichtbaren Alters einiger Bandmitglieder – Stichwort Halbglatze – ist es erstaunlich, was die Schweden für eine Spiellaune an den Tag legen. Unentwegt feuert Hellbutcher die Fans an, die reihenweise mitgehen und die Oldschool-Blackies mit skandierten Sprechchören feiern. Auch die Gitarrenduelle wirken kein bisschen aufgesetzt, sondern werden stets mit einem breiten Grinsen der Beteiligten dargeboten. Ebenso erstaunlich ist der Umstand, wie das Sextett (inklusive einem zusätzlichen Trommler) auf der nun fast klein wirkenden Bühne immer noch ausreichend Platz für seinen Bewegungsdrang findet. Mit der Doppelgranate 'Possessed By Evil' und 'The Final Slaughter' ist dann Schicht im Schacht. Würdiger Abschluss eines grandiosen Wochenendes, für das der gesamten PSOA-Crew um Mieze und Jarne ein ganz großer Dank gebührt. Nächstes Jahr gerne Party.San UND Herbstoffensive!
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- Redakteur:
- Carsten Praeg