Party.San 2011 - Schlotheim
05.09.2011 | 08:1511.08.2011, Flugplatz Obermehler
Dreitägige Vollbedienung auf neuem Gelände. Das Party.San geht in die 16. Runde!
[Thorsten Seyfried]
CLITEATER stellt am frühen Nachmittag die Vollbedienung für alle Grindcore-Lunatics und Liebhaber ganz derben Todesblei-Geschredders dar. Dabei fangen die Niederländer mit einem getragen-klassischen Intro an - die Niveau-Stufe - zumindest nach bürgerlichen Maßstäben - sinkt danach rapide. Das liegt auch an den deutschen Ansagen von Frontderwisch Joost Silvrants, der das Porno- und Saufimage der Band gar nicht oft genug betonen kann. "Es ist gut, zu trinken", sagt er erst. Und kurz darauf kündigt er den 'M.I.L.F. Hunter' an: "Dieser ist in der nächsten Folge von Stutentausch zu sehen." Die Fans erwarten derartiges von ihren Faves und versammeln sich zum ersten großen Moshpit des Tages vor der Bühne. Seifenblasen steigen auf - und auch 'Camel Fuckers' erhalten von CLITEATER noch eine Huldigung, wohingegen 'Your Casket Awaits" extra den amerikanischen Gore-Königen EXHUMED gewidmet wird. Nach so viel lautem Schweinskram sind viele Party.Sanen ein paar Grade wacher.
[Henri Kramer]
[Johannes Lietz]
HEIDEVOLK nimmt mit ihrem epischen Pagan Metal eine gewisse Sonderstellung auf dem Party.San Open Air ein. Deswegen betonen die einzelnen Bandmitglieder auch mehrfach, dass sie schon einige Bedenken gehabt hätten, ob sie von den ganzen Black- und Death-Metal-Fans vor Ort gut aufgenommen werden würden. Allerdings sind alle Zweifel unbegründet, denn bereits mit den ersten Songs 'Nehalennia' und 'Ostara' hat man die Menge voll im Griff. Als dann noch der geforderte Bandhit 'Saksenland' abgefeuert wird, gibt es kein Halten mehr und Sprechchöre im Publikum huldigen dieser Heiden-Hymne. Jedoch bricht auch danach die Begeisterung nicht ab und auch während Liedern wie 'Het Wilde Heer' und 'Beest Bij Nacht' wird gefeiert und mitgesungen. Ein rundum gelungener Auftritt für die Mannen aus Gelderland.
Die Death-Metaller EXHUMED treten später als geplant auf, da sie erst nach Bad Berka gefahren waren und die neue Location Schlotheim wohl noch nicht auf dem Schirm hatten. Die Band nimmt es aber mit Humor und macht ihre Verspätung mit einer gewaltigen Portion Spielfreude wett. Im Grunde spielen die Kalifornier so wie man es sich am Abend vorher von MORBID ANGEL gewünscht hätte. Keine übertriebene Show, keine langwierige In- und Outros und keine ausladenen Ansagen. Die Gitarrenarbeit und der Sound sind ebenfalls sehr gut und klingen sehr stark nach amerikanischem Todesblei der frühen Neunziger. Da fällt es den älteren Herren natürlich leicht, mit Songs wie 'Necromaniac' oder 'Decrepit Crescendo' die Menge für sich zu gewinnen. Hier werden Old-School-Geschredder und brutale Rabiatheit exzellent verbunden und bilden eine starke Einheit, die während der gesamten Spielzeit, keine Langeweile aufkommen lässt.
Einige Besucher warten anschließend ganz besonders gespannt auf den Auftritt der psychedelischen Schwarzmetaller NACHTMYSTIUM. Denn Blake Judd und seine Mitmusiker spielen nicht gerade an jeder Steckdose. Als es dann aber losgeht, beginnt sich das zu bewahrheiten, was man schon beim Soundcheck befürchten musste: Der Sound ist viel zu basslastig. Selbst mit Ohropax ist es kaum möglich Schmerzen in den Ohren zu vermeiden. Dieses Problem wird während der ganzen Show nicht völlig gelöst, auch wenn der Sound merklich ertragbarer wird. Trotzdem kommen Songs wie 'Your True Enemy' oder auch 'Hellish Overdose' nicht so zur Geltung, wie sie es verdient hätten, auch wenn sie in jedem Fall eine Menge Spaß machen. Frontmann Judd hat einfach ein unglaubliches Charisma und eine starke Bühnenpräsenz, die den Auftritt dennoch zu einem Highlight des Festivals machen. Dieses findet mit 'Ghost Of Grace' auch einen würdigen Abschluss.
[Adrian Wagner]
Am frühen Abend entern die Norweger TAAKE die Szenerie und eine beachtliche Zahl von Fans wohnt dem Auftritt bei. Sänger und Bandkopf Hoest hat sich Rockstar-like eine zerlumpte Jeans angezogen und trägt eine Jeansweste, während er über die Bühne läuft und während der Songs teilweise kräftig mitmosht. Der urwüchsige Black Metal mit Rock'n'Roll-Charme der altgedienten Formation animiert auch das Publikum zum eifrigen Mattenschwenken. Hoest ist sichtlich zufrieden mit der Resonanz beim Publikum, nippt ab und an an der sauber aufgereihten Dosenbier-Reihe vor dem Schlagzeug-Podest und der in der Vergangenheit für den einen oder anderen Skandal berüchtigte Rabauke gibt sich heute mal recht brav. Seine Mitmusiker agieren souverän und alles in allem gibt es an der Performance der Norweger nichts auszusetzen. Mit dem zackig heruntergehobelten 'Hordalands Doedskvad I' beenden TAAKE ihren Auftrittt und ernten ordentlichen Applaus von der versammelten Bangerschaft. Man darf gespannt sein, was der Hoest auf seinem kommenden Werk "Noregs Vaapen", das in Kürze auf den Markt kommt, ausgeheckt hat.
[Martin Loga]
[Adrian Wagner]
Als die deutschen Death-Metal-Veteranen MORGOTH sich aufgelöst haben, war ich noch in der Grundschule. Das gilt natürlich nicht nur für dieses Todesbleischwadron, allerdings bin ich im Endeffekt mit dem Gedanken daran aufgewachsen, diese Band niemals live zu sehen. Und endlich ist es doch soweit: Samstagabend, der Platz knistert vor Vorfreude auf guten alten Death Metal und wer sich nicht gerade um die CD-Stände herumdrückt, der wartet auf den Beginn der Headliner der Herzen. Mit einer ordentlichen Menge an Rauch und einem kurzen Intro lässt MORGOTH ohne großes Geschwafel die Fetzen fliegen!
'Bodycount' ist das erste Stück ihrer Wahl und das hat es wie immer in sich. Guter, rollender Death gepaart mit der Bühnenpräsens von fünf altgedienten Herren des Genres. Der Sound ist absolut in Ordnung, die Band spielt wie in alten Tagen und das Publikum feiert zu Recht. MORGOTH hat ganz offensichtlich nichts verlernt! Mit einem Mix aus groovenden Parts und nettem Gewummere schreien und zupfen sich die Jungs in die Herzen und Ohren der Zuhörer, wobei kaum eine Haarmähne nicht in Bewegung gerät. MORGOTH macht alles richtig: Atmosphäre, Bezug zum Publikum, Sound und die Musik selbst. MORGOTH ist definitiv einer meiner persönlichen Festivalhöhepunkte!
[Johannes Lietz]
Die Norweger ENSLAVED haben sich für ein großartiges, aber auch ungewöhnliches Bühnenbild entschieden: Ein scheinbar alter, auf den zweiten Blick aber eher zeitlos alternder Mann, dessen graue Faust am Herz liegt, in riesiger Ausführung - eine Reminiszenz an das neue "Axioma Ethica Odini"-Album und dessen Cover. Das Motiv der Zeitlosigkeit passt bestens auch zum Grad der musikalischen Entwicklung, den die Band nach all den Jahren ihrer Existenz erreicht hat. Da treffen sphärische Keyboards auf progressive Gitarrenspielereien und dann doch wieder auf Metal-Raserei; da wechselt sich die klare Stimme des Keyboarders Herbrand Larsen mit dem kehligen Geschrei von Bassist Grutle Kjellson ab - und live wirkt diese Vielseitigkeit doch wie eine Einheit, samt einem mit nacktem Oberkörper auf den Bühnenmonitoren posenden Arve Isdal.
Die Songs mit Melodien aus 1001 norwegischen Nächten sind an diesem magischen Party.San-Abend unter anderem 'Raidho' vom aktuellen Album und 'The Voices' vom "Monumension"-Output. Viel Nebel hüllt die Musiker ein. Später fragt Grutle die Fans: "Do you want to hear very old stuff?" Und fügt schmunzelnd an: "Von 1992, also als die meisten von euch noch nicht geboren waren." Es folgt das grandiose 'Allfadr Odin' aus ganz frühen Black-Metal-Tagen. Und auch der Übersong 'Isa' kommt im einsetzenden Regen von Schlotheim noch zum Zuge. ENSLAVED - immer wieder ein Genuss.
[Henri Kramer]
So langsam wird das Party.San zu dem Festival, das alten Legenden neues Leben einhaucht. Nach dem Auftritt von AUTOPSY im vergangenen Jahr fiebert die Festivalgemeinde nun die Schweden AT THE GATES entgegen, die einst wie niemand sonst die Göteborger und Stockholmer Schwedentod-Schule zu vereinen wussten. Sänger Tomas Lindberg verspricht vor dem Konzert das bewährte Rezept: Fünf Bierselige Schweden, die ihr Bestes geben. Und so legen die Skandinavier eine gute halbe Stunde nach Mitternacht dann auch mit dem Titelsong ihres letzten Studioalbums "Slaughter Of The Souls" richtig fett los.
Während die Saitenfraktion die Haare fliegen lässt, flitzt Tomas wie ein junger Gott über die Bühne und heizt das Publikum an, welches bei langsam nachlassendem Regen kein Problem damit hat, Zeile für Zeile textsicher mitzugrölen und unermüdlich den Bandnamen zu skandieren. Schnell wird dem Frontman zu heiß in seinem Kapuzenpulli, also schnell des schwarzen Stoffes entledigt und 'Suicide Nation' rausgehauen.
Phasenweise könnte man meinen, da springe der charismatische Mikael Stanne über die Bretter. Und so sehr, wie der Verfasser dieser Zeilen ein emotionsgeladenes DARK TRANQUILLITY-Konzert zu schätzen weiß, so sehr ist dies auch als Kompliment zu verstehen. Nur dass hier obendrein noch Melo-Death-Geschichte pur serviert wird, gepaart mit musikalischer Leidenschaft ohne Ende. Natürlich darf auch der Oberhit 'Blinded By Fear' nicht fehlen, ehe 'Kingdome Gone' dem Ganzen die Krone aufsetzt. Ein mehr als gebührender Festivalschlusspunkt, der entsprechend abgefeiert wird. Ganz großer Tennissport!
[Carsten Praeg]
- Redakteur:
- Carsten Praeg