Power Of Metal - Stuttgart

14.03.2011 | 06:36

25.02.2011, LKA/Longhorn

PSYCHOTIC WALTZ sind zurück - und wie! Aber auch SYMPHONY X wissen, wie man eine After-Show-Party feiert.

Wenn fünf Bands unter dem Banner "Power Of Metal" unterwegs sind, dann muss eine solche Tour ja fast schon zwangsläufig von POWERMETAL.de präsentiert werden. Und wenn sich im Rahmen dieser Tour auch noch PSYCHOTIC WALTZ reformieren, dann darf ich mir das natürlich nicht entgehen lassen. Zumal sich auch das Programm mit SYMPHONY X, NEVERMORE, MERCENARY und THAUROROD wirklich sehen lassen kann.

Die "Power Of Metal"-Rundreise startet in Stuttgart, und so bin ich gleich beim Tour-Auftakt dabei. Das hat natürlich den entscheidenden Vorteil, dass man sich nicht schon im Vorhinein schlau machen kann, sondern sich von den Auftritten der Bands und vor allem von deren Songauswahlen überraschen lassen darf. Aber es hat auch Nachteile - wie ich an diesem Abend feststellen darf. Beispielsweise gibt es am Merchandising-Stand kein einziges T-Shirt von PSYCHOTIC WALTZ. Das ist zwar schade, aber zumindest für mich kein großes Problem - es gibt ja schließlich noch andere Möglichkeiten und Wege. Doch PSYCHOTIC WALTZ sind an diesem Abend nicht die Einzigen, denen in Stuttgart etwas fehlt. Auch NEVERMORE haben ein solches Problem: Ihnen fehlt aber nicht nur der eine oder andere Karton mit Fan-Artikeln, sondern sie vermissen gar ihren Sänger. Warrel Dane soll zwar zumindest schon in Europa sein, aber bis nach Stuttgart schafft er es an diesem Abend nicht.

 

Doch kümmern wir uns nun um die Bands, die tatsächlich spielen - zu allererst THAUROROD aus Finnland. Nun ja, zumindest der überwiegende Teil der Band ist aus dem hohen Norden, denn seit Kurzem hat man mit Michele Luppi (unter anderem VISION DIVINE) einen neuen Sänger und der kommt aus Italien. Los geht es wie auch auf dem Album "Upon Haunted Battlefields" mit 'Warrior's Heart', direkt gefolgt von 'Tales Of The End'. Anfangs gehen die Musiker zwar schon noch recht nervös zu Werke, aber mit der Zeit werden sie sicherer und insbesondere Michele Luppi sucht dann auch immer mehr den Kontakt zum Publikum. Dieses nimmt den Melodic-Speed-Metal von THAUROROD überwiegend recht gut auf, auch wenn er in meinen Ohren doch wenig originell zu sein scheint. Nun ja, die Band gibt sich jedenfalls sehr viel Mühe und insgesamt macht sie ihre Sache auch recht ordentlich. Da "Upon Haunted Battlefields" das bislang einzige Album von THAUROROD ist, gibt es auch in der Folge noch weitere Songs davon zu hören, wie etwa 'Morning Lake', 'Guide For The Blind' und 'Scion Of Stars'. Damit ist die Spielzeit auch schon fast ausgeschöpft - wenn insgesamt fünf Bands auf dem Billing stehen, dann gibt es für die erste Band eben nur 30 Minuten. Und so beenden THAUROROD ihren Auftritt schließlich mit 'Shadows And Rain'. Wie gesagt: Kein wirklich schlechter Auftritt, aber die Band hat sicherlich noch Luft nach oben.

Als zweite Band sind dann MERCENARY an der Reihe, die inzwischen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt sind. Sechs Alben haben die Dänen mittlerweile veröffentlicht, und das neueste Werk "Metamorphosis" kommt gerade heute in die Läden. Ein besseres Timing für eine (Promotion-)Tour kann man sich kaum vorstellen. Mein persönlicher Erstkontakt mit MERCENARY war 2004 mit "11 Dreams", und gerade mit dem Intro 'Into The Sea Of Dark Desires' sowie dem Opener 'World Hate Center' von diesem Album legen sie los. Musikalisch bewegen sich MERCENARY in einer ganz anderen Welt als ihre Vorgänger THAUROROD, wobei sie aber auch sehr viel schwieriger einzuordnen sind: Mal ist man geneigt, sie eher im Power Metal zu verorten, dann aber wieder im Melodic Death Metal. Die Wahrheit liegt wohl wie so oft irgendwo dazwischen. Wie auch immer - nach dem gelungenen Einstieg gibt es mit 'The Endless Fall' ein Stück von der 2008er-Scheibe "Architect Of Lies" und auch das wird vom Publikum sehr gut aufgenommen. Überhaupt hat sich die Halle inzwischen ganz gut gefüllt und dementsprechend wird es vor der Bühne nun etwas enger. Der Stimmung im Publikum ist das natürlich nur zuträglich, aber auch MERCENARY tragen ihren Teil dazu bei. Wie bereits erwähnt, haben die Dänen ein niegelnagelneues Album im Gepäck und somit ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie ihren Schwerpunkt bei der Songauswahl auf "Metamorphosis gelegt haben. So gibt es in der Folge 'Through The Eyes Of The Devil', 'In A River Of Madness', 'In Bloodred Shades' und 'The Follower' zu hören. Mit diesen Songs ist das Publikum verständlicherweise noch nicht vertraut, aber sie kommen trotzdem sehr gut an. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich einige Leute nach dem Auftritt das neue Album gekauft haben. Allmählich neigt sich aber auch MERCENARYs Spielzeit dem Ende zu, und so gibt es zum Abschluss mit 'Firesoul' noch eine letzte, wieder etwas ältere Nummer. René Pedersen & Co. werden nochmal lautstark abgefeiert, und so geht ein sehr guter Auftritt zu Ende.

Nun wird es spannend, denn PSYCHOTIC WALTZ sind an der Reihe. Bei Reunionen ist ja meist ein gesundes Maß an Skepsis angebracht. Die Messlatte liegt von PSYCHOTIC WALTZ sehr hoch. Doch schon mit dem ersten Song 'Ashes' vom 1993er-Album "Into The Everflow" werden sämtliche Zweifel zerstreut. Jedenfalls ist das Publikum von Beginn an begeistert - was nicht zuletzt an der enormen Bühnenpräsenz von Devon Graves ("the artist formerly known as Buddy Lackey") liegt. Aber auch seine Mitstreiter können an diesem Abend überzeugen, wobei insbesondere die Leistung von Gitarrist Brian McAlpin gar nicht hoch genug geschätzt werden kann. Er sitzt nämlich seit vielen Jahren im Rollstuhl, aber seinem großartigen Gitarrenspiel tut das erfreulicherweise keinen Abbruch. In jedem Fall präsentieren sich PSYCHOTIC WALTZ in überzeugender Form, und man will gar nicht glauben, dass die Band fast 14 Jahre lang "weg" war.

Devon Graves behauptet zwar immer wieder, dass er heute gesanglich nicht ganz auf der Höhe wäre, aber wie bemerkte Kollege Frank so treffend: "Wenn er heute schlecht gesungen hat - wie klingt er dann erst, wenn er gut singt?" Die erste Überraschung in der Setlist gibt es dann gleich beim zweiten Song, denn 'Spiral Tower' vom 1988er-Demo hat es seinerzeit ja nur auf die CD-Version des Debütalbums "A Social Grace" geschafft. Weiter geht es mit einem Querschnitt durch die Bandhistorie, denn es wurden alle vier Alben bei der Songauswahl gleichermaßen berücksichtigt. Von "Into The Everflow" gibt es außer dem bereits erwähnten 'Ashes' noch den Titelsong zu hören, "Mosquito" ist mit 'Haze One' und 'Cold' vertreten und von "Bleeding" spielen sie wenigstens 'Morbid'. Fehlen also nur noch ein paar mehr Songs vom Debütalbum "A Social Grace" - immerhin ziert das Cover den Bühnenvorhang. Aber es dauert bis zum vorletzten Song, bis tatsächlich wieder ein Stück von dieser Scheibe gespielt wird, nämlich 'Halo Of Thorns'. Und weil es so schön war, wird dann gleich noch mit 'Nothing' eine weitere Nummer nachgeschoben, mit der PSYCHOTIC WALTZ auch ihr reguläres Set beenden - viel zu früh, wie ich finde. Doch nachdem NEVERMORE an diesem Abend nicht spielen, gibt es noch einen kleinen Nachschlag, nämlich das großartige 'I Of The Storm'. Dem Publikum hat der Auftritt sehr gut gefallen, denn es wird lautstark nach einer weiteren Zugabe verlangt. Doch diese gibt es leider nicht - auch wenn ich persönlich noch einige Songs vermisst habe. Vor allem das Fehlen von 'I Remember' ist fast schon ein Skandal. Trotzdem bleibt unterm Strich aber natürlich ein toller Auftritt - schön, dass PSYCHOTIC WALTZ wieder da sind.

So, eigentlich könnte ich nun nach Hause gehen, denn in erster Linie bin ich ja wegen PSYCHOTIC WALTZ gekommen, und die habe ich bereits gesehen. Aber auch SYMPHONY X sind live immer wieder sehenswert, und so nehme ich die US-Amerikaner gerne noch als Bonus mit. SYMPHONY X legen mit 'Of Sins And Shadows' von ihrem 1997er-Album "The Divine Wings of Tragedy" los und machen von Beginn an deutlich, dass sie nicht zu Unrecht als Headliner auftreten. Musikalisch dominiert bei SYMPHONY X der Gitarren-Virtuose Michael Romeo, doch ansonsten steht eher Sänger Russell Allen im Mittelpunkt. Das liegt zum einen natürlich an seiner Größe von knapp zwei Metern, zum anderen aber auch an seiner Ausstrahlung. Und dass er darüber hinaus auch sehr gut singen kann, wissen wir nicht erst seit gestern. Auch die übrige Band präsentiert sich in sehr guter Verfassung, und somit haben SYMPHONY X das Publikum auch gleich von Anfang an im Griff.

Es geht weiter mit drei Songs vom immer noch aktuellen 2007er-Album "Paradise Lost", nämlich 'Domination' und 'The Serpent's Kiss' sowie dem Titelsong. Aber auch die älteren Scheiben "The Odyssey" (mit 'Inferno') und "Twilight in Olympus" (mit 'Smoke And Mirrors') werden berücksichtigt. Es fällt bei der Songauswahl allerdings auf, dass sich SYMPHONY X auf die kompakteren und vergleichsweise geradlinigen Nummern konzentriert haben, um auch dem Motto der Tour vollauf gerecht zu werden. Das Publikum hat jedenfalls viel Spaß und feiert Russell Allen & Co. begeistert ab.

Früher oder später soll es von SYMPHONY X ein neues Album geben, das wohl 'Iconoclast' heißen soll. Wann es genau veröffentlicht werden soll, ist meines Wissens noch nicht ganz klar, aber zumindest zwei Songs bekommen wir heute schon zu hören: Sowohl 'End Of Innocence' als auch 'Dehumanized' wissen zu gefallen und so darf man sich auf die neue Scheibe schon jetzt freuen. Mit 'Set The World On Fire' gibt es zum Abschluss noch eine weitere "Paradise Lost"-Nummer, ehe die Band die Bühne (vorerst) verlässt. Sie kommt noch einmal zurück, um noch eine Zugabe zum Besten zu geben, nämlich 'Sea Of Lies' von "The Divine Wings of Tragedy". Noch der eine oder andere Song wäre sicherlich schön gewesen, aber alles in allem bleibt auch hier ein überzeugender Auftritt.

Redakteur:
Martin Schaich

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