Primordial - Wien

21.04.2006 | 10:26

06.04.2006, Movimento

PRIMORDIAL sind eine dieser Bands, die einen immer wieder aufs Neue verzaubern können, und mit einem derart hochkarätigen Support-Tross wie MOONSORROW und MOURNING BELOVETH konnte das Package eigentlich nur punkten. Schade, dass die Location in Wien in der Zwischenzeit dreimal gewechselt wurde, und auch wenn den Veranstaltern Respekt gezollt werden muss, dass das Konzert am Ende überhaupt stattfand, so war es doch etwas traurig für die Bands, die durch die Verwirrung einige Fans verloren. Mancher wartete nämlich vergeblich vor den anderen Locations und verpasste dieses einmalige Musikerlebnis.

Das Movimento, ein kleiner Club am Rande von Wien, ist aber auch nicht gerade leicht zu erreichen. Irgendwo in einem Hinterhof finde ich letztendlich doch den Weg zur irisch-finnischen Musiknacht. Eine Bühne? Fehlanzeige, ebenso wie Lichtshow oder sonstiger technischer Schnickschnack, der zum optischen Aufmotzen der Show dienen könnte. Aber eigentlich ist so viel Aufwand auch gar nicht nötig, denn in diesem persönlichen Umfeld und mit minimalsten Mitteln erzeugen die Bands so viel Stimmung, wie es manche andere nicht mal mit großem Bühnengewand geschafft hätten!

Nachdem eine Band aus Ungarn den Anfang macht und vor gerade mal zehn Nasen spielt, während ich mich am Cider-Angebot labe, ist es Zeit für MOURNING BELOVETH. Die Iren, die abgesehen von ihrer düsteren Musik absolut keine Kinder von Traurigkeit sind, beeindrucken vom ersten Takt an und albern zwischen den Songs immer wieder rum. Vor allem Gitarrist Frank, ein Ire wie aus dem Klischee-Bilderbuch (rote Haare, laut und betrunken) überzeugt mit seinen wunderschönen cleanen Vocals. Die doomigen Sounds erfüllen den kleinen Raum mit einer besonderen Stimmung und schnell wird man als Fan dieser Musik in den Bann von MOURNING BELOVETH gezogen. Die Band präsentiert vor allem Songs von ihrem neuesten Album "A Muderous Circus" und bringt eine kleine aber feine Fanschar zum ausgiebigen Headbangen.

Nach dieser Vorstellung von emotionalen Klängen wird schnell klar, dass die meisten Anwesenden wegen den Finnen hier sind. MOONSORROW sind heute die heimlichen Headliner und bringen das Movimento zum Kochen. Etwas beengt ist es da auf der "Bühne", die eigentlich keine ist, und MOONSORROW können sich kaum bewegen. Doch das Publikum schüttelt begeistert die Mähnen und verzeiht auch den grottenschlechten Sound am Anfang. Die atmosphärischen Parts funktionieren gut und grad bei Songs wie 'Pimea', 'Kivenkantaja' oder 'Kylän Päässä' kommt ordentlich Stimmung auf. Vor allem der Wechsel zwischen den cleanen Vocals und dem räudigen Gekreische beeindruckt und dank Keyboard werden auch die symphonischen Elemente schön integriert. Doch MOONSORROW sind mit ihren vielschichtigen Soundsphären, vor allem auf ihren letzten Alben, immer noch beeindruckender auf CD. Klar, MOONSORROW machen Spaß und die Stimmung ist bestens, doch sobald der Sound wieder in einen einheitlichen Matsch kippt, wirkt die Musik nicht mehr so, wie sie sollte und es geht wegen der schlechten Akustik einiges verloren. Etwas mehr Routine und ein klarer Sound und vielleicht auch mal ein paar dieser wundervollen finnischen Naturgeräusche vom Band würden MOONSORROW bestimmt gut tun. Doch auch so punkten die Finnen mit ihrer gekonnten Mischung aus epischen, fast doomigen Klängen, Vikinger-Ästhetik im feinsten BATHORY-Stil und Humppa-Melodien zum Mittanzen.

Bei PRIMORDIAL scheiden sich die Geister. Während es vor der Bühne eindeutig voller und enthusiastischer wird, lichten sich hinten rum die Reihen immer mehr und viele Leute verlassen die Location vorzeitig. Vielleicht liegt's auch an der Abgeschiedenheit des Movimentos und am Termin unter der Woche, doch selbst wenn am Ende nur noch um die 50 Die-Hard-Fans anwesend sind, so ist die Stimmung bis zum letzten Song von Begeisterung geprägt. Bevor es losgeht beweist MOURNING BELOVETH-Frank allerdings nochmal Sinn für Humor, stellt sich vors Mikro und prahlt damit, der neue Sänger von PRIMORDIAL zu sein, nur um gleich wieder im Publikum zu verschwinden und sich einen Teil der Show anzusehen.

Alan Nemtheanga kommt mit grimmiger Schminke und seinen irren Blicken sofort beim Publikum an und seine emotionsgeladene Mimik passt einfach zu jedem einzelnen Song. Mal springt er ins Publikum und singt mit den Fans, mal kauert er sich nieder und zelebriert den Weltschmerz und mal fuchtelt er wie ein wild gewordener Krieger rum und zeigt dabei die fiesesten Grimmassen...wow! Mit einer erlesenen Setliste, die von neuen Songs wie 'The Golden Spiral' bis hin zu Klassikern wie 'Autumn's Ablaze' oder dem unverzichtbaren 'Gods To The Godless', welches wahre Begeisterungsstürme erntet, ist hier alles vertreten. Alan beschränkt sich aber nicht nur auf sein unbändiges Charisma, sondern animiert die Fans immer wieder mit einem lauten "Are you with us?" zum Mitmachen. Nachdem die Iren mit dem großartigen 'Coffin Ships' die Fans verzaubert haben, präsentieren sie uns eine besondere Überraschung und spielen ihr Akustikstück 'Dark Song', ein vertontes irisches Gedicht. Alan ist zwar noch nicht ganz textsicher, immerhin spielen sie den Song erst zum zweiten Mal nach der Premiere in Budapest und so muss er sich ab und zu auf das Textblatt, das er sich am Boden zurechtgelegt hat, verlassen. Der Song funktioniert und dass Drums, Bass und die zweite Gitarre erst nach und nach einsetzen gibt dem Ganzen eine zusätzliche Dimension und breitet einfach eine Gänshautatmosphäre über die Anwesenden aus.

Danach graben PRIMORDIAL noch das wilde 'Sons Of The Morrigan' aus und mobilisieren die letzten Kraftreserven der Fans, die sich am Ende in dieser ganz eigenen PRIMORDIAL-Trance befinden und noch nicht glauben können, dass es zu Ende ist. Mit minutenlangen "Zugabe"-Chören überreden sie die Band noch zu einem Song, der so nicht geplant oder auf der Setliste zu sehen war. Das alte 'To Enter Pagan' bringt noch einmal die ganze Wildheit und Ursprünglichkeit der PRIMORDIAL-Soundlanschaft zum Vorschein. Und Alans Worte bewahrheiten sich einmal mehr: "Manche Bands machen eben noch Musik, die etwas bedeutet"!

Setlist:
The Golden Spiral
The Gathering Wilderness
Let The Sun Set On Life Forever
Autumn's Ablaze
The Song Of The Tomb
Gods To The Godless
The Coffin Ships
Dark Song
Sons Of The Morrigan
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To Enter Pagan

Redakteur:
Caroline Traitler

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