Psychopunch - Frankfurt

14.03.2006 | 12:29

09.03.2006, Nachtleben

Frankfurt im März: Angesichts der Tatsache, dass es keine 24 Stunden vorher geschneit hat, präsentiert sich die Mainmetropole zwar windig, aber frühlingshaft. Den meisten Anwesenden vor dem Nachtleben ist das egal, trauen sie doch dem ganzen wettertechnischen Frieden nicht so sehr und geben sich dementsprechend zugeknöpft. Apropos Frieden: Der herrscht gegen 20.15 Uhr noch im Konzertbereich des Clubs. Fast verloren kommt man sich unter den ganzen Anwesenden vor. Immerhin stehen heute abend PSYCHOPUNCH auf dem Programm, die mit ihrem rotzigen Punk'n'Roll die Bretter die (für die meisten) die Welt bedeuten, zum Beben bringen wollen. Aber zum Glück füllt sich die Location nach und nach, wobei das "Ausverkauft"-Schild so weit weg ist wie der kommende Sommer, was aber letzten Endes doch dazu reicht, knapp 60 Nasen in den Club zu locken. Für einen Donnerstagabend keine schlechte Leistung.

RULERS OF THE PLANET

Die sind dann auch endlich froh, als es gegen 21.10 mit der Vorgruppe RULERS OF THE PLANET losgeht. Das irische Quintett ist zu Beginn von den eher verhaltenen Reaktionen der Frankfurter angepisst, was der Sänger in seinen Ansagen auch immer wieder gerne betont. Als musikalische Vorbilder stehen bei den Jungs eher Truppen wie THE HIVES ganz oben auf der Liste, nur dass sie noch einen Zacken dreckiger zu Werke gehen und vor allem Punkeinflüsse in ihren Sound integrieren. Während der eine Gitarrist - mit Sonnenbrille und Hemd bekleidet - auch glatt bei den POGUES spielen könnte, legt der sehr schlaksige Sänger eine psychopathische Leck-mich-am-Arsch-Einstellung an den Tag. Musikalisch sind sie nicht schlecht, ohne Frage, aber am besten gefallen mir immer noch die Ansagen. Neben dem Alkoholkonsum ("You Germans order always two beer") kommen auch selbstironische Seitenhiebe nicht zu kurz ("They call me the golden voice from Ireland"). Und wo wir schon beim Sänger sind: Bei mindestens jedem dritten Song zieht er sein T-Shirt hoch und spielt lustig an seinen Nippeln herum! Ob das die anwesende Damenwelt betören soll sei mal dahingestellt, zumindest macht er sich meiner Meinung nach eher zum Affen, denn eine Augenweide ist er nicht gerade. Sein Stageacting auf der anderen Seite erinnert mich sehr stark an Benjamin Kowalewicz von BILLY TALENT. Wie jener zappelt er rum wie von der Tarantel gestochen und legt eine wirklich authentische Performance auf die Bretter. Der großgewachsene (und bei der Damenwelt bestimmt beliebtere) Bassist lässt die coole Rocksau raus, während die beiden Gitarristen geradezu ausflippen. Allen voran der Kollege mit der Sonnenbrille durchläuft einen Anfall nach dem anderen, was wohl nicht nur mich zum Schmunzeln veranlasst.
Musikalisch nicht schlecht, aber der Entertainment-Faktor wiegt um einiges höher. Genauso sehen's auch die restlichen Besucher. Die meisten stehen grinsend und fußwippend in gutem Sicherheitsabstand zur Bühne, um dann brav der Truppe den obligatorischen Höflichkeitsapplaus zu spendieren. Nach gut 35 Minuten ist dann Schluss und die kleine, aber feine Menge fiebert dem Hauptact des heutigen Abends entgegen.

Setlist:
Hey
Jesus Freak
On A Wheel
Hold On
Traveller
Phone No
Bandnalone
Voodoo
Get Drunk
Celebraty Me
Dimension X

PSYCHOPUNCH

Die "VILLAGE PEOPLE des Punk'n'Roll" lassen sich nicht lumpen und besteigen keine 25 Minuten später gegen 22.10 Uhr die Bühne. JM steigt mit einem knackigen "Hello" in die Vollen ein, und im selben Augenblick legt die Band mit 'Poison Alley Groove' vom aktuellen "Kamikaze Love Reducer"-Album los. Zwar ist zu Beginn der Gesang zu leise abgemischt, was zumindest mich ein bisschen verwundert, da es bei der Vorgruppe in der Beziehung nichts auszusetzen gab, aber das ändert sich zum Glück im Laufe des Gigs. Die Band ist bestens eingespielt. Während Bassist Mumbles mit seiner Lederweste und seinem Cowboyhut das eine oder andere Frauenherz höher schlagen lässt, liefert Drummer Peppe mit "oben ohne" den nötigen Drive. Am coolsten ist aber Leadgitarrist Joey, der wie Fast Eddie Clarke (Ex-MOTÖRHEAD) mit einem Halstuch und Hut ausgestattet ist, und ihm auch optisch sehr nahe kommt. Mit seinen trockenen Ansagen zwischendurch und seinen Gitarrensoli ist er der ungekrönte Star des Abends. Dabei gibt's auch wichtige Weisheiten inklusive ("If you have a small one, you've got to be fast"!). Ansonsten hatte ich kaum die Gelegenheit mir Notizen zu machen, was definitiv für die Band spricht. Ohne allzu großen Firlefanz haut das sympathische Quartett einen Song nach dem anderen aus den Boxen. Dabei geht das buntgemischte Publikum (vom Teenie bis hin zu "älteren Semester") sehr gut mit, und es gibt wirklich niemanden den dieser Sound kalt lässt. Apropos kalt: Stephan Weidner von den BÖHSEN ONKELZ, die ja zur Zeit auf Eis gelegt sind, findet sich auch unter den Zuschauern. Mit einem ordentlichen Respektabstand genießt auch er, wie die meisten anderen, den Gig. Am besten kommen dabei die eher bekannten Stücke wie 'Overrated' oder 'Someone Like You' an.

Nach 'Back In The Days' verabschieden sich die Jungs, kommen aber keine zwei Minuten später zurück, um noch einmal drei Songs rauszuhauen. Nach 'Straightjacket Hell' ist dann aber endgültig Schluss und nach knapp 80 Minuten der Spaß vorbei.

Setlist:
Poison Alley Groove
Fingerlickin' Good
I Want Out
On The Stereo
Dying In Your Dream
Like A Fake Heart Love Reaction
Nothing Ever Dies
Someone Like You
Everlasting
Pleasure Kill
Overrated
Black River Song
Hard To Belong
Back In The Days
---
When This World Is Dying
All Over Now
Straightjacket Hell

Alles in allem ein sehr gelungener Abend für wenig Geld. Schade eigentlich, dass nicht mehr Leute anwesend waren, aber für einen Donnerstagabend konnte man wahrhaft nicht meckern. So als Konzertlocation hab ich persönlich das Nachtleben ins Herz geschlossen, weil man in den anderen Clubs den Bands nicht annähernd so nah kommt wie dort. Auf jeden Fall haben RULERS OF THE PLANET und PSYCHOPUNCH eine amtliche Show geliefert und ihre Visitenkarte da gelassen. Wer weiß, vielleicht finden sich ja das nächste Mal mehr Besucher. Zu gönnen wäre es dem sympathischen Quartett!

Vielen Dank noch an Eddy von laut.de für die Fotos!

Redakteur:
Tolga Karabagli

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