Queens Of The Stone Age - Wiesbaden
06.09.2005 | 12:0531.08.2005, Schlachthof
Die Vorzeichen für das Konzert stehen mehr als ungünstig: Der Gig am Vortag in Stuttgart ist gecancelt worden. Der Grund: Josh Homme erlitt am Vortag auf der Bühne einen Schwächeanfall, weshalb ihm geraten wurde einen Tag Pause einzulegen. Deshalb erstmal die Homepage vom Schlachthof abgecheckt, und da steht nix davon drin, dass das Konzert in Wiesbaden abgesagt wird. Eher im Gegenteil: Die Halle ist restlos ausverkauft! Zu den ungünstigen Vorzeichen kommt noch das schwül-warme Wetter, das eher zum Biergarten als zu einem feucht-fröhlichen Hallengig einlädt. Egal, Zähne zusammengebissen, genügend Getränke und ein Ersatzshirt mitgenommen, und los geht's - denn wie oft lassen sich die QOTSA tourtechnisch in Deutschland blicken? Also!
Da es mein erster Besuch im Schlachthof ist, will ich euch den Laden erstmal näher bringen. Einen Katzensprung vom Wiesbadener Hauptbahnhof entfernt gelegen, lädt eine Wiese zum verweilen oder Grillen ein. Des Weiteren sind ausreichend Parkmöglichkeiten vorhanden, was bei den meisten Locations nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Direkt um die Ecke vom Schlachthof ist ein Bistro vorhanden, wo es recht gute und günstige Pizzen gibt und auch die Getränkepreise sich in moderaten Verhältnissen halten. Natürlich gibt es draußen Sitzmöglichkeiten und bevor wir ins Halleninnere gehen, unterhält eine japanische Percussiontruppe die Gäste am und um das Bistro.
Der Schlachthof selbst gleicht einer riesigen Lagerhalle mit hohen Decken. Am Hallenende befindet sich die Bühne und direkt nach dem Eingang auf der linken Seite der Merchstand. Der kann mit gesalzenen Preisen glänzen: Bandshirt 25 Euro, Kappu 40 Euro und so weiter. Keine fünf Meter vom Merchstand ist ebenfalls auf der linken Seite die Bar angesiedelt. Die Getränkepreise sind mehr als fair (0,5er Spezi für 1,50, Wasser für 0,50, Afri Cola für 1 und 0,5er Beck's für 2,80). Dass der Getränkestand an dem Abend den Umsatz seines Lebens gemacht hat liegt nicht nur an den günstigen Preisen, aber dazu später mehr. Stürzen wir uns gleich in die größte Sauna Wiesbadens:
SIN CITY CIRCUS LADIES
Punkt 20 Uhr betreten drei Fünftel der Truppe, nämlich Drummer, Gitarrist und Kontrabassist, die Bühne. Die Truppe legt in bester Rockabilly-Manier los, als eine Sängerin in einem sehr kurzen Minirock und ein als Frau verkleideter Sänger die Bühne betreten. Das Mädel ist blond und lässt nicht nur das Herz der männlichen Besucher höher schlagen, und die Transe hat schwarze Haare und hat ein Kleid an. Hört sich ganz nett an, passt aber nicht irgendwie zur Hauptband des Abends. Die Songs werden nacheinander runtergezockt ohne das Publikum mit einzubeziehen. Erst nach zwanzig Minuten folgt die erste Pause, aber die Mischtruppe hat es nicht so recht mit Ansagen. Trotzdem wird die Band unter den Umständen gut abgefeiert. Die Halle gleicht jetzt schon einem Dampfbad und nach einer halben Stunde ist der Spuk zum Glück vorbei. Erstmal raus und Frischluft tanken!
MUFF POTTER
Das sympathische Quartett aus Münster betritt nach zwanzig Minuten Umbaupause die Bühne. Los geht's mit dem Drumeinsatz, bevor die restlichen Bandmitglieder auf die Bühne kommen um ihre Mischung aus Punk und PLACEBO runter zu zocken. Dabei ist die Bühne recht gemütlich eingerichtet, und die Jungs haben sich erlaubt, zwei Nachttischlampen auf die Box zu stellen. Im Vergleich zur Vorband eine Steigerung um mindestens 100 Prozent, aber trotzdem können sie den QOTSA nicht das Wasser abgraben, wie wir später erfahren werden. Nach 'Punkt 9' erklärt der Sänger, dass sie erst am Donnerstag von ihrem Glück erfahren haben die Jungs supporten zu können. Spricht für die Ehrlichkeit und Sympathie der Truppe. Von den Songs her erinnern sie mich an eine fröhliche Variante von HELMET. Das Publikum ist von den Songs schon angetan, doch es ist einfach zu heiß, weshalb die Meisten ihre Reserven für den Headliner schonen. Trotzdem werden die Jungs gut abgefeiert und ernten mehr als den obligatorischen Höflichkeitsapplaus. Auch hier ist leider nach dreißig Minuten Schicht im Schacht, was bei den Temperaturen aber ausnahmsweise nicht ungelegen kommt.
QUEENS OF THE STONE AGE
Was dann passiert ist nicht in Worte zu fassen! Nicht nur stimmungstechnisch, sondern auch was die Temperaturen angeht, ist der Schlachthof kurz vorm Siedepunkt. Die Menge vor der Bühne geht ab als ob es kein morgen gibt. Bei annähernd 50 Grad fordert es schon seinen Tribut, denn nach und nach wird's um mich herum (ich stehe ungefähr 10 Meter von der Bühne entfernt) immer geräumiger. Auch wenn man nur sinnlos rumsteht: Man schwitzt sich die Seele aus dem Leib. Das Backdrop ist sehr gut gewählt, und erinnert an das "October Rust"-Cover von TYPE O NEGATIVE. Darauf zu sehen ist eine Baumlandschaft, wobei die Baumkronen fehlen. Diese werden einen kompletten Song lang in violett oder grün gehalten. Apropos Lichteffekte: Selten hat die Symbiose zwischen Songs und Lichteffekten so gut gepasst wie bei QOTSA. Dabei wird durch ganz einfache Mittel, z.B. indem der vordere Bühnenrand dunkel und der hintere leicht angestrahlt wird, Effekte erzeugt, wie ich sie bei so minimalen Mitteln selten gesehen hab. Doch die besten Lichteffekte bringen nichts wenn der "Showman" schwächelt, und Josh Homme ist in der Form seinens Lebens. Als ob es nie ein ausgefallenes Konzert gegeben hätte, thront er auf der Bühne und verbreitet einen Charme, wie man ihn normalerweise von George Clooney in seinen Filmen gewohnt ist. Seine Sidekicks stehen ihm in nichts nach und liefern ein solides Soundfundament auf dem Josh aufbauen kann. Die Menge frisst ihm aus der Hand und gibt alles. Da hat es sich gelohnt bei MUFF POTTER einen Gang zurück zu schalten.
Nach dem dritten Song 'The Lost Eye Of Keeping A Secret' entschuldigt sich Josh für das ausgefallene Konzert in Stuttgart, aber die Stuttgarter die angereist sind, haben ihm spätestens jetzt verziehen. Dabei spielt er mit dem Publikum als ob er nichts anderes als die Bühne kennt. Nachdem er z.B., wie MUFF POTTER vorher auch, Wasserflaschen in die Menge wirft und eine/r diese nicht fängt, lautet sein lakonischer Kommentar: "I tried so hard!" Bei 'Gonna Make It' gönnt sich Josh eine Auszeit und zockt nur das Gitarrensolo, das richtig locker-flockig rüberkommt. Nach einer Stunde hat der O(h)rgasmus seinen Höhepunkt erreicht, und die Band verlässt die Bühne. Das lässt das Publikum nicht auf sich sitzen und brüllt die Halle mit Zugabe-Rufen nieder. Die Jungs lassen sich nicht lange bitten und zocken 'No One Knows', was natürlich für einen Riesenjubel sorgt. Doch QOTSA wären nicht die Band die sie sind, wenn sie ihre Songs einfach nur runterschrubben. In der Mitte des Songs wird das Tempo rausgenommen, was nicht nur bei mir erstmal für Verwirrung sorgt. Doch diese weicht einem Grinsen, denn nachdem der Song abgeklungen ist, legt Josh eine spontane Jamsession ein und spielt sich mit seinem Gitarristen gegenseitig die Bälle zu. So nach dem Motto: "Wisst ihr was, ihr könnt mich mal! Ich hab jetzt keinen Bock diesen Song ganz normal zu Ende zu spielen. Ich leg jetzt einfach mal 'ne Jamsession ein und schau mer mal was passiert!" 1:0 für Josh Homme! Natürlich wird der Song zu Ende gespielt, aber danach verdünnisiert sich die Band wieder von der Bühne. Doch die Menge hat, trotz drohendem Hitzekollaps und total durchschwitzten Shirts, immer noch nicht genug, weshalb sich die Band für eine zweite Zugabe breitschlagen lässt. Nach dem definitiv letzten Stück 'Open Up Your Eyes' ist endgültig Schluss.
Was soll ich schreiben: Das Shirt total durchschwitzt, Durst wie ein Kamel, aber glücklich hoch zehn. Ich will ja nicht vorgreifen, aber vom Entertainmentfaktor und der Stimmung her, eines der Highlights dieses Jahr. Das hab ich auch schon bei TANKARD geschrieben, aber QOTSA in einem Atemzug mit den Ebbelwoi-Thrashern zu nennen, ist wie eine deftige Currywurst mit gutem Sushi zu vergleichen. Wie hat's der eine Kollech gesagt: "Von diesem Konzert können wir noch lange zehren." Wenn ihr mir nicht glauben wollt, dann schaut euch das Gästebuch der Schlachthofseite (http://www.schlachthof-wiesbaden.de) an, und ihr könnt nur annähernd erahnen was ihr verpasst habt. Diese Band ist eindeutig für kleine bis mittelgroße Clubs prädestiniert. Ich freu mich schon wie Bolle auf die nächste Tour!
- Redakteur:
- Tolga Karabagli