RAGE, DARKER HALF und SURRENDER THE CROWN - Augsburg
31.05.2024 | 09:3116.05.2024, Spectrum
"Peavy" und seine Kapelle feiert einen runden Geburtstag, da müssen wir doch nochmal jubiläumsheadbangen!
Ich darf den Abschluss machen bei unserem kleinen RAGE-Konzert-Tripplet. Da sieht man, wie hoch die Band in unserer Redaktion im Kurs steht. Das ist allgemein ungewöhnlich, noch mehr, da es sich um eine deutsche Band handelt, die sich hierzulande auch nicht sonderlich rar macht.
Allerdings ist heute etwas anders als zuvor: Das Spectrum ist nämlich nicht voll. Als ich eintreffe, beinahe pünktlich kurz nach Acht, spielt die Vorband SURRENDER THE CROWN bereits vor nur etwa einhundert Rockfreunden. Es sind auch zahlreiche Tische aufgestellt, das ist im Spectrum in Augsburg immer ein Indiz dafür, dass der Vorverkauf nicht besonders gut gelaufen ist und man leider nicht mit einem vollen Haus rechnet. Das ficht die Saarländer jedoch nicht an, auch wenn man demütig bekennt, dass ja alle wegen RAGE da seien. Zwei unerwartete Protestrufe lockern die Atmosphäre auf, aber dann geht es los.
SURRENDER THE CROWN rockt ziemlich amtlich, auch wenn natürlich der Platz vor der Bühne wie üblich frei bleibt. Heute genießen Viele den Auftritt sowieso sitzend, aber auch das macht den Fünf absolut gar nichts aus, sie zeigen wirklich, dass sie Spaß haben, und wer nicht mitmacht, hat eben Pech. Die Musik ist nämlich auch heute wieder absolut stark, kraftvoller Hardrock mit einem tollen Sänger, der auch als Frontmann live eine gute Figur macht, die Band ist eigentlich ein universeller Opener für jedes Konzert. Dieser Stil, gekonnt dargeboten, kann wirklich keinen Fuß still bleiben lassen. Da der Sound, der im Spectrum eigentlich üblicherweise recht gut ist, auch heute die Feinheiten der Stücke durchaus erkennen lässt, auch wenn man wie ich Neuling in Sachen SURRENDER THE CROWN ist, kann ich nur nachdrücklich den Daumen hochrecken für einen gelungenen Auftakt des Abends von einer Band, die ich mal genauer unter die Lupe nehmen muss.
Seltsamerweise gibt er hier auf der Seite keine Reviews der letzten Alben, wie ich später feststelle. Ich befürchte, wir wurden nicht bemustert und wenn wir dann nicht zufällig auf eine Band stoßen, kann es passieren, dass auch tolle Acts unter unserem Radar fliegen. Ich muss die Jungs wohl mal kontaktieren.
Die zweiten Anheizer kenne ich bereits. DARKER HALF habe ich vor JADED HEART an gleicher Stelle vor nicht einmal einem Jahr bereits gesehen. Bei den Burschen wird es deutlich metallischer, ohne dass die Melodie auf der Strecke bleibt. Wie schon 2023 lohnt es sich, der Band auch zuzusehen, denn auf der Bühne ist immer etwas los. Blickfang ist natürlich zuerst einmal Sänger Vo Simpson, der wieder in seiner diesmal roten, aber ebenfalls auffälligen Jacke wie ein Freibeuter des Metals eine Performance bietet, bei der er mehr mit den Händen fuchtelt als Bob Catley, screamt wie eine Mischung aus Kiske und Halford und dabei das Publikum angrinst. Es ist schwierig, dabei nicht mitzugrinsen.
Aber das ist noch nicht alles. Gitarrist Danny Ritz hat wieder Hummeln im Hintern, rennt, springt und post dauernd herum und macht Faxen. Während er im Laufe des Gigs etwas ruhiger wird, läuft Bassist Jimmy Wynen erst zur Hochform auf. Da segelt der Bass, da fliegen die Haare, auf der anderen Seite wird gekickt, gedreht und in Pose geworfen, dass man beinahe von der Musik abgelenkt ist. Aber nur beinahe, denn der melodische Heavy Metal der Vier ist einfach zu gut, um ihn nicht zu feiern. Dass die Band auch Hooks hat, bemerke ich dadurch, dass ich die eine oder andere Passage durchaus mitpfeiffen kann. Wenn ich etwas zu meckern habe, dann dass die Lieder ein wenig zu lang geraten sind. Manchmal wäre es besser gewesen, eine Wiederholung des Refrains weniger zu singen. Aber das ist nur die B-Note, ansonsten ist der Spaß der Jungs ansteckend und die Songs live klasse.
Zu seinem 40-jährigen Jubiläum holt man das Beste hervor, auch wenn heute Abend nur geschätzte 150 Gäste im Spectrum zum Mitfeiern gekommen sind. Es ist also klar, dass heute ein bunter Strauß an Klassikern den Weg in die Gehörgänge finden wird. Das bedeutet bei RAGE allerdings, dass viele andere Klassiker auf der Strecke bleiben werden, denn es gibt nach vierzig Jahren einfach zu viele davon nach mittlerweile, ja, wieviele eingentlich? 25 Studioalben? Egal, jedenfalls viele.
Aber man hat ja auch noch eine neue Scheibe veröffentlicht. "Afterlifelines" hat sich in unserer Redaktion als Grower entpuppt, der eine Weile benötigt, um richtig zu zünden, aber dann ist weitgehend Konsens, dass es ein feines RAGE-Album ist. Das bedeutet, dass die Band den Spagat wagen muss, auch etwas Neues zu spielen, ohne den Jubiläumsfeier-Charakter zu vernachlässigen. Also starten wir erstmal mit 'Cold Desire' vom aktuellen Album, aber danach geht es gleich ans Eingemachte mit 'Straight To Hell'.
Natürlich ist jetzt Stimmung in der Bude. Da "Peavy" logischerweise ans Mikro gebunden ist, gehört der Rest der Bühne Gitarrist "warst du damals schon auf der Welt?" Jean Bormann, denn der zweite Gitarrist Stefan Weber ist weiterhin nicht mit von der Partie. Jean weiß den Freiraum zu nutzen, kehrt aber regelmäßig für den Begleitgesang auf seine Bühnenseite zurück. Ja, optisch ist weniger geboten als bei DARKER HALF, aber den Zirkus kann man auch kaum kopieren. Bei RAGE machen die Songs eben die Musik - sorry für den Kalauer - und die ist allen Anwesenden bestens vertraut. Noch zweimal wird "Afterlifelines" bedacht und natürlich flacht die Stimmung etwas ab, weil die Stücke den Fans noch nicht so geläufig sind, aber der Rest besteht aus den erwartbaren und erhofften Krachern, angefangen von 'End Of All Days' über das für mich etwas überraschende, aber freudig aufgenommene 'Days Of December' bis hin zu 'Prayers Of Steel'.
RAGE ist einfach eine Bank. Dass man nicht Headliner auf verschiedenen Festivals ist und eben auch heute der Laden nicht voll ist, gehört zu den Ungerechtigkeiten des Musikgeschäfts.
Ich hoffe, dass wir noch weitere vierzig Jahre zusammen rocken können, denn ich war beinahe von Anfang an dabei: 1985, in dem kleinen Ort Vechelde bei Braunschweig, in einem offenen Bauwagen als Bühne, AVENGER stand noch nicht einmal auf dem Ticket. Aber gerockt haben wir vor 39 Jahren bereits zu den Klängen von Peavy und Co!
Daher: Wir sehen uns eh regelmäßig, aber auch wieder zum 50. Jubiläum und zum 60. Bestehen und zum...
Kollege Björn Backes hat kürzlich auch ein interessantes Interview mit Peter "Peavy" Wagner geführt.
- Redakteur:
- Frank Jaeger